Clemens Brentano
1778 - 1842
Der andere Brentano
Gedichte
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Die Wärme fragt den SchmetterlingWarum er sich so härmeWarum er so die Flügel hingUnd nicht sehr freudig schwärme,Der Schmetterling zur Wärme sprachWeil ich die Flamme liebeSie zieht mich an, ich zieh ihr nachGelegenheit macht Diebe –Die Flamme hat ein Röckchen anDas ist weit ausgeschnittenDa hab ich mir oft weh getanHab große Glut erlittenEs zog mich hin das süße LichtDas von den Schultern zücketDa ward ich übel zugericht'tUnd bin noch ganz verrücket.Ich habe mir die Flügel buntAm Nacken blank versengetAn mir ist gar nichts mehr gesundEs ist mein Tod verhänget.Die Wärme sprach, du armer WichtDie Flamme das nicht wußte –An so was denkt die Flamme nicht,Daß sie dich ärgern mußte –Warum hast du ihrs nicht gesagt,Sie hätt' sich gleich bedecket,Der Schmetterling sprach, oft geklagtHab ich's und nichts erzwecket,Sie flackerte stets lichterlohHeraus an allen EckenNur wo Glut war, war's nicht so –Da könnt sie sich verstecken.Und endlich war ichs gar gewöhnt,Fühlt mich heraus gefordert,Und finde sie jetzt gar verschöntJe mehr die Schulter lodert. –Die Wärme sprach, es kann nicht seinDie Flamme ist unschuldigSie weiß das Wort vom MühlensteinVom Ärgernis, das schuldig.Sie hat mich lieb, mir nur vertrau,Sie folgt mir ohn Verdrießen,Sie macht sich jetzt ein Röcklein grauDas sich am Hals wird schließen.
Da dankt der arme SchmetterlingUnd glaubt der Wärme treulichUnd als er zu der Flamme gingDa war's ihm gar erfreulichDaß sie das graue Zeug ihm zeigtUnd wie gefällt dirs? fragteDie Asche deckt die Flamme leichtEr zu der Lieben sagte.
(Und hat dem Wort der Wärme festUnwandelbar getrauetDas Röcklein, das sie machen läßtWird ohn Gefahr beschauet.Ich bin zu schlecht, ich wars nicht wert,Daß sie um mich es tueWenns nur der Wärme wird gewährt,Komm ich doch mehr zur Ruhe!S' tut freilich weh, mein Leben habIch um die Flamm gegeben.Sie tut drum keinen NadelstichIch muß in Ängsten schweben.Der Schmetterling glaubt sicherlichTät alle Blumen weckenUnd schwur: der Flamme Schulter sichMit grauer Asch' wird decken.)Und sieh, die Flamme sprach, mein FreundDie Wärme läßt dich grüßen,Sie hat es gut mit dir gemeint –Will dir dein Leid versüßenSie bittet mich: Kannst du auch nichtDen armen Schelmen liebenDen deine Glut vom SonnenlichtZur Flamme hat getriebenSo ist es doch nur kleine GunstDein Röcklein so zu schneiden,Daß er in deiner Reize BrunstNicht muß den Tod erleiden.Wenn er dies wen'ge nur begehrt,Der Alles dir gegeben,So sei die Laune ihm gewährt,Für sein mühselig Leben.So und dergleichen andres vielDie Flamme ihm erzählteEr glaubte freudig sich am ZielWeil sie dies nicht verhehlte.Der Schmetterling traut sicherlichTät alle Blumen weckenUnd schwur, mit Asche werde sichDer Flamme Schulter decken.Und nichts hat er geglaubt so fest,Und hat sich drauf verschworenDem Nord, dem Süd', dem Ost, dem WestDie spitzten all die OhrenUnd trauerten, solln wir nicht mehrDer Flamme Schulter küssenUnd auf der grauen Asche schwer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . büßen.Kommt Zeit, kommt Rat, wir kennen auchDer Flamme flüchtig WesenDie Asche ist wohl gar dem RauchNur so ein Traum gewesen,Wir dürfen unsern TummelplatzEin wenig an nur kühlenWeht Asche fort, und überm SchatzWird neu die Flamme spielen.
Der Schmetterling war unverzagtSich alles Heils gewärtigUnd als er einst die Flamme fragtIsts graue Kleid bald fertigSprach sie, ich hab es ja schon an,Kannst du's denn nicht erkennen,Der Schmetterling der flog heranUnd seine Flügel brennen –Es war der Flamme Röckchen weitWie früher ausgeschnittenAm Herzen still hat großes LeidDer Schmetterling erlitten.Die Flamme sprach, ich ließ den RandNicht höher auf mir rücken,Stirbt gleich ein andrer hier verbrannt,Will drum ich nicht ersticken.Ich laß mir einen Spenzer nochFür einen Notfall machen,So hielte ich mein Wörtchen dochGott helfe allen Schwachen!
Der Schmetterling, ohn Hoffnung langVerlor nun ganz den Glauben,Doch wird ihm selbst sein UntergangNiemals die Liebe rauben,Denn muß die Flamme von NaturBedecket gleich erstickenSo kann der Schmetterling auch nurHin in die Flamme zücken.Die Flügel sind ihm schon verbrannt,Bald wird den Tod er findenUnd mit ihm wird was er empfandVerwehn in allen Winden.O Schmetterling, flieh Flamm und RauchO schweb doch in die Sonne,Da ist die liebe Wärme auch,Da ist viel Licht und Wonne.O Flamme, die so hell du scheinst,So fein, so fein gesponnen,Auch du kommst noch als Asche einstVerglühet an die Sonnen.Um deine Asche ewig wirdSich seine Asche drehenUnd immer (?) wird der treue HirtAuf dürre Weide säen.Und wird die dürre Weide gutZum dichten Blumenrasen,O mögen dann in treuer HutDie Lämmer drüber grasen.Mir träumt, es naht ein treuer HirtZu sammeln seine Schafe,Der Engel Gruß bald wecken wirdDie Hirten aus dem Schlafe –Gott in der Höh sei Ehr und Preis,Und Friede soll erfüllenDie Menschen auf dem ErdenkreisSo sie von gutem Willen.
Entstanden Mitte der dreißiger Jahre |