BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Adelbert von Chamisso

1781 - 1838

 

Keine Kritik, eine Hinweisung

 

entstanden November 1835

 

Text:

Adelbert von Chamisso, Gesammelte Werke in 2 Bdn.

Hrsg.: W. Feudel, Leipzig 1981

 

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Keine Kritik, eine Hinweisung

 

1) Autobiographie von F. W. Krampitz. Erster Band. Jugendgeschichte. (Danzig. 1831.)

2) Entstehung der Blumen. Ein idyllisches Gemälde. Nebst zwölf lyrischen Gedichten von F. W. Krampitz. (Danzig. 1830.)

3) Gnomen und Epigramme, nebst andern Gedichten von F. W. Krampitz. (Danzig. 1832.)

4) Blüthen der Erinnerung und der Phantasie von F. W. Krampitz. Zweite vermehrte Auflage. (Danzig. 1833.)

5) Gesänge religiöser Begeisterung von F. W. Krampitz. (Danzig. 1834.)

 

Ich kann es einem Rezensenten nicht verargen, unbarmherzig gegen den zu verfahren, der bei gesunden Gliedmaaßen zu jedem ehrlichen Handwerk tüchtig, aus Faulheit oder Dünkel sich unterfangt, aus der Verfertigung überflüssiger Verse, Novellen u. dgl. m. seinen Broderwerb ziehen zu wollen. Aber mildere Behandlung verdient der Unglückliche, der in früher Kindheit erblindet, in großer Dürftigkeit aufgewachsen, nichts unversucht gelassen hat sich durch Studien zu irgend einer wissenschaftlichen Wirksamkeit zu befähigen, und den für seinen Lebensunterhalt zu sorgen, ein mißgünstiges Schicksal auf die in ihm erwachte Liederstimme angewiesen und beschränkt hat.

F. W. Krampitz ward am 13. Juni 1790 zu Danzig geboren, und verlor nach mehrjähriger Augenkrankheit gegen 1804 das Gesicht. Der Blinde faßte den Entschluß, die lateinische Sprache zu erlernen und sich für akademische Studien vorzubereiten. Er glaubte auf den gefälligen Unterricht eines befreundeten Kandidaten der Theologie rechnen zu dürfen, und lernte vorläufig, mit der Hülfe eines jüngeren Bruders, nicht nur beinah die ganze Grammatik von Lange, sondern auch, ohne sie zu verstehen, mehrere Kapitel aus dem Cornelius Nepos und dem Cicero auswendig: sein Lehrer zog sich von ihm zurück. Ein Schulrektor mochte sich mit ihm nicht befassen und verweigerte ihm den Eintritt in seine Schule. Gleich unglücklich erging es ihm mit der Musik, worin er keinen gründlichen Unterricht erlangen konnte. Schillers Lyra war mächtig anregend in seiner Nacht erklungen; er sang seine ersten Verse:

 

«Holde Gegend, die mir im Entzücken

Ihres Anblicks einem Eden glich,

Deine lachenden Gefilde schmücken,

Ach, auf immer sich umsonst für mich:

Wenn im bunt gestickten Blumenkleide

Dir der jugendliche Frühling lacht,

Nah ich Dulder trauernd dir und scheide

Wehmuthsvoll, gehüllt in ewge Nacht.»

 

Er hat, wenn gleich nicht Rang unter den ersten Dichtern Deutschlands genommen, doch seiner nächsten Umgebung und dem Momente Genüge gethan. Ich weise beikommende Hefte, die sich zu mir verirrt haben, dem «Gesellschafter» und den Rezensenten zu; *) ich selber richte nicht, auf daß ich nicht gerichtet werde.

 

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*) Was Chamisso hier sagte, reicht aus: es möge Theilnahme erregen für den Erblindeten, damit jeder, der zu thätigem Wohlwollen die Mittel hat, zu dem ihm nächsten Buchhändler schicke und sich eines oder mehrere der Bändchen, die hier angezeigt sind, holen lasse. D. R.