BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Joseph von Eichendorff

1788 - 1857

 

Gedichte in zeitlicher Folge

 

1828

 

______________________________________________________________________________

 

 

 

Vesper.

 

Die Abendglocken klangen

Schon durch das stille Thal,

Da saßen wir zusammen

Da droben wohl hundertmal.

 

Und unten war's so stille

Im Lande weit und breit,

Nur über uns die Linde

Rauscht' durch die Einsamkeit.

 

Was gehn die Glocken heute

Als ob ich weinen müßt'?

Die Glocken, die bedeuten,

Daß meine Lieb' gestorben ist!

 

Ich wollt, ich läg' begraben,

Und über mir rauschte weit

Die Linde jeden Abend

Von der alten, schönen Zeit!

 

Erstdruck 1828