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her, und ziehen die Last der Trauben, während der Kopf in einem ihm angebundenen Korbe voll des köstlichsten Futters wühlt. Der Landmann geht voran, schmaucht behaglich sein Pfeifchen, und sein Ausdruck: Mein Feld ist gut bestellt! Seine Kleidung ist reinlich, der Hemdkragen blendend weiß, ein gelbes oder blaues Tuch schlingt er nachlässig um den Hals, das übrige Costüm ist gewöhnlich von grauer Farbe. Die Frauen tragen schwarze runde Strohhüte, darunter weisse Häubchen. In Avignon sah ich sehr hübsche Mädchen, denen ein schwarzsammtnes Jäckchen allerliebst stand. Welch ein Contrast, der Provençale und mein lieber Savoyer! Ersterer übersatt, letzterer hungrig nach Glück! – Am Himmel verschlangen sich die Wolken in wunderbaren Formen, und meine immer grüne Phantasie bildete daraus, was ihr eben behaglich war. Doch genug der Poesie. Die Prosa ist: daß ganz Aix nur zwei Kühe besitzt, natürlich weil die armen Thiere nicht von Wein und Oliven sich nähren können, und der Boden für derbes Gras zu idealisch ist. Da mein Frühstück nur immer aus Milch und Butter besteht, so wünschte ich mich auf Augenblicke in ein deutsches Grasfeld zurück. –
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Wir begegneten einem jungen Pächter von seltener Schönheit. Ein grauer breitgerändeter Hut beschattete das jugendliche Gesicht und die übrige Kleidung war von blaßgelber Farbe. Malerisch saß er auf seinem glänzenden Maulthiere und so stolz, als wär's ein Königsthron. –
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Nächst Brignolles, ein großes Dorf mit Kirche, links auf einer felsigen Anhöhe, ganz licht , aber von dunkelblauen Bergen umgeben, gefiel mir durch seine Beleuchtung. Noch merkwürdiger, daß heute die Luft so herbstlich, als in meinem Deutschland war. Die Wolken flohen in dichten Massen, und nach sechs sonnigen Wochen fielen die ersten Regentropfen wieder. Von Genf, durch ganz Savoyen und die Provence, ausgenommen der Rhone und Arc sind alle Flüsse ausgetrocknet. Der Wein ist hier mehr kriechendes Gewächs und wild und kräftig in seiner Natur. Ein Schloß des Grafen von Parvère beherrscht noch als Ruine die Gegend; es ward in der Revolution zerstört. Ein hübscher Provençale und Winzer erzählte es uns mit der dem Lande eigenthümlichen Liebenswürdigkeit und Feinheit. Wirklich ich glaube, es ist der köstliche Wein, der den Landmann hier vergeistigt, denn noch nie sah ich durchgehends unter dem Volke so viel Ausdruck und Ruhe. Wie verschieden von dem unruhigen, zerstreuten, in Politik und Gewinn athmenden Pariser! Dort alles Kunst, hier Natur. Dort waltet die Macht unzählicher, ineinander greifender Verhältnisse, hier ists der Segen Gottes und ein harmloses Völkchen empfängt ihn. In der Beobachtung des Landvolkes kenne ich die ganze Nation. Die höheren Stände sind sich ja überall gleich; der sogenannte Umgangston hat sie Alle so überkleistert, daß die Naturfarbe schwer zu errathen ist.
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