Annette von Droste-Hülshoff
1797 - 1848
Gedichte
1844
Haidebilder
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Das Haus in der Haideentstanden 1841/42
Wie lauscht, vom Abendschein umzuckt,Die strohgedeckte Hütte,– Recht wie im Nest der Vogel duckt,Aus dunkler Föhren Mitte.
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5 | Am Fensterloche streckt das HauptDie weißgestirnte Stärke,Bläst in den Abendduft und schnaubtUnd stößt an's Holzgewerke.
Seitab ein Gärtchen, dornumhegt, |
10 | Mit reinlichem Gelände,Wo matt ihr Haupt die Glocke trägt,Aufrecht die Sonnenwende.
Und drinnen kniet ein stilles Kind,Das scheint den Grund zu jäten, |
15 | Nun pflückt sie eine Lilie lindUnd wandelt längs den Beeten.
Am Horizonte Hirten, dieIm Haidekraut sich strecken,Und mit des Aves Melodie |
20 | Träumende Lüfte wecken.
Und von der Tenne ab und anSchallt es wie Hammerschläge,Der Hobel rauscht, es fällt der Span,Und langsam knarrt die Säge.
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25 | Da hebt der Abendstern gemachSich aus den Föhrenzweigen,Und grade ob der Hütte DachScheint er sich mild zu neigen.
Es ist ein Bild, wie still und heiß |
30 | Es alte Meister hegten,Kunstvolle Mönche, und mit FleißEs auf den Goldgrund legten.
Der Zimmermann – die Hirten gleichMit ihrem frommen Liede – |
35 | Die Jungfrau mit dem Lilienzweig –Und rings der Gottesfriede. –
Des Sternes wunderlich GeleuchtAus zarten Wolkenfloren –Ist etwa hier im Stall vielleicht |
40 | Christkindlein heut geboren? |