BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Magdalena von Dobeneck

1808 - 1891

 

Briefe und Tagebuchblätter

aus Frankreich, Irland und Italien

 

1843

 

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Wir reisten heute bis spät in die Nacht. Unzählige Feuerfliegen leuchteten lieblich im Grase und Blitze zuckten hin und wieder am dunkeln Himmel. In den Straßen von Pavia gefiel es der Laune der Studenten, uns mit Hurraruf zu empfangen. Am Rhein wie am Po, Nord oder Süd, überall ist dieses Völklein dasselbe. Mit Büchern und Sprachtheorien reichlich versehen, komm ich mir doch selbst oft vor, wie ein fahrender Studiosus Femininus, und somit grüßte ich sie als meine Brüder im Geiste. –

 

 

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Pavia.   

 

Der Himmel schien diese Nacht in volligem Aufruhr. Ein Feuer- und Regenstrom ergoß sich über die Erde und der Donner wiederholte unausgesetzt seine majestätischen Schläge. Keiner war aber stark genug, mich aus meiner Geistes-Trägheit, die seit einigen Tagen mich fesselt, herauszurütteln. Da heißt es:

 

Hab' Geduld nun mit dir selber,

Ist's nun trüb, so scheint die Sonne

In der nächsten Stunde wieder –

Und bald singst du Freudenlieder.

 

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Einige Meilen von Pavia entfernt, verließen wir die Straße, um die berühmte Certosa auch zu beschauen und zu bewundern. Es ist  dieß  so Mode, und ich schickte mich

 

dazu an, doch so, daß ich dachte: was wird's auch seyn? Bald aber übertraf wirklich den Posaunenruf der Fama das Gesehene. Die Certosa hat nämlich mit seiner Kirche, Vorhöfen und Nebengebäuden alleine so viel Umfang, als ein großes Dorf zu fassen vermag, ohne die Ländereien, deren Einkünfte sonst das Carthäuser-Kloster genoß. Unter Joseph II. ward es gänzlich aufgehoben, die Besitzungen verkauft, aber alle Schätze an Kunstwerken wurden der Kirche erhalten und sollten selbst den Stürmen der Revolution trotzen. Die Kirche besitzt Alles, was man nur immer Kostbares an Gemälden, Basreliefs, Mosaik, Fresko-Gemälden sehen kann. Der Hauptaltar selbst ist ganz von kostbaren Steinen und seltnem Marmor, die theils in Blumen, theils in seltsamen Arabesken zusammen gefügt sind. Ein Fresko-Gemälde, von Luini, dem Schüler Leonardo da Vincis, die Madonna mit dem Kinde, ist mit jener unbeschreiblichen Anmuth und Reinheit gemalt, die diesem Meister eigen. Acht Kapellen sind zur Rechten, acht zur Linken des Hauptaltars. Jede Kapelle besitzt das treffliche Gemälde irgend eines berühmten Künstlers, und Plafond und Wände sind mit wunderschönen, ganz frisch erhaltenen Fresko's geziert, eine Fortsetzung dessen, was in dem Gemälde über dem Altar ausgedrückt ist.

Jeder Altar ist von dem andern verschieden, an kostbar eingelegten Steinen, meistens Porphyren, reich an prächtigen Basreliefs von Elfenbein. Ja, selbst der Boden ist ein Kunstwerk und aus Marmor von allen Farben in Sterne zusammen gefügt. Man muß unwillkührlich den Ge­schmack,  wie  Alles  angeordnet  ist,  so  sehr  bewundern,

 

 


 

Die Klosteranlage der Certosa di Pavia