|
werden streng, aber nicht ängstlich beobachtet. Eine Variation, aus Octaven bestehend, wie sie der Octavenkönig, Kaltbrenner, ausführt, gewährt wirklich großen Genuß. – In einer glänzenden musikalischen Soiree hatte ich auch Gelegenheit de Beriot's vollendetes Violinspiel zu bewundern, so wie Labarre, den man für den ersten jetzt lebenden Harfenspieler schätzt. Es ist wahr, sein Vortrag ist idealisch schön, nur finde ich die Wahl seiner Compositionen nicht befriedigend, für jemand, der den Potpourri's und Divertissements den Tod geschworen hat. Womit soll ich solch' arme Dingerchen, die Schmach der divina musica, vergleichen?
In der Scheuer blieb der Kern,
Ach! nur Spreu wird aufgetragen!
Ueberhaupt ist es mir schmerzlich, zu sehen, wie die genialsten Künstler dem Effect als Opfer anheimfallen. Statt daß sie die alten Kern-Meister im Kämmerchen studierten, huldigen sie dem Zeitgeschmack, ihrem Götzen: Effekt. Diese oder jene Operette mit ihren Arietten wird ausgesaugt, hundertmal aufgewärmt in Phantasien, Nocturnes u. d. g. und drüber die beste Kraft und die edle Zeit versäumt, unwiederbringlich verloren. – Wenn ich so einen Kram der modernen, bis in den Himmel erhobenen Klavier-Componisten vor mir habe, weiß ich nicht, wie mir geschieht – ich möchte entzückt werden, aber es geht eben nicht. Ja, sie kommen mir vor, wie musikalische Jongleurs und Seiltänzer, Effekt- und Originalitåts-Jäger, Raketen-Feuerwerker, coquettierende, convulsivisch verliebte Romantiker.
|
|
Ich vermisse das Wesen der Kunst, ich meine: Einfachheit, Klarheit, Gelassenheit und Wahrheit der Empfindung.
Wo sind, ach! meine Meister und jene Zauberkraft,
die meinen Geist erhebet, dem Herzen Freude schafft?
Wer ist doch jene Dirne, die unverschämt sich trägt, ???
und schmeichelnd sich an Ohren und an die Sinne legt?
Ein Schlangenthier, so giftig, die Heil'ge ist es nicht,
die Blumen in das Leben des armen Pilgers flicht.
_________
Wie es aber in Paris für jedes Gift auch an einem Gegenmittel nicht fehlt, so findet sich für diese musikalischen Indigestionen ebenfalls eine treffliche Heilanstalt. Ich meine das Conservatoire.
Vollkommener, als hier, werden die Beethoven'schen Sinfonien wohl nirgends ausgeführt. Das Orchester besteht aus lauter Künstlern, die aber so zu einem vollendeten Ganzen vereinigt und verschmolzen sind, (Hier ist eine Zeile herausgenommen worden, die doppelt war) daß der Einzelne in der Gesammtheit verschwindet, und ein Hauch, ein Leben Alle zu beseelen scheint. Ich hörte hier die D-dur Sinfonie: ja, was soll ich sagen? wie kann ich das Unaussprechliche in Worten ausdrücken? Besonders wird mir das Andante aus A-dur mit seinen überirdischen Melodien stets unvergeßlich seyn. Es war, als wenn der Genius des unsterblichen Meisters unsichtbar die Instrumente beherrschte, und jeden Ton nach seinem Willen lenkte. Beethoven wird hier sehr verehrt, ein Zeichen, daß das wahre Genie überall zu Hause ist. Auch in Paris schrumpfen alle Potpourri's und Divertissements-Krämer vor dem Klang seines großen
|
|