BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Annette von Droste-Hülshoff

1797 - 1848

 

Unruhe

 

Januar/Februar 1816

 

Text:

Erstdruck in Hermann Hüffer: Annette von Droste-Hülshoff,

in: Deutsche Rundschau 7, Februar/März 1881, Band 26

 

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Laß uns hier ein wenig ruhn am Strande

FOIBOS Stralen spielen auf dem Meere

Siehst du dort der Wimpel weiße Heere

Reisge Schiffe ziehn zum fernen Lande

 

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Ach! wie ists erhebend sich zu freuen

An des Ozeans Unendlichkeit

Kein Gedanke mehr an Maaß und Räume

Ist, ein Ziel, gesteckt für unsre Träume

Ihn zu wähnen dürfen wir nicht scheuen

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Unermeßlich wie die Ewigkeit.

 

Wer hat ergründet

Des Meeres Gränzen

Wie fern die schäumende Woge es treibt

Wer seine Tiefe

15

Wenn muthlos kehret

Des Senkbley's Schwere

Im wilden Meere

Des Ankers Rettung vergeblich bleibt.

 

Möchtest du nicht mit den wagenden Seglern

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Kreisen auf dem unendlichen Plan?

O! ich möchte wie ein Vogel fliehen

Mit den hellen Wimpeln möcht ich ziehen

Weit, o weit wo noch kein Fußtritt schallte

Keines Menschen Stimme wiederhallte

25

Noch kein Schiff durchschnitt die flüchtge Bahn

 

Und noch weiter, endlos ewig neu

Mich durch fremde Schöpfungen, voll Lust

Hinzuschwingen fessellos und frey,

O! das pocht das glüht in meiner Brust

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Rastlos treibts mich um im engen Leben

Und zu Boden drücken Raum und Zeit

Freyheit heißt der Seele banges Streben

Und im Busen tönts Unendlichkeit!

 

Stille, stille, mein thörichtes Herz

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Willst du denn ewig vergebens dich sehnen?

Mit der Unmöglichkeit hadernde Trähnen

Ewig vergießen in fruchtlosem Schmerz?

 

So manche Lust kann ja die Erde geben

So liebe Freuden jeder Augenblick

40

Dort stille Herz dein glühendheißes Beben

Es giebt des Holden ja so viel im Leben

So süße Lust und, ach! so seltnes Glück!

 

Denn selten nur genießt der Mensch die Freuden

Die ihn umblühn sie schwinden ungefühlt

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Sey ruhig, Herz, und lerne dich bescheiden

Giebt FOIBOS heller Strahl dir keine Freuden

Der freundlich schimmernd auf der Welle spielt?

 

Laß uns heim vom feuchten Strande kehren

Hier zu weilen, Freund, es thut nicht wohl,

50

Meine Träume drücken schwer mich nieder

Aus der Ferne klingts wie Heymathslieder

Und die alte Unruh' kehret wieder

Laß uns heim vom feuchten Strande kehren

Wandrer auf den Wogen, fahret wohl!

 

55

Fesseln will man uns am eignen Heerde!

Unsre Sehnsucht nennt man Wahn und Traum

Und das Herz, dies kleine Klümpchen Erde

Hat doch für die ganze Schöpfung Raum!