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spricht. Weg mit den brillanten Pariser soirées musicales! –
Von dem Gedanken an irische Volksmusik, komme ich unwillkürlich auf das Gebiet der Kunst selber, von dieser auf ihre Lieblinge, und da preise ich die schaffende Gewalt und Güte Gottes, die einen armen Menschen schon in dieser Welt so reichlich ausstattet. Doch giebt es auch falsche Künstler und für beide einen Probierstein. Wer auch in Noth, ohne Hoffnung, und in uneigennütziger Liebe bei der Kunst aushält, ist wohl ein ächter Künstler. Er schafft, weil er muß; wie z. B. Gomis und viele Andere, die trotz aller Hindernisse, die während ihres Laufes ihnen den Weg zur ausübenden Kunst versperrten, doch endlich durchbrachen. Diese schöpferische Kraft in ihrer Rückwirkung erzeugt ein Gefühl der Befriedigung, dem nichts zu vergleichen ist. Der ächte Künstler giebt und nimmt. Das Lob, was ihm wird, gilt eigentlich dem Siege der Wahrheit. Auch ist er erhaben über das Alltagslob der sogenannten Selbstanbeter. Er buhlt nicht um die Gunst, als goldnes Kalb zu figuriren, das der tollen Menge zur sündlichen Verehrung dient. Der falsche Künstler hingegen hat sich ohne Weihe und innere Berufung in das Reich der Kunst einzuschwärzen gesucht; er ist ein Miethling oder ein verkünstelter Handwerker. Aus seinem unlautern Grunde, gleich aus einer pfützigen Cisterne, schöpft er mit dem Wasser allerlei Ungeziefer. Er quäle sich noch so sehr mit Theorie – ein Irrlicht glänzt auch, aber der Sumpf ist sein Element. Auch find seine Produktionen Zerr- und Trugbilder. Lüge ist ein Mord an der Wahrheit,
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und kann nur scheinbar siegen. So ein vermeintlicher Künstler kennt keinen andern Sporn, als Ehrgeitz und Lob. Kein Lob, und es giebt für ihn keine Kunst mehr – kein Champagner, und siehe! aus ist's mit der Begeisterung. Ich möchte mehr über das innere Leben des ächten Künstlers sagen, wenn ich nur meine Gedanken recht auszudrücken wüßte! Es ist überhaupt schwer, seine so mystische Natur zu begreifen und etwas zu beurtheilen, was ganz über das gewöhnliche Maaß hinausragt. Das bleibt aber wahr, was ihr äußeres Leben betrifft, so kommen die Künstler in der Wunderlichkeit alle überein. Ja, da müssen Musiker, Maler, und nebenbei Poeten und Gelehrte sich einmüthig die Hände reichen, denn hierin sind sie Geschwister-Kinder. Ich finde dieß auch natürlich. Was sind die Convenienzen des äußern Lebens auch anders als Schattenbilder für den, in dessen Innerem eine schaffende Kraft zum Bewußtsein gekommen, nun in tausend herrlichen Blüthen ausbricht! Sey es nun Fuge oder Pinselstrich, Vers oder Modell, – Geist, Wahrheit und Kraft bedingen sie, und so gehören sie nicht diesen Räumen, sondern der Ewigkeit an. – Nichts erschließt mir mehr das innere Leben des wahren Künstlers, als jene Scene, da der edle Seemaler Joseph Verne[t], während eines Sturms an einen Mastbaum gebunden, sich gleichsam in der großen Werkstatt der Natur häuslich niederläßt, ganz Auge, ganz Ohr, während die Mannschaft mit dem Tode, das Schiff mit den Wellen ringt und als ein großer Sarg in den Abgrund zu sinken droht.
Mit diesem Briefe erhältst Du noch, geliebter Vater!
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