BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Magdalena von Dobeneck

1808 - 1891

 

Briefe und Tagebuchblätter

aus Frankreich, Irland und Italien

 

1843

 

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II.

Abendlied.

 

Steig stille Nacht mit deinen Schatten nieder,

Bist du mir nah, wie ist mir wohl!

Es drückt die Welt den Geist mir und die Glieder,

Wie arm! wenn sie mir geben soll.

 

Ihr Bestes ist ja nur ein Kranz von Blüthen,

An dem der Wurm des Todes nagt;

Ihr schönster Lohn, ich fühl's, ein falscher Frieden,

Der in den ew'gen Jammer jagt.

 

So hab' ich's oft, und immerfort erfahren,

Und doch bin ich ihr zugethan?

Ach Herr! du wollest selbst mich nun bewahren,

Weil ich es nicht vor Elend kann.

 

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III.

Die Liebe.

I. Joh. III. 18.

 

«Kindlein liebet, liebet Euch!»

Spricht Johannes immer wieder,

An der Liebe kennt sogleich

Man des heil'gen Hauptes Glieder.

 

Liebe hat den Sohn gesandt,

Liebe hat ihn so entbrannt,

In den Tod sich hinzugeben,

Denn die Sünder sollten leben.

 

Das heißt lieben doch fürwahr?

Nun, so lern' von Jesu lieben,

Giebst du dich Ihm ganz und gar,

Wirst du wahre Liebe üben.

Alles Andre ist nur Schein,

Eitelkeit, der Seelen Pein;

Viele hat die Welt betrogen,

Ihnen Liebe vorgelogen.

 

Ach! wo treff' ich Liebe an?

Hab' ich sie in meinem Herzen?

Setz' ich Alles, Alles d'ran,

Dieses Gut nicht zu verscherzen?

Ja, ich weiß, was mir noch fehlt:

Haß der Sünde! die mich quält,

Dieß kann Liebe erst gebären,

Und die falsche Lieb' verzehren.

 

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