Joseph von Eichendorff
1788 - 1857
Gedichte in zeitlicher Folge
1818
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Liebe in der Fremde.
I.
Jeder nennet froh die Seine,Ich nur stehe hier alleine,Denn was früge wohl die Eine:Wen der Fremdling eben meine?Und so muß ich, wie im Strome dort die Welle,Ungehört verrauschen an des Frühlings Schwelle.“
II.
Wie kühl schweift sich's bei nächt'ger Stunde,Die Zitter treulich in der Hand!Vom Hügel grüß ich in die RundeDen Himmel und das stille Land. [154]Wie ist da alles so verwandelt,Wo ich so fröhlich war, im Thal.Im Wald wie still! der Mond nur wandeltNun durch den hohen Buchensaal.Der Winzer Jauchzen ist verklungenUnd all der bunte Lebenslauf,Die Ströme nur, im Thal geschlungen,Sie blicken manchmal silbern auf.Und Nachtigallen wie aus TräumenErwachen oft mit süßem Schall,Erinnernd rührt sich in den Bäumen,Ein heimlich Flüstern überall. –Die Freude kann nicht gleich verklingen,Und von des Tages Glanz und LustIst so auch mir ein heimlich SingenGeblieben in der tiefsten Brust.Und fröhlich greif ich in die Saiten,O Mädchen jenseits über'm Fluß,Du lauschest wohl und hörst's von weitenUnd kennst den Sänger an dem Gruß!
III.
Ueber die beglänzten GipfelFernher kommt es wie ein Grüßen,Flüsternd neigen sich die Wipfel,Als ob sie sich wollten küssen.Ist er doch so schön und milde!Stimmen gehen durch die Nacht,Singen heimlich von dem Bilde –Ach, ich bin so froh verwacht!Plaudert nicht so laut, ihr Quellen!Wissen darf es nicht der Morgen!In der Mondnacht linde Wellen,Senk' ich stille Glück und Sorgen.“ –
IV.
Jetzt wandr' ich erst gern!Am Fenster nun lauschenDie Mädchen, es rauschenDie Brunnen von fern.Aus schimmernden BüschenIhr Plaudern, so lieb,Erkenn' ich dazwischen,Ich höre mein Lieb'!Kind hüt' dich! bei NachtPflegt Amor zu wandern,Ruft leise die Andern,Da schreiten erwachtDie Götter zur HalleIns Freie hinaus,Es bringt sie dir AlleDer Dichter ins Haus.
Erstdruck 1818 (1.-3. Strophe), 1834 (4. Strophe). 1837 (das ganze Gedicht) |