BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Adolf von Düring

1880

 

Die Canterbury-Erzählungen

 

Fragment III

 

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Prolog des Weibes von Bath.

Vers 1 - 856

 

Erfahrung ist's, obschon Autorität

Der Welt nicht fehlt, die mir zur Seite steht,

Wenn ich des Eh'stands Leiden offenbare.

Denn, wahrlich, Herr'n! seit meinem zwölften Jahre

– Gedankt sei Gott in Ewigkeit dafür –

Hatt' ich fünf Männer an der Kirchenthür

– Ist es erlaubt, daß man so oft sich paart –

Und alle würd'ge Männer ihrer Art.

Jedoch, man sagte mir vor kurzer Frist,

10

Zu Kana sei in Galiläa Christ

Auf einer Hochzeit und nicht mehr gewesen;

Und aus dem Beispiel sei klar zu erlesen:

Ich dürfe mich auch einmal nur vermählen.

Dagegen hört das scharfe Wort erzählen,

Mit dem am Brunnen Jesus, Gott und Mann,

Fuhr in Samaria einst ein Weibsbild an:

„Fünf Männer“ – sprach er – „hattest Du gefreit;

Jedoch der Mann, mit dem Du lebst zur Zeit,

Ist nicht Dein Gatte“ – sprach der Herr, fürwahr.

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Doch, was er meinte, scheint mir nicht ganz klar.

Warum – so frag' ich – war denn nicht ihr Gatte

Der fünfte, den die Samarit'rin hatte;

Und wieviel mal war ihr erlaubt die Ehe?

So alt ich bin, ist doch – soviel ich sehe –

Die Anzahl nie bestimmt und festgestellt,

Mag grübeln auch und deuteln alle Welt.

Ich weiß jedoch – die Wahrheit bleib' in Ehren! –

Gott hieß uns fruchtbar sein und uns zu mehren.

Den schönen Text vermag ich wohl zu fassen.

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Um meinetwillen – weiß ich – soll verlassen

Den Vater und die Mutter mein Gemahl,

Doch niemals hört' ich je von einer Zahl,

Von Bigamie, Octogamie ihn sprechen.

Wie macht der Mensch denn dieses zum Verbrechen?

Seht nur den weisen König Salamo!

Wohl ward er mehr als eines Weibes froh;

Daß ich nur halb so oft, wie er, mich letze,

Gewähre Gott und ändre die Gesetze!

Doch solche Gotteskraft hat Keiner mehr,

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Die Weiber zu bedienen, so wie er,

Gott weiß, der edle König trieb – ich denke –

In seiner ersten Nacht manch lust'ge Schwänke

Mit einer Jeden! – Herrlich war sein Leben!

Gedankt sei Gott, mir hat er fünf gegeben;

Willkommen ist der sechste; sei's, wann's sei!

Denn geht's mit meinem jetzigen vorbei,

Ist mir ein andrer Christenmensch genehm,

Denn mir scheint Keuschheit äußerst unbequem!

Frei darf ich wählen – der Apostel sagt –

50

Die Gotteshälfte, wenn es mir behagt;

Denn Ehestand sei Sünde nicht zu nennen,

Und besser sei, zu freien, als zu brennen.

Was scheert es mich? das Volk mag sprechen, wie

Es immer will von Lamechs Bigamie.

Gewiß war Abraham ein heil'ger Mann

Und Jakob auch, soviel ich sehen kann;

Doch sie und alle Heil'gen nach der Reihe

Hatten der Weiber sicher mehr als zweie;

Und wie und wann hat jemals vorgeschrieben

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Gott in der Höhe, daß wir ledig blieben?

Ausdrücklich nicht! – Sagt mir es unverhohlen,

Wo hat er jemals Jungfernschaft befohlen?

Sagt der Apostel nicht vielmehr am Orte,

Wo er von Jungfern spricht, bestimmt die Worte:

Er habe nichts darüber vorzuschreiben?

Man mag uns rathen, jungfräulich zu bleiben;

Doch Rathen ist noch immer kein Befehlen,

Und nach dem eignen Urtheil darf man wählen.

Denn, wäre Jungfernschaft uns insgesammt

70

Von Gott befohlen, so wär' auch verdammt

Der Ehestand, und ohne Saat könnt's eben

Auf dieser Welt auch keine Jungfern geben.

Paul durfte kaum gebieten solches Ding,

Zu dem vom Herrn ihm kein Befehl erging.

In Schranken renne nach der Jungfernschaft,

Wer immer will! – Doch, wer den Preis errafft,

Das laßt uns sehn! denn nicht für alle Welt

Ist dies gesagt. Gott wählt, wer ihm gefällt.

Zwar der Apostel jungfräulich verblieb,

80

Und doch bei Allem, was er sprach und schrieb,

Verlangt er nicht, daß Jeder es so mache;

Nur einen Rathschlag giebt er in der Sache,

Und aus Vergunst erlaubt er uns zu frein.

Drum, stirbt mein Mann, kann es kein Vorwurf sein,

Mich wiederum von Neuem zu begatten,

Die Bigamie darf man sich dreist gestatten.

Gut für den Mann sei's, er berühr' kein Weib,

– Er meint: im Stroh und Bette mit ihr bleib' –

Denn Flachs zu nah' dem Feuer ist gefährlich;

90

Dies Gleichniß ist – so denk' ich – Euch erklärlich.

Alles in Allem, meint er, daß in Keuschheit

Ihr besser fahrt, als wenn ihr schwach im Fleisch seid.

Doch mich dünkt schwach im Fleische Mann und Weib,

Die keusch bewahren lebenslang den Leib;

Und ich gestehe, nicht beneid' ich sie,

Geht ihnen Keuschheit über Bigamie.

Daß rein der Leib sei und die Seele reiner,

Ist zwar ein schöner Standpunkt, doch nicht meiner.

In einem Haushalt, wie Ihr Herren seht,

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Ist nicht von Golde jegliches Geräth;

Auch die von Holz sind nützlich; denn Gott schuf

Die Menschen zu verschiedenem Beruf;

Weßhalb die Leute sehr verschiedne Gaben,

Der dies, der das, nach seinem Willen haben.

Nichts ist vollkommner als Jungfräulichkeit,

Enthaltsamkeit und Gottergebenheit.

Doch Christus, der Vollkommenheiten Quelle,

Sagt nicht: es solle jeglicher Geselle

Sein Land verkaufen und den Armen geben,

110

Ihm folgen und nach seiner Lehre leben.

Er sprach zu denen, die gern heilig wären;

Jedoch, Ihr Herr'n, das ist nicht mein Begehren!

Mein ganzes Dasein ist auf Lebenszeit

Dem Ehestand in Act und Frucht geweiht.

Aus welchem Grunde – frag' ich immer wieder –

Sind denn erschaffen unsre Zeugungsglieder?

Warum in jeder Weise so vollkommen?

Für Nichts ist doch die Mühe nicht genommen!

Und grübeltet ihr immer aus, sie wären

120

Gemacht, um vom Urin uns zu entleeren

Und andern Sachen, sowie ferner dann

Zum Unterschiede zwischen Weib und Mann

Und keinen andren Zweck – die Offenbarung

Laßt nur zu Haus; denn anders lehrt Erfahrung!

Doch, daß ich mit Gelehrten Zank vermeide,

So sag' ich dies: sie sind gemacht für beide;

Das heißt: Zur Nothdurft wie zur Zeugung auch

Macht man davon, wenn's Gott gefällt, Gebrauch.

Wie könnte man zu schreiben sich erdreisten,

130

Was seinem Weib er schulde, solle leisten

Der Mann, wenn ihm zu zahlen nicht vergönnt

Ist der Gebrauch von seinem Instrument?

Zum Zeugen hat sie jede Creatur,

Das ist gewiß, und nicht zum P[inkeln] nur.

Doch sag' ich darum nicht: die Pflicht erheisch' es,

Daß dies erwähnte Rüstzeug seines Fleisches

Zu Zeugungszwecken brauche Jedermann,

Und setze jede Keuschheit hinten an.

Christ war ein Mann, doch eine Maid an Sinn,

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Und manche Heil'ge lebten seit Beginn

Der Welt in gänzlicher Enthaltsamkeit.

Doch läßt mich ihre Keuschheit ohne Neid,

Laßt sie sich nähren stets mit Weizenbrod,

Und gebt uns Weibern das von Gerstenschrot.

Und doch mit Gerstenbrot, wie Mark uns weißt,

Hat unser Herr einst Massen Volks gespeist.

Wie mir durch Gott gefallen ist mein Loos,

So will ich bleiben. Ich bin anspruchslos;

Und frei will ich als Weib mein Instrument

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Gebrauchen, wie mein Schöpfer es mir gönnt.

– Sprech' ich zu kühn, mag Gott für Reue sorgen –

„Mein Mann soll's haben Abends und am Morgen,

Gefällt es ihm, zu leisten, was er schuldig.

Doch eines Manns bedarf ich, der geduldig

Als Schuldner und als Sclave mir gehorcht;

Und für den Dorn im Fleische wird gesorgt

Von mir gewiß, solang' ich bin sein Weib!

Denn lebenslänglich hab' ich seinen Leib

In meiner Macht, doch er nicht umgekehrt;

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Denn so hat der Apostel es gelehrt.

Er hieß den Mann uns schuld'ge Freundschaft leisten,

Und die Sentenz gefiel mir stets am meisten!“

Auf fuhr der Ablaßkrämer und hub an:

„Nun, liebe Frau, bei Gott und St. Johann!

Ihr predigt wacker über diese Sachen.

Auch ich gedachte Hochzeit bald zu machen.

Doch soll im Fleisch ich's büßen also theuer,

Lass' ich indeß das Freien lieber heuer!“

„Sei still!“ – sprach sie – „ich habe kaum begonnen.

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Ei! Du sollst trinken aus ganz andern Tonnen,

Eh' ich zu Ende! – Schlechter wird als Bier

Dir's sicher munden, wird erzählt von mir

Erst von des Ehestandes Noth und Leid,

Worin erfahren ich seit langer Zeit.

– Das heißt: ich selbst war's, die die Peitsche schwang. –

Nun? hast Du Lust noch oder nicht, den Trank

Vom Faß zu schlürfen, das ich angespundet?

Doch, eh' Du nahst, bedenke, wie es mundet!

Ich führe mehr als ein Exempel an,

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Daß Andern oft zur Warnung dient der Mann,

Der sich von Andern selbst nicht warnen läßt.

Die Worte findest Du im Almagest

Von Ptolemäus; lies es selber nach!“

„Verehrte Frau!“ – der Ablaßkrämer sprach –

„Gefall' es Euch, nur weiter fortzufahren

In dem Bericht und Niemanden zu sparen,

Und lehrt uns junge Männer Eure Ränke!“

„Recht gern!“ – sprach sie – „wenn's Euch gefällt? – Doch schenke

Mir Nachsicht die verehrte Compagnie,

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Und red' ich hier nach meiner Phantasie,

Nehmt, was ich sage – bitte – nicht zu Herzen!

Mein Zweck ist nur, zu spaßen und zu scherzen.

Nun, Herr'n, jetzt geht es weiter! Sollten mir

Auch niemals munden fürder Wein und Bier,

Von meinen Männern sprech' ich, wie es recht.

Drei waren gut und zweie waren schlecht;

Und reich und alt die dreie, welche gut.

Doch sie erfüllten schlecht nur das Statut

In Hinsicht dessen, was sie mir zu leisten.

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– Nun, was ich meine, rathen wohl die meisten. –

Gott steh' mir bei! noch lach' ich, denk' ich jetzt,

Wie ich sie Nachts zur Arbeit angehetzt!

Doch, meiner Treu'! viel wurde nicht prästirt.

Sie hatten mir ihr Gut und Land cedirt,

Drum, daß um ihre Liebe diensterbötig

Ich länger würbe, war für mich nicht nöthig.

Bei Gott! sie liebten treulich mich! Indessen

Viel Leckereien gab es nicht zu essen.

Ein kluges Weib muß ihr Geschäft verstehn,

210

Und Liebe wecken, will's nicht anders gehn.

Doch, da ich schon vollständig in der Hand

Sie selber hatte und ihr Gut und Land,

Was lag mir da an ihrer Gunst noch viel,

Wenn mir's Profit nicht brachte, nicht gefiel?

Doch schwitzen ließ ich sie in mancher langen

Und lieben Nacht, bis alle Weh' sie sangen,

Und für sie fett gemacht ward nicht der Schinken

Wie zu Dunmow in Essex, will mich dünken!

Ich wußte sie nach meinem Sinn zu lenken,

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Von jeder Kirmeß kehrten mit Geschenken

Sie fröhlich heim und brachten sie mir dar,

Und waren selig, wenn ich freundlich war,

Denn das weiß Gott, ich schimpfte sie genug.

Doch, nun erzähl' ich, wie ich mich betrug.

Ihr Weiber, die Ihr klug seid und verständig,

Schwatzt in das Unrecht Euren Mann beständig!

Denn lügen kann und schwören nie ein Mann

So unverschämt, wie eine Frau es kann.

– Die klugen Weiber brauchen keinen Rath,

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Er gilt für die, so man mißleitet hat. –

Ein Weib, das schlau ist und verständnißvoll,

Beweist wohl ohnehin, die Kuh sei toll,

Dem Ehemann und läßt die Magd drauf schwören.“

Doch, wie ich sprach, sollt Ihr von mir jetzt hören:

„Du alter Hundsfott! ist das Deine That,

Daß unsres Nachbars Weib in solchem Staat

Einherstolzirt für Jedermann zum Wunder,

Und ich kaum ausgehn kann in meinem Plunder?

Was hast Du nur im Nachbarhaus zu schaffen?

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Ist sie so schön? Mußt Du Dich gleich vergaffen?

Was hast Du stets mit meiner Magd zu flüstern?

Ei, alter Lecker! immer bist Du lüstern!

Doch wenn ich einen Freund mir zugeselle,

Betret' ich arglos eines Nachbars Schwelle,

So schiltst Du mich gleich wie ein Teufel aus.

Und Du kommst heim besoffen wie die Maus

Und predigst – schlimm ergeh' Dir's – auf den Bänken

Und sprichst: Es müsse an die Kosten denken

Ein Mann beständig, der sich arm gepaart.

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Und eine Reiche, adeliger Art,

Die – sagst Du – sei ganz sicher voller Grillen

Und unerträglich ihres Stolzes willen.

Bei einer Schönen – sagst Du – sei's erklärlich,

Daß jeder Wüstling gleich nach ihr begehrlich,

Und mit der Keuschheit, die bestürmt stets sei

Von allen Seiten, sei es bald vorbei.

Man nimmt uns – sagst Du – bald weil unser Geld,

Bald Wuchs, bald Schönheit einem Mann gefällt,

Bald des Gesanges, bald des Tanzens wegen,

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Bald weil dem Mann an Reiz und Spaß gelegen,

Bald weil so zierlich Arme sind und Hände,

Und so zum Teufel geht es bis ans Ende!

Es widerstände – sagst Du – keine Mauer,

Die rings belagert sei, auf lange Dauer.

Von einer Häßlichen sagst Du, sie hänge

Sich gleich an jedes Mannsbild an und spränge

Um Jeden, wie ein Wachtelhund, umher,

Bis schließlich einer ausgefunden wär';

Denn sei auch noch so grau die Gans im Graben,

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Sie wolle – sagst Du – ihren Gänsrich haben;

Und da nur Undank – sagst Du – man empfinge,

So sei ein Weib das schlimmste aller Dinge!

So sprichst Du Flegel, gehst Du Nachts zu Bette!

Und daß kein kluger Mann es nöthig hätte,

Sei er auf Seligkeit bedacht, zu frein.

Ich wollt', ein Blitz vom Himmel schlüge drein,

Und Deinen alten, welken Nacken bräch' er!

Der Rauch – sagst Du – und löcherige Dächer

Und zänk'sche Weiber trieben aus dem Haus

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Die Männer fort. – Doch sag' mir, ei der Daus!

Was treibt Dich, so zu schimpfen, alter Gecke?

Im Anfang – sagst Du – zwar das Weib verstecke,

Doch nach der Hochzeit zeige sie die Klau'n.

– Das ist ein Sprüchwort wohl von bösen Frau'n? –

Du sagst: die Ochsen, Esel, Pferde, Hunde

Würden geprüft erst, daß je nach Befunde,

Wie Löffel, Fässer, Stühle, Bänke, Tröge

Und Hausgeräth, man sie erstehen möge.

So prüfe man auch Töpfe oder Kleider,

290

Doch blieben ungeprüft die Frauen leider;

– So sagst Du, Schwätzer! – bis man nach der Ehe

Dann alle Laster, die sie hätten, sähe!

Und ferner sagst Du: ich sei stets verdrießlich,

Lobtest Du meine Schönheit nicht ausschließlich,

Und priesest Du nicht immer mein Gesicht,

Und nenntest überall mich Dame nicht;

Wär' mein Geburtstag festlich nicht begangen,

Könnt' ich nicht stets in frischen Kleidern prangen,

Sprächst Du mit meiner Zofe, meiner Amme

300

Und der Verwandtschaft vom Familienstamme

Nicht ehererbietig sonder Unterlaß.

– So sagst und klagst Du, altes Lügenfaß!

Und auch mit unserm Schreiber, dem Johann,

Dem krausbehaarten, goldgelockten Mann,

Der mir so fleißig seinen Hof stets macht,

Hast Du mich ganz mit Unrecht im Verdacht.

Ich will ihn nicht und stürbest Du auch morgen!

Doch sage mir, warum hälst Du verborgen

Den Kassenschlüssel so besorgt vor mir?

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Gehört das Geld, Pardi! nicht mir wie Dir?

Glaubst Du, es sei Madam nicht bei Verstand?

Beim Heil'gen, der St. Jakob ist genannt,

Nicht länger sollst von meinem Leib und Gut

Du Meister sein, und tobtest Du vor Wuth

Und schnittest mir das grimmigste Gesicht!

Auch alles Spioniren hilft Dir nicht!

Ich glaube wohl, weit lieber schlössest Du

Mich in den Schrank, anstatt zu sprechen: ›Thu',

Was Dir gefällt, mein Weibchen, ohne Scheu;

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Mehr als Gerüchten trau' ich Deiner Treu'!‹

Der Mann mißfällt uns, der stets sorgt und denkt,

Wohin wir gehn. Wir sind gern unbeschränkt.

Genug zu preisen ist von Menschen nie

Der größte Meister der Astrologie,

Dan Ptolemäus, der im Almageste

Geschrieben hat, es sei der Weisheit beste,

Sich nicht zu kümmern, wer regiert die Welt.

Aus diesem Sprüchwort klar für Dich erhellt:

Laß Dir an dem, was Du besitz'st, genügen,

330

Und gönne Du den Leuten ihr Vergnügen.

Du alter Schwätzer! mach' doch alle Nächte

Nur frisch Gebrauch von Deinem Eherechte!

Der wär' ein äußerst arger Filz zu nennen,

Der uns versagen wollte, anzubrennen

An der Laterne, die er trägt, ein Licht.

Laß Dir genügen, und beklag' Dich nicht!

Du sagst auch ferner, wenn wir mit Geschmeiden

Uns schmücken oder stattlich uns bekleiden:

Es sei von uns die Keuschheit in Gefahr.

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Durch des Apostels Worte sei ganz klar

In dieser Sache der Beweis zu führen,

Dieweil er spräche: Weiber sollten zieren

In ihrer Kleidung sich mit Zucht und Scham

Und nicht mit Zöpfen, oder üpp'gem Kram,

Mit Perlen, Gold und köstlichem Gewand.

– Nicht mehr als eine Fliege an der Wand

Halt' ich vom Text und von dem ganzen Satze. –

Du sagst auch ferner: ich sei gleich der Katze;

Die bleibe, wenn man ihr versengt das Fell,

350

Ruhig zu Haus, indessen laufe schnell,

Wenn's wieder schön und glänzend sei, hinaus

Und bleibe keinen halben Tag zu Haus,

Sie wolle fort, sobald der Morgen graue,

Damit ihr Fell sie zeige – und miaue;

Das heißt, Du Schelm: ich liebte, auf den Gassen

In neuem Kleiderstaat mich sehn zu lassen!

Du alter Narr! Dein Schnüffeln hilft Dir nicht!

Und bätest Argus Du, der im Gesicht

Einhundert Augen hat, Schildwach zu stehn,

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So würd' ich doch ihm eine Nase drehn;

Mir sollt' es schon, bei meiner Treu'! gelingen.

Du sagst auch: immer rühre von drei Dingen

Auf dieser Erde jedes Unheil her,

Und daß ein viertes nicht zu tragen wär'.

Herr Widerbeller! kürze Christ Dein Leben!

Ei! predigst Du, ein böses Weib sei eben

Die eine von den widerwärt'gen Sachen?

Kannst Du nicht andere Vergleiche machen?

Mußt Du zum Gegenstande der Parabeln

370

Dir stets ein armes, dummes Weib ergabeln?

Du sagst: des Weibes Liebe glich' der Hölle,

Dem wüsten Lande, drin kein Wasser quelle.

Sie gliche – sagst Du – einer Feuersgluth,

Die, einmal brennend, stets mit größrer Wuth

Alles, was brennen wolle, rings verzehre:

Und wie ein Wurm – sagst Du – den Baum zerstöre,

Zerstör' auch ihren Ehemann die Frau;

Das wisse, wer nicht ledig sei, genau.“ –

Daß grade so, wie ich's, ihr Herr'n, erzählt,

380

Sie in der Trunkenheit mit mir geschmält,

Hielt steif und fest ich meinen Männern vor.

Zwar war es falsch. – Doch, da es Hans beschwor

Und meine Nichte sich mit mir vereinigt,

Du lieber Gott! so wurden sie gepeinigt,

Bei Christi Kreuz! ganz schuldlos obendrein.

Denn wie ein Gaul konnt' beißen ich und schrein.

Doch, hätt' ich nicht zu klagen angefangen,

So wär' es manchmal mir wohl schlimm ergangen.

Wer zuerst kommt, zuerst gemahlt erhält;

390

Wer zuerst klagt, behauptet auch das Feld.

So kam's, daß sie mich um Entschuld'gung baten,

Selbst über Dinge, die sie niemals thaten.

Ich schwur, mit Dirnen hätt' ich sie gesehn,

Und konnten sie vor Schwachheit auch kaum gehn.

Doch kitzelt' es ihr Herz; und jeder dachte,

Daß mich besorgt für ihn nur Liebe machte.

Ich schwur, war ich zur Nachtzeit ausspaziert,

Nach ihren Dirnen hätt' ich spionirt.

Durch diesen Vorwand fand ich viel Vergnügen.

400

Denn nicht umsonst ist Spinnen, Weinen, Lügen,

Schon seit dem Tage der Geburt fürs Leben

Von Gott uns Weibern gütigst mitgegeben.

In einer Sache muß ich selbst mich loben,

Ich blieb in jeder Hinsicht schließlich oben,

Ich griff zur List, Gewalt und andern Mitteln,

Wie stetem Murr'n und ewigem Bekritteln.

Im Bett besonders wußt' ich sie zu plagen.

Da konnt' ich schelten und den Dienst versagen.

Ja, aus dem Bette droht' ich oft zu springen,

410

Wenn sie mit ihren Armen mich umfingen.

Erst wenn sie Lösegeld bezahlt mir hatten,

Wollt' ihre Niedlichkeiten ich gestatten.

Ein jeder Mann gedenke meines Raths,

Käuflich ist Alles, und wer zahlt, der hat's;

Mit leeren Händen ist schlecht Falken fangen;

Doch für Gewinn erheuchelt' ich Verlangen

Und that, als gäb' ich voller Lust mich hin,

Obschon von Schinken sonst kein Freund ich bin;

Das heißt: ich lag mit ihnen stets im Streite,

420

Und hätte selbst der Papst auf ihrer Seite

Gestanden, wäre ihnen nichts erspart,

Da Wort um Wort von mir quittirt stets ward.

Ja, beim allmächt'gen Gott! sollt' ich sofort

Mein Testament jetzt machen, nicht ein Wort

Bin ich mehr schuldig, das ich wett nicht machte.

Durch meinen Witz ich's schließlich dahin brachte,

Daß sie für besser fanden, nachzugeben;

Sonst hatten sie nie Rast und Ruh' im Leben;

Und schauten wie die Löwen sie verdrießlich,

430

So krochen dennoch sie zu Kreuze schließlich.

Dann wollt' ich sagen: „So ist's recht und brav!

Wie fromm und sanft ist Wilkin, unser Schaf!

Komm, Männchen! laß mich Deine Wange küssen!

Geduld und Sanftmuth wirst Du lernen müssen!

Spricht Dein Gewissen Dich denn niemals schuldig,

Wenn Du erzählst, wie Hiob war geduldig?

Nun, was Du predigst, halte drum in Ehren!

Und thust Du's nicht, so will ich Dich belehren:

Soll in der Ehe Frieden uns beglücken,

440

So muß sich einer von uns Beiden bücken,

Und, da als Mann weit mehr vernünftig Du

Als Deine Frau bist, so kommt Dir es zu.

Jedoch, was quält Dich, daß Du stöhnst und ächzest?

Ist's meine Heimlichkeit, nach der Du lechzest?

Hier, Peter, ist sie! nimm Dir Alles hin!

Ich schelte zwar, doch zärtlich ist mein Sinn!

Wollt' ich verhandeln meine belle chose

Ging ich einher wohl schöner als die Rose!

Jedoch, bei Gott! wie übel Du gethan,

450

Bewahr' ich sie für Deinen Leckerzahn!“

Manch solches Wort wir miteinander hatten;

Doch sprech' ich jetzt von meinem vierten Gatten.

Ein schlimmer Schwärmer aber war der vierte,

Der sich mit einem Kebsweib verlustirte.

Und dennoch jung, stark, geil und widerhaarig

Und so vergnügt, wie eine Elster, war ich.

Zur Harfe konnt' ich mich im Tanze schwingen,

Und wußte wie die Nachtigall zu singen,

Hatt' ich getrunken etwas süßen Wein.

460

Ja, selbst der Schuft, Metellius, dieses Schwein,

Der mit dem Stocke seine Frau erschlug,

Nur, weil sie Wein trank, sollte mir genug

Zu trinken geben, hätt' er mich genommen!

Doch von dem Wein muß ich auf Venus kommen.

So wie die Kälte Hagel zeugt und Reif,

Hat leckres Maul auch einen leckren Schweif.

Nicht widersteht die weinberauschte Frau,

Das wissen alle Wüstlinge genau.

Ach, Herr und Christ! gedenk' ich an die Zeit

470

Der Jugendfrische und der Lustigkeit,

So juckt es mich im tiefsten Herzensgrunde

Noch vor Vergnügen bis auf diese Stunde,

Daß ich die Welt genoß in jenen Tagen!

Das Alter, ach! bringt manche bittre Plagen!

Ich fühle Kraft und Schönheit mir entfliehn;

Fahrt hin! lebt wohl! zum Teufel mögt ihr ziehn!

Das Mehl ist alle! da hilft kein Geschrei!

So gut es geht, verkauf' ich jetzt die Klei'!

Doch an Vergnügen soll es mir nicht fehlen!

480

Von meinem vierten Mann laßt mich erzählen!

Wie schon gesagt, mein Haß war nicht gering,

Daß er auf fremder Fährte manchmal ging;

Bei St. Jodocus! – wir sind Beide quitt,

Da ich sein Kreuz aus gleichem Holz ihm schnitt.

Zwar nicht zur Unzucht braucht' ich meinen Leib,

Doch gönnt' ich Manchem solchen Zeitvertreib,

Daß ich in seinem eignen Fett ihn briet,

Und er in Eifersucht und Wuth gerieth.

Sein Fegefeuer war ich hier hienieden;

490

Drum hoff' ich, jetzt hat seine Seele Frieden,

Denn, weiß es Gott! – er sang und schrie vor Wehe,

Drückte sein Schuh ihm allzusehr die Zehe,

Und Gott und ihm ist es allein bekannt,

Was, ihn zu pein'gen, Alles ich erfand.

Er starb, als von Jerusalem zu Haus

Ich kehrte, und ruht unterm Kreuze aus,

Jedoch sein Grabmal war mit mindrer Pracht

Als des Darius Ruhestatt gemacht,

Die einst Apelles schuf mit Kunstvollendung;

500

Denn ich begrub mit weniger Verschwendung!

Er lebe wohl! Mög' Gott ihm gnädig sein!

Im Grabe ruht er und er liegt im Schrein!

Von meinem fünften Mann ich jetzt erzähle!

Gott sende nicht zur Hölle seine Seele!

Doch hat er mir am schlimmsten zugesetzt;

Das fühl' an meinen Rippen ich noch jetzt,

Und werd' es fühlen bis ans Lebensziel!

Doch frisch und froh trieb er im Bett sein Spiel,

Und das Gekirr verstand er und Gekose,

510

Gelüstet' ihm nach meiner belle chose;

Gewinnen konnt' er, wenn er alle Glieder

Mir auch zerschlug, stets meine Liebe wieder.

Ich liebt' ihn besser, denk' ich, weil so rar

Und so gefährlich seine Liebe war.

Wir Weiber sind – denn nimmer lügen will ich –

In diesem Punkt oft wunderlich und grillig;

Wir schrei'n und gieren tagelang nach Dingen

Allein, weil sie nur schwierig wir erringen;

Was man verbietet, wird von uns begehrt,

520

Jedoch wir fliehen, was man uns gewährt;

Verkauft wird unser Krimskram mit Gefahren;

Bei vollem Markte steigt der Preis der Waaren,

Und was zu billig ist, bedünkt uns schlecht;

Darin giebt jedes kluge Weib mir Recht.

Den fünften Mann – es gebe Gott ihm Segen! –

Nahm ich aus Liebe, nicht des Reichthums wegen.

Von Oxford, wo er als Scholar studirte,

Kam er in unsre Stadt, und dort quartierte,

Er sich bei meiner Frau Gevatt'rin ein,

530

Frau Alison – Gott mög' ihr gnädig sein! –

Sie kannte meines Herzens Heimlichkeit

Mehr, als der Pfaffe that – auf Seligkeit!

Denn ihr vertraut ich All und Jedes an;

Und mochte Leib und Leben gar mein Mann

Verwirken oder an die Wand nur p[issen],

Sie und ein andres Weibsbild mußten's wissen,

Und ebenmäßig ward ein jeder Plan

Auch meiner lieben Nichte kundgethan.

Und dieses that ich häufig, denn – Gott weiß es! –

540

Wohl überlief ihn manchmal roth und heiß es

Bei seiner Schande, und er schalt sich laut,

Daß er mir seine Heimlichkeit vertraut!

Nun traf es sich zur Fastnacht oft genug,

War ich bei der Gevatt'rin zum Besuch

– Denn immer noch saß ich voll Schelmerei,

Und lief noch gern im März, April und Mai,

Was Neues zu erfahren, Haus von Haus –

Daß ich und Alison aufs Feld hinaus

Spazierten mit dem Schreiber, dem Johann.

550

Denn, da in London war mein Ehemann,

Wollt' ich nicht die Gelegenheit verpassen,

Mich auch vor lust'gem Volke sehn zu lassen,

Und selbst zu sehn. Was weiß ich noch, wohin

Ich damals ging in meinem Flattersinn?

Ich war dabei, wenn es Visitationen,

Wenn es Vigilien gab und Processionen;

Auf Pilgerfahrt und zum Mirakelspiel,

Zur Hochzeit und zur Predigt ging ich viel.

Vom schönsten Scharlach trug ich Prachtgewänder;

560

An meinem Staat gab's für die Kleiderschänder,

Die Würmer, Motten, Milben nichts zu nagen.

Weißt Du warum? – Weil ich ihn stets getragen!

Doch nun erzähl' ich Euch, was mir passirte.

Ich sagte, daß ich auf das Feld spazierte,

Wo ich, fürwahr, manch' lust'ge Schäkerei

Mit unserm Schreiber trieb und ihm dabei

Der Zukunft wegen auch versprach, daß er

Mich freien solle, wenn ich Wittwe wär'.

Gewiß kein Rühmens will ich davon machen;

570

Doch in der Ehe, wie in andern Sachen,

Sah ich mit Umsicht immer im Voraus.

Ein Lauch nicht werth, dünkt mich, der Witz der Maus,

Die auf ein Loch nur zum Entschlüpfen zählt

Und die dann hin ist, wenn ihr dieses fehlt.

Ich log ihm vor, ich sei behext durch ihn

– Da Alison mir diesen Rath verliehn –

Und redete, mir hätte in der Nacht

Geträumt, ich wäre von ihm umgebracht,

Und daß mein ganzes Bette sei voll Blut;

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Jedoch er thäte, hofft' ich, dennoch gut,

Denn Blut bedeute Gold, sei mir gesagt.

Doch falsch war Alles. Ich war nie geplagt

Von solchen Träumen. Meiner Dame Rath

Befolgt ich nur, wie ich es meistens that.

Doch nun, Ihr Herr'n! – Laßt sehn, wo blieb ich nur!

Aha! bei Gott! ich bin schon auf der Spur!

Als auf der Bahre lag mein vierter Gatte,

Ich in den Augen immer Thränen hatte,

Wie es Gebrauch ist und des Weibes Pflicht,

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Und in den Schleier hüllt' ich mein Gesicht.

Doch hatt' ich den Ersatzmann schon ersehn;

Drum weint' ich mäßig – das muß ich gestehn!

Als meinen Mann die Nachbarn unter Klagen

Zur Kirche früh am Morgen fortgetragen,

War auch mein Schreiber, der Johannes, da.

Und – hilf mir Gott! – als ich ihn gehen sah

Mit einem solchen schönen, netten Paare

Von Beinen hinter meines Mannes Bahre,

Gab ich mein ganzes Herz ihm alsobald.

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Er war – ich glaube – zwanzig Winter alt

Und – ungelogen – vierzig ich! – Jedoch

Den Füllenzahn bewahrt' ich immer noch.

Langzähnig war ich, was nicht schlecht mir stand.

Der Venusstempel war mir eingebrannt;

Und hilf mir Gott! ich war ein lustig Weib,

Jung, reich und schön und wohlgeformt an Leib,

Und jeder meiner Gatten schwur – auf Ehre! –

Daß meine S[palte] rings die beste wäre.

Den Sinnen nach bin ich ganz venerianisch,

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Mein Herz indessen ist durchaus martianisch;

Venus gab mir die Lüsternheit und Gluth,

Und Mars gab mir den unverzagten Muth.

Der Stier mit Mars drin, war mein Ascendente.

O, weh', daß Liebe sündlich ist! – Wie könnte

Ich widerstehen der Inclination

Bei solcher Wirkung der Constellation?

Und daher blieb für lustige Genossen

Auch meine Venuskammer nicht verschlossen.

Von Mars indessen trug ich das Gepräge

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Im Angesicht und heimlichen Gehege.

Gott gehe mit mir gnädig zu Gericht!

Sehr heikel war ich in der Liebe nicht.

Ich folgte meinem Appetit und Drang;

Ob schwarz, ob weiß er war, ob kurz, ob lang,

Sobald ich nur Gefallen an ihm fand,

Frug ich nicht viel nach Reichthum oder Stand.

Was wollt' ich sagen? – Schon nach Monatszeit

Nahm mich zur Frau mit großer Festlichkeit

Der lustige, der art'ge Schreiber Hans.

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Mein Land, sowie mein Gut gab ich ihm ganz

Und gar zu eigen, wie es mir gegeben;

Doch oft bereut' ich's hinterher im Leben.

Von meinen Schlichen wollt' er gar nichts wissen!

Weil ich ein Blatt aus seinem Buch gerissen,

Schlug er – bei Gott! – mich einstmals mit der Faust,

Daß heute mir's noch in den Ohren saust!

Wie eine Löwin steif und widerhaarig

Und eine schlimme Lästerzunge war ich.

Noch immer wandern wollt' ich, wie zuvor,

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Von Haus zu Haus, obschon's mein Mann verschwor;

Und deßhalb las er predigend und lehrend,

Aus alten Römer-Gesten mir fortwährend:

Wie einst sein Weib auf Lebenszeit verließ

Sulpitius Gallus und sie von sich stieß,

Nur aus dem Grunde, weil er sie gesehn

Aus seiner Hausthür unverschleiert gehn.

Auch einen andern Römer er mir nannte,

Der ebenfalls sein Weib von sich verbannte,

Die unerlaubt auf einem Fest gewesen.

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Auch aus der Bibel pflegt' er oft zu lesen

Mir jenes Sprüchwort aus dem Ecclesiasten,

Welches den Männern anräth, daß sie paßten

Auf ihrer Weiber Wandel und Betragen;

Und, ohne Zweifel, pflegt' er dann zu sagen:

Wer sich aus Weiden baut des Hauses Wände,

Auf blindem Gaul jagt durch gepflügt Gelände,

Und seinem Weibe läßt zu freie Hände,

Der Mann hängt an dem Galgen noch am Ende!

Doch werthlos schienen mir wie Mellerbeeren,

660

Die weisen Sprüche, wie die alten Lehren.

Ich liebte nicht, daß er mir stets erzählte,

Um mich zu bessern, wo und wie ich fehlte;

Und Viele denken – weiß es Gott! – wie ich!

Doch wurd' er noch so wüthend gegen mich,

In keinem Fall gedacht' ich's zu ertragen!

Beim heil'gen Thomas! jetzt will ich Euch sagen,

Wie einst, weil seinem Buch ich jenes Blatt

Entriß, mein Mann mich taub geprügelt hat.

In einem Buche, welches er besaß,

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Er Tag und Nacht stets mit Entzücken las,

Das Valerie und Theophrast er nannte

Und das ihn stets mit Lachen übermannte.

Auch war ein Schreiber noch darin aus Rom,

Ein Cardinal, mit Namen St. Jerome,

Der einst ein Buch schrieb gegen Jovinian.

Dies Buch war da, sowie auch Tertullian,

Crisippus, Trotula und Heloïs,

Die einst Aebtissin war nah' bei Paris;

Und auch des Königs Salamo Parabeln,

680

Die Kunst Ovids und manche sonst'ge Fabeln.

Sie waren all' in einen Band gebunden,

Und immer hielt in seinen freien Stunden,

Lag hinter ihm des Werkeltages Plage,

Er jeder Zeit, bei Nacht sowie bei Tage,

Gewohnheitsmäßig dieses Buch in Händen.

Von bösen Weibern kannt' er mehr Legenden,

Als in der Bibel sind von guten Frauen.

Unmöglich ist's – darin mögt Ihr mir trauen –

Daß von den Damen Gutes spricht ein Schreiber.

690

Zwar lobt er stets das Leben heil'ger Weiber,

Doch andre Frauen preist er nimmermehr!

Doch, wer malt uns den Löwen? – Sagt mir, wer?

Bei Gott! wenn Weiber schrieben die Historien,

Wie Schreiber thun in ihren Oratorien,

So wären Schlechtigkeiten auszukramen

Von Männern, die der ganze Adamssamen

Nie büßen kann! – Die Kinder von Merkur

Und Venus sind verschiedener Natur.

Weisheit und Wissen der Merkur uns giebt

700

Und Saus und Braus ist's, was die Venus liebt;

Und weil sie so verschieden disponirt,

Fällt einer, wenn der andre exaltirt.

So ist – Gott weiß! – Merkur stets desolat,

Ist in den Fischen Venus exaltat,

Und Venus fällt, sobald Merkur ist oben;

Drum kann ein Schreiber nie ein Weibsbild loben!

Und wird er altersschwach und werthlos zu

Dem Dienst der Venus, wie ein alter Schuh,

Setzt er sich nieder und schreibt Faseleien,

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Daß niemals treu die Ehefrauen seien.

Doch nun zum Zweck! – Pardi! ich wollte sagen,

Weßhalb ich wegen jenes Buchs geschlagen.

Aus diesem Buch zur Abendzeit einst las

Mein Gatte Hans, als er am Feuer saß:

Zuerst von Eva, deren Schlechtigkeit

Das Menschenvolk in Elend stieß und Leid,

Bis Gottes Gnade wieder uns erschloß

Das Herzblut, welches Jesus Christ vergoß.

– Seht! hier wird von dem Weibe man gewahr,

720

Daß sie Verderberin der Menschheit war! –

Er las, wie Simson erst sein Haar verlor,

Und dann die Augen, weil ihn kahl einst schor

Im Schlaf sein Kebsweib, die Verrätherin,

Und, ungelogen, las er späterhin

Wie Herkules den Tod durch das Gewand

Der Dejanira durch Verbrennen fand.

Auch nichts vergaß er von dem Leid und Wehe

Des Sokrates in seiner Doppelehe:

Wie ihm Xantippe ausleert übern Kopf

730

Das Nachtgeschirr und mausestill der Tropf,

Den Kopf sich wischend, nichts aus Angst entgegnet,

Als: „Schweigt der Donner, weiß man, daß es regnet!“

Auch von Pasiphae aus Kreta las er.

– An der Geschichte fand gar vielen Spaß er –

Doch, pfui! – Nichts mehr davon! Es ist zu gräulich;

Denn ihre Lust und Neigung war abscheulich!

Wie Klytemnestras liederliches Leben

Zum Tod des Gatten Anlaß hat gegeben,

Las er mir auch mit großer Salbung vor;

740

Und er erzählte, wie vor Thebens Thor

Amphioraus jäh sein Ende fand;

Und eine Sage war ihm auch bekannt,

Die eigne Gattin, Eriphyle, hätte

Den Griechen ihres Mannes Zufluchtsstätte

Für eine Unze Goldes offenbart;

Wodurch vor Theben böser Dank ihm ward.

Von Luna und Lucilia führt' er an,

Getödtet hätte jede ihren Mann;

Wobei dort Haß, hier Liebe war im Spiel.

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Denn, während Luna, der ihr Mann mißfiel,

Ihn eines Abends spät vergiftet hatte,

Gefiel Lucilien allzusehr ihr Gatte,

Und lüstern, daß er immer an sie denke,

Gab sie ihm solche starke Liebestränke,

Daß er verschieden war am frühen Morgen.

– So hatten Männer immer ihre Sorgen! –

Auch von Latumeus hat er mir gesagt,

Er hätte Arius, seinem Freund, geklagt,

In seinem Garten sei ein Baum zu schauen,

760

An welchem sich schon drei von seinen Frauen

Erhängt aus lauter Aerger und Verdruß.

„Ach, lieber Bruder!“ – sprach drauf Arius –

„Erlaube mir, ein Propfreis abzulegen,

Denn solchen Baum möcht' ich gern selber pflegen!“

Er las, es hätten auch in spätern Tagen

Im Bette Weiber ihre Herr'n erschlagen,

Die blut'gen Leichen auf die Flur gestreckt

Und mit den Buhlen in der Nacht g[eheckt]

Auch Nägel hätten ins Gehirn gehauen

770

Im Schlaf den Männern manchmal ihre Frauen,

Auch manchmal sie vergiftet mit Getränken.

Er sprach mehr Harm, als sich das Herz kann denken!

Und dabei wußt' er viel mehr weise Sprüche,

Als jemals Kräuter wuchsen für die Küche.

„Du hältst weit besser“ – sprach er – „es im Haus

Mit einem Löwen oder Drachen aus,

Als einem zänkischen und bösen Weibe!“

„Im Winkel lieber unterm Dache bleibe,

Als mit der Zänkerin“ – sprach er – „im Zimmer;

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Denn widerspenstig ist ein Weibsbild immer,

Und dem, was ihrem Mann gefällt, stets gram!“

„Von sich“ – so sprach er – „wirft ein Weib die Scham

Mit ihrem Unterrock.“ – „Und eine Frau,

Die schön und zuchtlos ist, gleicht einer Sau,

Die einen Goldreif in der Nase trägt.“

Wer faßt den Ingrimm, welchen ich gehegt?

Wer faßt die Wuth, die ich im Herzen trug?!

Als eines Nachts in dem verfluchten Buch

Sein Lesen wiederum kein Ende fand,

790

Riß ich ihm rasch drei Blätter aus dem Band,

Worin er las, und mit der Faust zugleich

Gab ich ihm solchen derben Backenstreich,

Daß überwärts er hinschlug in das Feuer.

Empor voll Wuth sprang wie ein wilder Leu er,

Und mit der Faust gab er mir einen Schlag,

Daß ich, wie leblos, gleich am Boden lag.

Und als er sah, wie still und steif ich schien,

Da ward er blaß und dachte zu entfliehn.

Doch aus der Ohnmacht wieder wach geworden,

800

Fuhr ich ihn an: „O, Dieb! willst Du mich morden?

Willst Du mich tödten, um mein Gut zu erben?

Komm' küsse mich und lasse dann mich sterben!“

Und näher kam er und sank auf die Knie'

Und sprach: „O, bestes Alisönchen, nie

Schlag' ich Dich wieder! Schenke Gott mir Huld!

Und that ich's jetzt, so war es Deine Schuld!

Ich bitte Dich, vergiß es und vergieb!“

Doch ich gab ihm noch manchen Backenhieb

Und sagte: „Dieb! ich will es an Dir rächen!

810

Jetzt will ich sterben und kein Wort mehr sprechen!“

Jedoch zuletzt nach manchem Weh und Leide

Versöhnten und vertrugen wir uns Beide.

Er gab die Zügel mir in meine Hand

Und die Regierung über Haus und Land,

Und Hand und Zunge hielt ich ihm in Steuer,

Und auch sein Buch schmiß er für mich ins Feuer.

Nachdem die Leitung und die Meisterschaft

In dieser Art ich mir zurückgeschafft

Und: „Liebes Weibchen!“ – er zu mir gesagt –

820

„Thu' lebenslang allein, was dir behagt,

Bewahr' Du Ehre mir und Gut und Haus!“

Seit jenem Tag war alles Zanken aus.

So gut und treu war, wie auf Gott ich bau'!

Von Dänemark bis Indien keine Frau,

Wie ich für ihn, und er that es mir gleich.

Und daher bitt' ich Gott im Himmelreich,

Er gehe gnädig mit ihm zu Gerichte! –

„Nun hört mir zu! – Jetzt komm' ich zur Geschichte!“

Der Bettelmönch bei diesen Worten lachte

830

Und sprach: „Madam, nach langem Paßgang brachte

Uns der Prolog jetzt ganz zu paß ans Ziel!“

Der Büttel, dem des Bruders Spaß mißfiel,

Rief aus: „Seht an! bei Gott und seinen Engeln!

Ein Bettelmönch muß Alles doch bemängeln!

Ja, wie die Fliegen fällt ein Bettelbruder

Auch allsofort auf jedes Fleisch und Luder!

Was hat mit Paßgang alles Dies zu thun?

Ob Paß, ob Trab, laß es in Frieden ruhn

Und gönn' uns an der Sache das Vergnügen!“

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„Herr Büttel!“ – sprach der Bruder – „ohne Lügen!

Gefällt es Euch, so will ich gern berichten

Von einem Büttel zwei bis drei Geschichten,

Bevor ich geh', und sicher lacht man tüchtig!“

„Verwünschen möchte, Bruder, Dein Gesicht ich!“

– So sprach der Büttel – „und mich selbst daneben,

Wüßt' ich nicht auch zwei bis drei Schnurren eben

Von Bettelmönchen! Jammern sollst Du, ehe

Nach Sidenborn wir kommen, denn ich sehe,

Daß alle Fassung Du verloren hast!“

850

„Das Streiten“ – rief der Gastwirth – „unterlaßt!

Die Frau erzählt, und ihren Worten lauscht Ihr!

Betragt Euch nicht, als wär't in Bier berauscht Ihr!

Erzählt, Madam! – So ist's am Besten, glaubt!“

„Recht gern, mein Herr,“ – sprach sie – „sofern erlaubt

Mir dieser würd'ge Bruder nur das Wort.“

„Madam,“ – sprach er – „ich höre! Fahret fort!“