BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Magdalena von Dobeneck

1808 - 1891

 

Briefe und Tagebuchblätter

aus Frankreich, Irland und Italien

 

1843

 

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Küste von Irland, wo auch wirklich ein Kaufmannsschiff, nach einigem Widerstand, ihn an Bord nahm. Es herrschte nämlich, wie man sagt, in Irland ein Gesetz, nach welchem der Sklave im siebenten Jahre Freiheit erhielt, und so habe, wie etliche meinen, Patrick die Freiheit erlangt. Bald landete er an der gallischen Küste und begrüßte Verwandte und Freunde. Nur einen Wunsch kennt er jetzt, den, die verlornen Jahre des Knabenalters durch eifriges Studium zu ersetzen. Das berühmte Kloster St. Martin, unweit Tours, schien dazu ihm geeignet, und nach vierjährigem Aufenthalt empfing er die Weihe. Irland blieb jedoch ihm tief eingeprägt, und wachend und träumend beschäftigte sich damit seine Seele. Einst erschien ihm im Traume ein Bote aus Irland, er trug unzählige Briefe und einer hatte zur Aufschrift: „Die Stimme der Irländer.“ Da war es ihm, als höre er menschliche Stimmen vom westlichen Meere, aus dem Walde Foclut,16 die riefen: „Wir bitten dich, heiliger Jüngling, komme und wandle wie früher unter uns!“ So tief war mein Herz bewegt, erzählt St. Patrick, daß ich nicht weiter lesen konnte – und erwachte. – Die Mittheilungen, die er selbst auf einfältige Weise giebt, haben überhaupt nichts von dem Wunderbaren, womit die Legenden über sein Leben gewöhnlich angefüllt sind. Aus jenem Traume, zum Theil natürliche Wirkung einer warmen und frommen Einbildungskraft, erkennt  man  nur,  wie  theuer  ihm  Irland  gewesen,  und  daß  er  sich  bereits  mit  der  Ausführung  eines  heiligen  Werkes  beschäftigte.  –  Er  stand  im  dreißigsten  Jahre,   als   er   sich  der   geistigen 

 

Leitung des sehr erfahrenen St. German von Auxerre übergab, und im Jahr 429 folgte er ihm und Lupus nach England, um dort das Land von den Irrthümern der Pelagianer zu reinigen. Neun Jahre später sehen wir ihn in einem Kloster zu Lerins, auf einsamer Insel des Tuscaner Sees. Die stille Zurückgezogenheit, der Umgang mit den dortigen Brüdern trugen viel dazu bei, ihn immer tüchtiger für seinen künftigen Beruf zu machen. Um diese Zeit beschloß Papst Cölestinus, auch nach Irland Missionare zu senden, und seine Wahl fiel auf Palladius. Dieser, ein Diakon der römischen Kirche, und später Irlands erster Bischof, gewann zwar einige Seelen für das Christenthum, aber bald zwangen ihn seine Feinde zur Flucht, und von einem Sturm an Englands nördliche Küste getrieben, starb er zu Fordun. So viel ist gewiß, daß Gott nicht Palladius, sondern St. Patrick als Werkzeug zur Bekehrung Irlands ausersehen hatte. St. Patrick, von St. Germain nach  Rom  gesandt,  hatte  eben  vom  Papst  die  Erlaubniß,  als  Missionar  nach  Irland  abzugehen,  erhalten,  als  Palladius  schon  angelandet  war.  Was  war  natürlicher,  als  daß  man  nach  seinem  Tode  Patrick,  der  eben  durch  Frankreich  reiste,  freudig  entgegen  eilte,  um  ihn  zum  Nachfolger  zu  ernennen.  In  Ebora  empfing  er  die  Bischofs-Weihe, und nach kurzem Aufenthalte in Eng­land  landete  er  bald  in  der  Nähe  von  Dublin.  In  einigen  Orten von Leinster fand er Widerstand; dieser Um­stand und der Wunsch, seinen alten Milcho zu bekeh­ren,  die Sehnsucht  jene  Gegend,  wo  er  seine  Kindheit  verlebte, wieder   zu  sehen,  trieben   ihn  nach   Strangfort  (heutige

 

 


 

Szenen aus dem Leben des St. Patrick (Kolorierer Kupferstich von Adriaen Collaert, 1603), Quelle: National Gallery of Ireland