Annette von Droste-Hülshoff
1797 - 1848
Gedichte
1844
Gedichte vermischten Inhalts
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Meine Todtenentstanden 1841/42
Wer eine ernste Fahrt beginnt,Die Muth bedarf und frischen Wind,Er schaut verlangend in die WeiteNach eines treuen Auges Brand, | |
5 | Nach einem warmen Druck der Hand,Nach einem Wort, das ihn geleite.
Ein ernstes Wagen heb' ich an,So tret' ich denn zu euch hinan,Ihr meine stillen strengen Todten; |
10 | Ich bin erwacht an eurer Gruft,Aus Wasser, Feuer, Erde, Luft,Hat eure Stimme mir geboten.
Wenn die Natur in Hader lag,Und durch die Wolkenwirbel brach |
15 | Ein Funke jener tausend Sonnen, –Spracht aus der Elemente StreitIhr nicht von einer EwigkeitUnd unerschöpften Lichtes Bronnen?
Am Hange schlich ich, krank und matt, |
20 | Da habt ihr mir das welke BlattMit Warnungsflüstern zugetragen,Gelächelt aus der Welle Kreis,Habt aus des Angers starrem EisDie Blumenaugen aufgeschlagen.
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25 | Was meine Adern muß durchziehn,Sah ich's nicht flammen und verglühn,An eurem Schreine nicht erkalten?Vom Auge hauchtet ihr den Schein,Ihr meine Richter, die allein |
30 | In treuer Hand die Wage halten.
Kalt ist der Druck von eurer Hand,Erloschen eures Blickes Brand,Und euer Laut der Oede Odem,Doch keine andre Rechte drückt |
35 | So traut, so hat kein Aug' geblickt,So spricht kein Wort, wie Grabesbrodem!
Ich fasse eures Kreuzes Stab,Und beuge meine Stirn hinabZu eurem Gräserhauch, dem stillen, |
40 | Zumeist geliebt, zuerst gegrüßt,Laßt, lauter wie der Aether fließt,Mir Wahrheit in die Seele quillen. |