Annette von Droste-Hülshoff
1797 - 1848
Das geistliche Jahr
in Liedern auf alle Sonn- und Festtage
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Am letzten Tagedes Jahres.
Das Jahr geht um,Der Faden rollt sich sausend ab.Ein Stündchen noch, das letzte heut,Und stäubend rieselt in sein Grab, | |
5 | Was einstens war lebend'ge Zeit.Ich harre stumm.
's ist tiefe Nacht!Ob wohl ein Auge offen noch?In diesen Mauern rüttelt dein |
10 | Verinnen, Zeit! Mir schaudert; dochEs will die letzte Stunde seinEinsam durchwacht,
Gesehen all!Was ich begangen und gedacht. |
15 | Was mir aus Haupt und Hirne stieg,Das steht nun eine ernste WachtAm Himmelsthor. O halber Sieg,O schwerer Fall!
Wie ras't der Wind |
20 | Am Fensterkreuze! Ja es willAuf Sturmesfittigen das JahrZerstäuben, nicht ein Schatten stillVerhauchen unterm Sternenklar.Du Sündenkind!
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25 | War nicht ein hohlUnd heimlich Sausen jeder TagIn deiner wüsten Brust Verließ,Wo langsam Stein an Stein zerbrach,Wenn es den kalten Odem stieß |
30 | Vom starren Pol?
Mein Lämpchen willVerlöschen, und begierig saugtDer Docht den letzten Tropfen Oel.Ist so mein Leben auch verraucht, |
35 | Eröffnet sich des Grabes HöhlMir schwarz und still?
Wohl in dem Kreis,Den dieses Jahres Lauf umzieht,Mein Leben liegt. Ich wußt es log; |
40 | Und dennoch hat dies Herz geglühtIn eitler Leidenschaften Joch.Mir brüht der Schweiß
Der tiefsten AngstAuf Stirn und Hand! Wie, dämmert feucht |
45 | Ein Stern dort durch die Wolken nicht?Wär es der Liebe Stern vielleicht,Dir zürnend mit dem trüben Licht,Daß du so bangst?
Horch, welch Gesumm? |
50 | Und wieder Sterbemelodie!Die Glocke regt den ehrnen Mund.O Herr! ich falle auf das Knie.Sey gnädig meiner letzten Stund!Das Jahr ist um! |