BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Joseph von Eichendorff

1788 - 1857

 

Gedichte in zeitlicher Folge

 

1820

 

______________________________________________________________________________

 

 

 

[An der Grenze.]

 

Die treuen Berg' steh'n auf der Wacht:

„Wer streicht bei stiller Morgenzeit

Da aus der Fremde durch die Haid'?“ –

Ich aber mir die Berg' betracht'

Und lach' in mich vor großer Lust,

Und rufe recht aus frischer Brust

Parol und Feldgeschrei sogleich:

Vivat Oestreich!

 

Da kennt mich erst die ganze Rund,

Nun grüßen Bach und Vöglein zart

Und Wälder rings nach Landesart,

Die Donau blitzt aus tiefem Grund,

Der Stephansthurm auch ganz von fern

Guckt übern Berg und säh' mich gern,

Und ist er's nicht, so kommt er doch gleich,

Vivat Oestreich!

 

Entstanden 1820/21, Erstdruck 1823, hier Fassung von 1826

__________

 

 

[Wanderlied der Prager Studenten.]

 

Nach Süden nun sich lenken

Die Vöglein allzumal,

Viel Wandrer lustig schwenken

Die Hüt' im Morgenstrahl.

Das sind die Herrn Studenten,

Zum Thor hinaus es geht,

Auf ihren Instrumenten

Sie blasen zum Valet:

Ade in die Läng' und Breite

O Prag, wir ziehn in die Weite.

Et habeat bonam pacem,

Qui sedet post fornacem!

 

Nachts wir durch's Städtlein schweifen,

Die Fenster schimmern weit,

Am Fenster dreh'n und schleifen

Viel schön geputzte Leut.

Wir blasen vor den Thüren

Und haben Durst genung,

Das kommt vom Musiziren,

Herr Wirth, einen frischen Trunk!

Und siehe über ein Kleines

Mit einer Kanne Weines

Venit ex sua domo

Beatus ille homo!

 

Nun weht schon durch die Wälder

Der kalte Boreas,

Wir streichen durch die Felder,

Von Schnee und Regen naß,

Der Mantel fliegt im Winde,

Zerrissen sind die Schuh,

Da blasen wir geschwinde

Und singen noch dazu:

Beatus ille homo

Qui sedet in sua domo

Et sedet post fornacem

Et habet bonam pacem!

 

Entstanden 1820/21, Erstdruck 1823, hier Fassung von 1826