BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Magdalena von Dobeneck

1808 - 1891

 

Briefe und Tagebuchblätter

aus Frankreich, Irland und Italien

 

1843

 

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Riesengenie erstaunt. Ich bat um einige historische Notizen über Irland. Erzählen Sie mir, ich bitte, von der Abstammung dieses Volkes, von Naturscenen, u. dergl. Gerne! Gerne! erwiderte er mit einem Lächeln, das allen gelehrten Fältchen den Tod drohte. Er rückte näher; eine Vorlesung also, ein Capitel aus – Wie Sie wollen, ant­wortete ich. Sie bereichern so meine Briefe nach Deutsch­land, denn was Sie mir sagen, soll zu Protokoll genommen, nicht eben in die Schatzkammer einer deutschen Academie, aber doch in eine Gelehrten-Stube einlaufen. Sind Sie Schriftstellerin? fragte er hastig – Ach nein, nur eine Plaudertasche! Dieses nie gehörte Wort eröffnete ihm nun ein Feld, so groß wie die Lüneburger Haide, ein Feld für tiefe Forschungen. Ob es ein ächtes Wurzel-Wort sey, ein aus fremden Sprachen nach Deutschland emigrirtes? – Ich bitte mein Herr, erwiederte ich ungeduldig, woher kommt es wohl, daß die Irländer meistens südliche Gesichtsbildung haben, dunkle Haare, schwarze Augen? Ja, eben wollte ich beginnen, Madame! man glaubt nämlich, daß die Irländer von spanischer Abkunft seyen. Die Phönizier vermischten sich, wie Sie vielleicht wissen, (hier nahm ich eine finstere Miene an,) mit der Urrace der Celten. Frühe lebten sie, in den Gegenden der spanischen Küste, im Verkehr mit den Irländern. Auch kam eine Co­lonie Spanier herüber in ihr Land, und ihre ältesten Reli­gionsgebräuche deuten darauf hin, daß Keltische Stämme Irland  bevölkerten.  Auf  ihren Hügeln  und  Ebe­nen  liegen  noch  die  zerstreuten  Überreste  ihres  Götzen­dienstes. Hier  ein Zirkel  aufgerichteter  Steine,  der  einen

 

Altar oder Gerichtsstuhl vorgestellt, (ungehauene Säulen) bei den Phöniziern das Symbol der Sonne, dort jene martervollen Götzendienste, wo Kinder als Brandopfer fallen mußten. In Irland nannte man diese blutige Stätte Magh-Sleacht oder der Schlachtort. Magh-Sleacth, so hieß, nach einem irischen Götzen: Crom Cruach, ein Stein, (mit Gold eingefaßt) der von zwölf rohen Steinen umgeben war. Jedes Volk, das Irland erobert hatte, also jede sich hier festsetzende Colonie betete diesen Crom Cruach an, bis zum Erscheinen des Apostels St. Patrick. Es wurden alsdann die Erstgebornen von Menschen und Thieren den Götzen hingeopfert. Tighernmas Mac Follaigh, König von Irland, bestätigte diese Opfer durch Befehle. Es mußten Männer und Frauen so lange vor dem todten Steine, zur Erde gebückt, liegen,  bis  aus  Nasen,  Stirnen,  Ohren  und  Ellenbogen  das  Blut  in  Strömen  drang.  Viele  blieben  todt  liegen,  und  daher  der  Name  des  Orts  Magh-Sleacth,  ein  Schlachtort.  Durch  den  Verkehr  der  Phönizier  mit  Persien  kam  von  dortauch  nach  Irland  die  Anbetung  des  Feuers.  Ihre  Priester  nannten  sie,  wie  die  Perser,  Druiden  und  Magier;  letztere  warnten  den  König,  zur  Zeit  St.  Patrick's,  nicht  wenig  vor  den  Folgen  des  neuen  Glaubens.  Bei  den  Phöniziern  war  die  Sonneder  Hauptgegenstand  ihrer  Verehrung,  so  auch  bei  den  Irländern,  unter  dem  Namen  Baal  oder  Bel.  –    St.  Patrick  sagte  daher  in  Bezug  auf  diesen  Götzendienst  in  seinen  Bekenntnißen:  „Die  Sonne,  welche  wir  sehen,  geht  täglich  nach  dem  Befehl  Gottes  uns  zum  Dienst  und  Nutzen  auf, doch regiert sie

 

 


 

Magh Sleacht