BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Adolf von Düring

1880

 

Die Canterbury-Erzählungen

 

Fragment III

 

______________________________________________________________________________

 

 

 

Prolog des Bettelmönches.

Vers 1 - 856

 

Der würd'ge Bettelmönch und Klostermann

Sah stets verbissen noch den Büttel an,

Obschon so vielen Anstand er bewies,

860

Daß er bislang zu schimpfen unterließ;

Jedoch zu guterletzt das Wort er nahm

Und sprach zum Weibe: „Schütz' Euch Gott! Madam!

Ihr rührtet hier – auf Ehr' und Seligkeit! –

An Schulmaterien voller Schwierigkeit!

Zwar spracht Ihr schön – das will ich nicht bestreiten –

Indeß, Madam, um Scherz zu treiben, reiten

Wir miteinander hier auf unserm Wege;

In Gottes Namen! laßt die Schriftbelege

Den Priesterschulen und dem Predigtamt.

870

Doch seid Ihr einverstanden allesammt,

Erzähl' ich einen Schwank von einem Büttel!

Pardi! ersehen könnt Ihr aus dem Titel,

Daß es gewiß nichts Gutes ist, und drum

Nehm' es mir keiner von Euch – bitt' ich – krumm.

Ein Büttel nämlich trägt von Haus zu Haus

Die Strafmandate an die Hurer aus

Und kriegt an jeder Straßenecke Prügel!“

„Ei!“ – rief der Wirth – „halt doch in Zaum und Zügel

Dein Maulwerk und bedenke, wer Du bist!

880

Wir wollen in Gesellschaft keinen Zwist!

Fahr' fort! jedoch vom Büttel schweige still!“

„Nein!“ – sprach der Büttel – „laßt ihn, was er will,

Von mir erzählen! Jeden Deut – das glaubt! –

Zahl' ich ihm heim, wird mir das Wort erlaubt.

Dann sprech' ich von dem ehrenwerthen Stande

Der schmeichlerischen Bettelbrüderbande

Und ihrem lasterhaften Thun und Treiben,

Was vor der Hand noch unerwähnt mag bleiben;

Denn sein Geschäft kommt später noch zur Sprache.“

890

„Still!“ – rief der Wirth – „Nichts mehr von dieser Sache!“

Und wandte sich zum Bruder mit dem Wort:

„Mein lieber Meister, fahrt im Texte fort.“

Der würd'ge Bettelmönch und Klostermann

Sah stets verbissen noch den Büttel an,

Obschon so vielen Anstand er bewies,

Daß er bislang zu schimpfen unterließ;

Jedoch zu guterletzt das Wort er nahm

Und sprach zum Weibe: „Schütz' Euch Gott! Madam!

900

Ihr rührtet hier – auf Ehr' und Seligkeit! –

An Schulmaterien voller Schwierigkeit!

Zwar spracht Ihr schön – das will ich nicht bestreiten –

Indeß, Madam, um Scherz zu treiben, reiten

Wir miteinander hier auf unserm Wege;

In Gottes Namen! laßt die Schriftbelege

Den Priesterschulen und dem Predigtamt.

Doch seid Ihr einverstanden allesammt,

Erzähl' ich einen Schwank von einem Büttel!

Pardi! ersehen könnt Ihr aus dem Titel,

910

Daß es gewiß nichts Gutes ist, und drum

Nehm' es mir keiner von Euch – bitt' ich – krumm.

Ein Büttel nämlich trägt von Haus zu Haus

Die Strafmandate an die Hurer aus

Und kriegt an jeder Straßenecke Prügel!“

„Ei!“ – rief der Wirth – „halt doch in Zaum und Zügel

Dein Maulwerk und bedenke, wer Du bist!

Wir wollen in Gesellschaft keinen Zwist!

Fahr' fort! jedoch vom Büttel schweige still!“

„Nein!“ – sprach der Büttel – „laßt ihn, was er will,

920

Von mir erzählen! Jeden Deut – das glaubt! –

Zahl' ich ihm heim, wird mir das Wort erlaubt.

Dann sprech' ich von dem ehrenwerthen Stande

Der schmeichlerischen Bettelbrüderbande

Und ihrem lasterhaften Thun und Treiben,

Was vor der Hand noch unerwähnt mag bleiben;

Denn sein Geschäft kommt später noch zur Sprache.“

„Still!“ – rief der Wirth – „Nichts mehr von dieser Sache!“

Und wandte sich zum Bruder mit dem Wort:

„Mein lieber Meister, fahrt im Texte fort.“

930

Der würd'ge Bettelmönch und Klostermann

Sah stets verbissen noch den Büttel an,

Obschon so vielen Anstand er bewies,

Daß er bislang zu schimpfen unterließ;

Jedoch zu guterletzt das Wort er nahm

Und sprach zum Weibe: „Schütz' Euch Gott! Madam!

Ihr rührtet hier – auf Ehr' und Seligkeit! –

An Schulmaterien voller Schwierigkeit!

Zwar spracht Ihr schön – das will ich nicht bestreiten –

940

Indeß, Madam, um Scherz zu treiben, reiten

Wir miteinander hier auf unserm Wege;

In Gottes Namen! laßt die Schriftbelege

Den Priesterschulen und dem Predigtamt.

Doch seid Ihr einverstanden allesammt,

Erzähl' ich einen Schwank von einem Büttel!

Pardi! ersehen könnt Ihr aus dem Titel,

Daß es gewiß nichts Gutes ist, und drum

Nehm' es mir keiner von Euch – bitt' ich – krumm.

Ein Büttel nämlich trägt von Haus zu Haus

950

Die Strafmandate an die Hurer aus

Und kriegt an jeder Straßenecke Prügel!“

„Ei!“ – rief der Wirth – „halt doch in Zaum und Zügel

Dein Maulwerk und bedenke, wer Du bist!

Wir wollen in Gesellschaft keinen Zwist!

Fahr' fort! jedoch vom Büttel schweige still!“

„Nein!“ – sprach der Büttel – „laßt ihn, was er will,

Von mir erzählen! Jeden Deut – das glaubt! –

Zahl' ich ihm heim, wird mir das Wort erlaubt.

Dann sprech' ich von dem ehrenwerthen Stande

960

Der schmeichlerischen Bettelbrüderbande

Und ihrem lasterhaften Thun und Treiben,

Was vor der Hand noch unerwähnt mag bleiben;

Denn sein Geschäft kommt später noch zur Sprache.“

„Still!“ – rief der Wirth – „Nichts mehr von dieser Sache!“

Und wandte sich zum Bruder mit dem Wort:

„Mein lieber Meister, fahrt im Texte fort.“

Der würd'ge Bettelmönch und Klostermann

Sah stets verbissen noch den Büttel an,

970

Obschon so vielen Anstand er bewies,

Daß er bislang zu schimpfen unterließ;

Jedoch zu guterletzt das Wort er nahm

Und sprach zum Weibe: „Schütz' Euch Gott! Madam!

Ihr rührtet hier – auf Ehr' und Seligkeit! –

An Schulmaterien voller Schwierigkeit!

Zwar spracht Ihr schön – das will ich nicht bestreiten –

Indeß, Madam, um Scherz zu treiben, reiten

Wir miteinander hier auf unserm Wege;

In Gottes Namen! laßt die Schriftbelege

980

Den Priesterschulen und dem Predigtamt.

Doch seid Ihr einverstanden allesammt,

Erzähl' ich einen Schwank von einem Büttel!

Pardi! ersehen könnt Ihr aus dem Titel,

Daß es gewiß nichts Gutes ist, und drum

Nehm' es mir keiner von Euch – bitt' ich – krumm.

Ein Büttel nämlich trägt von Haus zu Haus

Die Strafmandate an die Hurer aus

Und kriegt an jeder Straßenecke Prügel!“

„Ei!“ – rief der Wirth – „halt doch in Zaum und Zügel

990

Dein Maulwerk und bedenke, wer Du bist!

Wir wollen in Gesellschaft keinen Zwist!

Fahr' fort! jedoch vom Büttel schweige still!“

„Nein!“ – sprach der Büttel – „laßt ihn, was er will,

Von mir erzählen! Jeden Deut – das glaubt! –

Zahl' ich ihm heim, wird mir das Wort erlaubt.

Dann sprech' ich von dem ehrenwerthen Stande

Der schmeichlerischen Bettelbrüderbande

Und ihrem lasterhaften Thun und Treiben,

Was vor der Hand noch unerwähnt mag bleiben;

1000

Denn sein Geschäft kommt später noch zur Sprache.“

„Still!“ – rief der Wirth – „Nichts mehr von dieser Sache!“

Und wandte sich zum Bruder mit dem Wort:

„Mein lieber Meister, fahrt im Texte fort.“