BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Sidonia Hedwig Zäunemann

1714 - 1740

 

Poetische Rosen

in Knospen

 

Vermischte Gedichte

Das Ilmenauische Bergwerk

 

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Mein Leser!

 

Wenn du dieses siehst, so wirst du freylich sehr erschrecken, daß, wie ich selbst gestehen muß, nicht wenig Fehler drinne stecken. Allein du wirst mir leicht verzeihen, weil dis die erste Arbeit ist, die man von Berg= und Bergwercks=Sachen von meiner Hand und Feder ließt. Denn was am meisten Schuld daran, daß oft die Reinlichkeit verblieben, ja daß ich öfters rauh und hart und nicht nach Dichter=Art geschrieben; das sind die Berg= und Bergmanns=Reden; die machten mir die größte Müh. Drum schliesse ein vernünftig Urtheil von dieser meiner Poesie.

 

 

Glück auf! Glück auf! wer sucht mich schon

So früh in meiner Ruh zu stöhren?

Glück auf! o Reitzungs=voller Thon!

Was könt ich wohl vergnügters hören?

5

So recht! mein Wunsch trift ein; der klare Ilmen=Fluß

Gibt mir Gelegenheit zu sehen,

Wie weit die Wunder GOttes gehn;

Mein Vorsatz wird erfüllt. Es ist der Bergmanns=Gruß.

Wie zärtlich hör ich Ihn zu vielenmahlen klingen!

10

Wie reitzend sucht er mir durchs Ohr ins Herzen zu dringen!

Wie angenehm und süß kommt mir

Der ungewohnte Zuruf für!

 

Nur fort! wohin? vor Ilmenau!

Da wird dein Geist Vergnügen finden.

15

Vergnügen? Ist die Luft nicht rauh?

Liegt nicht ein festes Eis in Gründen?

Bedecket nicht anjetzt ein tief gefallner Schnee

Die grün= und finstern Tannen=Wälder,

Die sonst mit Klee geschmückten Felder,

20

Der Thäler buntes Kleid und auch der Berge Höh?

Man hört ja, wie mich dünkt, nicht eine Wald=Sirene;

Man hört im Gegentheil ein kläglichs Wild=Gethöne.

Es sieht ja alles dürr und grauß,

Todt, furchtsam und erstorben aus.

 

25

Doch nein! du hegest falschen Wahn,

Versuchs! du wirst dein Herz ergötzen.

Komm! sieh das Berggebäude an,

Dieß wird dich schon in Freude setzen.

Schau dort den Hütten=Rauch, geh eiligst! komm herhey,

30

Und sieh, was Menschen=Hände bauen,

Wodurch wir GOttes Seegen schauen.

Trit her! Du findest hier die alte Güt und Treu.

Wohlan! so will ich nun nicht länger wiederstreben,

Hingegen sehr genau auf alles Achtung geben.

35

Ich fühl auch schon in meiner Brust

Ganz ungemeine Freud und Lust.

 

Was blickt dort vor ein Schein hervor?

Wen hör ich uf dem Zechhaus singen?

Hier will dem HErrn ein Bergmanns=Chor

40

Noch vor der Anfahrt Opfer bringen.

O tröstlicher Gesang! o schönes Sterbe=Lied!

Das Herz wird kräftiglich gerühret,

Und von dem Eitlen abgeführet,

Indem die Andachts=Gluth mich recht zum Himmel zieht.

45

Hier lerne ich die Welt und ihre Lust verachten,

Und meines IEsus Tod und meinen Tod betrachten.

Hie lern' ich, wie man GOtt verehrt,

Bevor man sich zur Arbeit kehrt.

 

Das Auge kan sich überall

50

An Schächten *) und an Tag=Gebäuden,

Bey manchem schönen Wasser=Fall,

Mit Lust und viel Vergnügen weiden.

Drum hält mich nichts zurück, ich steige frisch hinauf.

Der steile Berg gleicht einem Walle;

55

Hier laufen Stürzer uf der Halle,

Ein jeder grüsset mich, und ruft mir zu: Glück auf!

Wohin ich meinen Fuß auf dem Gebürge richte,

Daselbst vergnügt sich auch mein Geist und das Gesichte.

O was vor eine Freudigkeit

60

Erfüllt mein Herz zu dieser Zeit!

 

Was hat nicht dort die Kunst vollbracht!

Ich seh das Wasser von den Teichen,

Uf Wilhelm Ernst den tiefen Schacht,

Zum Künsten sanft und stille schleichen;

65

Bald lauft es schnell und stark. Dieß wallende Crystall,

Kan mir im Winter, wie im Grünen,

Zur lieblichsten Ergötzung dienen;

Bald labt mich sein Gespräng und bald sein steiler Fall.

Die Räder bey der Kunst, das Kehr=Rad läßt mich sehen,

70

Wie alles ordentlich und richtig müsse gehen.

So wächst durch Anfahrt, Rad und Seil,

Des Bergwercks Wohlfahrt, Glück und Heil.

 

Durch eine Rösche spühr ich dort

Das Wasser im Gefluder laufen.

75

Es eilt zur Gottes=Gabe fort,

Das Bergwerck möchte sonst ersaufen.

Hier wird durch Seil und Rad, Erz, Siefer und Gestein,

Nach Wunsch zu Tage ausgetrieben.

Dort müssen sich die Knappen üben,

80

Damit in steter Gluth die Schiefer=Häuser seyn.

Man läufet ab und zu, ja gleichsam um die Wette,

Und machet mit Begier und größtem Fleiß die Bette,

Worauf man denn die Erze rößt,

Und dadurch die Gewerken tröst.

 

85

Am Feld=Gestänge nehm ich wahr,

Wie richtig Künst und Kreutzer gehen.

Ich kan allhier noch ohn Gefahr

Des Berg=Inspectors Aufsicht sehen.

Was klingt mir vor dem Ohr? Wer spielt auf diesem Berg?

90

Wer pfeift, und führt den Tact so schöne?

O! wie vergnügt mich dieß Gethöne!

Nun weiß ich, was hier spielt. Es feilt das Eisenwerck

Ich höre noch darzu so manchen Gruß erschallen,

Dieß dringt durch Geist und Mark, mein Herz fängt anzuwallen.

95

Des Bergwerks Schönheit nimmt mich ein;

Ich will, ich muß ein Bergmann seyn.

 

Ich kan die Regung meiner Brust

Ohnmöglich länger unterdrücken:

Ich muß zu meiner Herzens=Lust

100

Mich mit dem Bergmanns=Kleide schmücken.

Der Schacht=Hut ziert mich schon, nun bin ich ganz verkleidt!

Mein Gruben=Licht hat auch sein Feuer.

Kein unterirrdisch Ungeheuer,

Noch Fahrt, Gefahr noch Müh setzt mich in Bangigkeit.

105

Schweigt stille! denn mein Geist wagt alles durchzugehen.

Schweigt! lasset mich im Berg die Weisheit GOttes sehen.

Glaubt, daß ich jetzt so lustig bin,

Das macht, mir liegt die Fahrt im Sinn.

 

Man wendet zwar darwider ein:

110

Kein Weib soll Mannes=Kleider tragen.

(Wenn es gelegne Zeit wird seyn,

Will ich hierauf die Antwort sagen.)

Man wirft mir weiter vor: Dieß sey nicht mein Beruf

Es sey von GOtt der Weiber=Orden

115

Zum Haushalt nur erschaffen worden;

Man nimmt des Salomons sein Spruch=Buch zum Behuf.

Der König hat zwar recht; allein wer wills uns wehren,

Wenn wir darneben auch uns von dem Pöbel kehren.

Wer straft uns, wenn auch unser Geist

120

Ein Herz voll Muth und Feuer weist?

 

Worzu hat uns die höchste Kraft

Verstand und Muth ins Herz gegeben,

Als daß wir auch nach Wissenschaft,

Und edlen Werken sollen streben?

125

Wie manches Frauenbild macht Kiel und Blat bekant;

Wie manches ist durch Helden=Thaten

Ins Buch der Ewigkeit gerathen.

Spieß, Degen, Blat und Kiel schmückt auch die Weiber=Hand.

Weswegen soll denn nicht ein Frauen=Bild auf Erden

130

Durch Leder, Licht und Fahrt ein kühner Bergmann werden?

Auch diese That muß rühmlich seyn!

Glück auf! ich fahre freudig ein.

 

Zurück; Warum? O nein! mir macht

Die Seiger=Fahrt gar keinen Grauen.

135

Ich, und mein Führer haben acht,

Ich kan ganz wohl den Wechsel schauen.

Mir komt die Seiger=Fahrt wie Jacobs Leiter für.

Hier seh ich, wie die Seraphinen

Den Fahrenden zum Schutze dienen.

140

O! wären sie nicht da, wie trostlos wären wir,

Es müßte unser Leid zerschmettern und zerbrechen;

So aber können wir die Worte frölich sprechen;

Weil dieß der Himmels=Leiter gleicht,

So wird mit GOtt der Flötz erreicht.

 

145

Was zeigt sich hier vor ein Gebäu?

Wie künstlich baut man in der Erde?

Ihr Werk=Verständgen! Sagt nur frey,

Ob oben so gebauet werde?

Das allergröste Haus, der herrlichste Pallast

150

Wird warlich nicht so fest gegründet,

Als man den Berg gezimmert findet.

Hier trägt ein festes Holz die allerschwerste Last.

Venedig ist gestützt und schwebet auf dem Naßen.

Hat dort Semiramis auf Pfeiler bauen lassen;

155

O! so beschämt doch dieser Berg

Dieß beydes, Stadt und Gartenwerk.

 

Jetzt spühr ich wie die Wetter ziehn,

Ich fühle nun die untern Lüste.

Mein Auge wende dich dorthin,

160

Hier siehst du übersetzte Klüfte.

Wie schön und rein und frisch, wie sanft, wie schnell und klar,

Lauft dort das Wasser in Gerinne.

Belustget euch entzückte Sinne!

Gebt den Gedanken Raum! doch seht! was nehm ich wahr?

165

Man stürzet Karren aus: Man drecket Erz und Schiefer,

Hier sitzt es sich gut auf. Doch fort! nur immer tiefer!

Fahrt an des Flötzes gantzen Stoß,

Und uf die Zäuer munter los!

 

Herzu! da geht das Schmeißwerk gut.

170

Wie edel sind alhier die Gänge!

Dort schrämt man mit vergnügtem Muth,

Denn man erblicket Erz in Menge.

Des großen Phisici sein Thränen=volles Buch,

Weiß uns auch Gänge, Gold und Eisen,

175

Gestein und Schiefer aufzuweisen.

So gab schon dazumahl die Grube Erz genug.

Man wußte nach der Kunst die Wasser abzuschützen;

Man fuhr dem tiefsten nach, man blieb nicht oben sitzen.

So bringt des Bergwerks Alterthum

180

Dem Bergwerk nicht geringen Ruhm.

 

Es zeiget mir der alte Mann,

Die lang geweßne Vater=Treue,

Und alte Güte GOttes an.

Ja, jetzt erblick ich sie aufs neue.

185

Geschicke, Anbruch, Flötz lehrt GOttes milde Hand

Und seiner hohen Weisheit Stärke,

Und seiner Allmacht Wunderwerke.

Hier macht sich seine Huld und Liebe recht bekant.

O! solt ein Stoicus in diese Grube kommen,

190

Ich weiß, ihm würde bald sein falscher Wahn benommen;

Er würde mit Ergötzen sehn,

Was hier die Allmacht läßt geschehn.

 

Als GOtt schon bey sich fest gestellt,

Die Felder herrlich auszuzieren;

195

So ließ er auch der untern Welt

Die Fülle seiner Güte spüren.

Gibt uns das Erd=Gebäu Feld, Wiesen, Gärten, Wald,

Korn, Obst und Kraut und andre Gaben,

Die wir zum Leben nöthig haben;

200

So dient das Bergwerck auch zu unsern Unterhalt.

Gold, Silber, Erz und Bley, Salz, Schwefel, Kupfer, Eisen,

Muß uns auf dieser Welt den größten Dienst beweisen.

Woraus man ja den Seegens=Fluß

Des Bergwerks genug erkennen muß.

 

205

Wie sehr wird nicht zur Frühlings=Zeit,

In Gärten und auf bunten Auen,

Das Auge und der Geist erfreut!

O schöne Blumen, die wir schauen!

Allein wagt euch in Berg! kommt! fahret mit mir ein!

210

So findt ihr gleiche Anmuths=Spuren,

Ihr schaut die lieblichsten Figuren.

In Schwülen abgebildt. Bald werdens Blumen seyn;

Bald Bäume, Fische, Kraut; bald andre Lieblichkeiten,

Und Bilder, welche fast der Künstler Werk bestreiten.

215

So siehet nun dieß untre Haus

Gleich wie der schönste Garten aus.

 

Da unsre Eltern das Gebot

Im Paradiese übergangen;

So kam der Fluch: Ihr solt das Brod

220

Durch saure Müh und Schweiß erlangen.

Ja wohl trift dieses zu. Der Bergman trägt den Lohn

Nach naßen Kitteln, Müh und Schrecken,

Und Karren übern Arsch zu drecken,

Nach öftern Mord=Geschrey, an wenig Geld davon.

225

Von Noth und Kümmerniß, von Jammer=vollen Tagen;

Von Elend, Angst und Schmerz kan uns ein Bergmann sagen.

Er wünscht die Berghenn' nach der Schicht,

Und schmeckt sie doch wohl öfters nicht.

 

Ihr Helden! die ihr euch so sehr

230

Auf Degen, Stahl und Lager stützet,

Schaut, ob man hier wofern nicht mehr,

Doch gleiche Tapferkeit besitzet?

Ihr könt ja euren Feind im Feld vor Augen sehn;

Ihr könt zur Linken und zur Rechten

235

Mit Vortheil, klug und muthig fechten;

Ihr werdet doch gewahr, woher die Kugeln gehn.

Ihr könt auch in Gefahr den Unglücks=vollen Streichen

Des Feindes oft geschickt entfliehen und entweichen:

Wodurch sich euer Leib und Geist

240

Dem Unfall und dem Todt entreist.

 

Allein seht unsre Knapschaft an;

Erwegt, mit wem dieselben kämpfen!

Hier drohet uns der alte Mann;

Dort will die Fluth das Leben dämpfen.

245

Seil, Tonne, Rad und Kunst zerquetschen Arm und Bein;

Bald zeigt der Bergmönch unser Ende;

Und bald zerschmettern uns die Wände;

Bald schläfert unsern Geist ein Stempel kläglich ein.

Wir können unsern Feind nicht sehen und entfliehen,

250

Noch uns, wie ihr Feld, so leicht zurücke ziehen.

Drum auch die Grube, gleich dem Feld,

Viel tapfre Streiter in sich hält,

 

Wenn Krieger nach dem Lager ziehn,

So ist ihr Marsch ein Weg der Freuden:

255

Da wir vielmehr das Eitle fliehn,

Und unsern Geist in Andacht weiden.

So wohl die Fahrt als Gang zeigt größre Sittsamkeit,

Als jene Reise muntrer Helden.

Was wollt ihr viel von Schiesen melden?

260

Wir sind so gut als ihr zu dieser That bereit.

Ihr zündt das Pulver an, und schießt nach Maur und Wällen;

Wir wissen das Gestein im Berg zu zerschellen.

Ihr brechet durch, nach Kriegs=Gebrauch,

Und sprengt den Stein; wir gleichfalls auch.

 

265

Wenn Helden nach der blutgen Schlacht

Die angenehmste Ruh genießen;

So läßt der Bergmann in dem Schacht

Den heisen Schweiß von Wangen fliessen.

Die Knapschaft hat stets Krieg, sie ruhet niemahls aus,

270

Allhier ist ein beständig Streiten,

Man hat die Feinde stets zur Seiten.

Drum grünt und blüht uns auch ein schöner Ehren=Strauß.

Die Helden rühmt man hoch, die vor dem Feind gestritten.

Wie vielmahl haben wir gekämpft, gekriegt, gelitten?

275

Die Grube läßt uns keine Rast,

Drum sind wir stets zum Streit gefaßt,

 

Wenn unser werthes Vaterland

Ein feindlich Krieges=Heer beziehet.

Und sich der tare Helden=Stand

280

Um Schwerd und Gegenwehr bemühet;

So sieht die Knapschaft auch hierbey nicht müßig zu,

Sie greift auch nach Gewehr und Degen,

Und sucht die Feinde zu erlegen.

Geht also fordert auch der Bergmann Fried und Ruh.

285

Wer dieß zu leugnen denkt, mag nur zurücke sehen,

Was zu Augustens Zeit in Sachsen=Land geschehen.

Man gab der Knapschaft, die man fand,

Schwerd, Bley und Pulver in die Hand.

 

Als Herzog Heinrich der das Land

290

Elysien als Herr regierte,

Des Tarter Fürsts Tyrannen Hand,

Und tollen Christen Blut=Durst spührte;

So zog zwölfhundert Mann von Knappen mit ins Feld.

Sie kämpfen tapfer, kühn und muthig,

295

Und färbten ihre Degen bluthig;

Ein jeder zeigte sich als ein beherzter Held.

Die Knappen haben hier den größten Ruhm erworben;

Als tapfre Helden sind sie in der Schlacht gestorben.

So legte denn ihr Todes=Schweiß

300

Den Grund zu ihren ewgen Preiß.

 

Zurück! zurück! hier giebts Gefahr!

Seht! hier muß Ausgewechselt werden,

Ein jeder nehme seiner wahr!

Getrost! GOtt wohnt auch in der Erden;

305

Die Engel stehn uns bey; sie lagern sich allhier.

Ihr Flügel=Schutz bedeckt uns immer

Vor Ort, bey Künsten, im Gezimmer,

Sie reisen aus der Noth; ihr Antlitz leucht uns für.

Sie unterstützen uns, und fordern die Geschäfte;

310

Erhalten uns gesund, und geben Stärk und Kräfte.

Daher die Husche von uns flieht,

Die sonst die Gruben nach uns zieht.

 

So sehr der Arzt, Hygäens Kind,

Das Auge an den Kräutern weidet,

315

Die er im Feld und Wäldern findt,

Und aus den bunten Gärten scheidet;

So lieblich stellt er sich auch hier das Bergwerk vor,

Warum? es bringt ihm viel Ergötzen;

Es weiß ihm Sachen vorzusetzen,

320

Die voller Anmuth sind. Verwirft sie gleich ein Thor.

Aus Mineralien die aus der Grube kommen,

Wird mancher edler Stein zur Arzeney genommen.

Die Welt denkt mit Verwundrung dran,

Was einstens Theophrast gethan.

 

325

Herr Berg=Inspector! immer fort!

Ich muß das Vorgesümpfe sehen,

Ich muß in diesem tiefen Ort

Auch mit Betrachtung stille stehen.

Wie so? auch dahinnein? Das Wasser rauscht hier sehr.

330

Es hat seit zwölf und noch mehr Jahren

Kein Mensch dieß Vorgesümpf befahren.

Die Kittel werden hier von vielen Wasser schwer.

Das Wasser! laßt es seyn! laßts toben, brausen, stürmen;

Ein Zärtling sucht sich nur vor dieses zu beschirmen.

335

Bleibt nur mein Feuer und sein Schein;

So fahr ich in das Tiefste ein.

 

Dem David wurde ehedem

Von Helden, die im Tode leben,

Dort aus dem Brunnen Bethlehem

340

Ein Trank von Wasser übergeben.

O! hätt ich doch anjetzt ein schönes Glaß bey mir!

Ich wolte meine Sehnsucht stillen,

Und dieses Glaß mit Wasser füllen:

Ich trüg es nach der Fahrt gleich Meinem Herzog für.

345

O! daß ich doch die Hand zu Licht und Fahrt muß haben!

Ich brächte mein Geschenk und tiefste Ehrfurchts=Gaben

Dem Held August in voller Hand,

Gleich wie Sinät in Perser Land.

 

Ich habe nun die Seegens=Spuhr

350

Der Allmacht in der Erd erwogen,

Und aus den Wundern der Natur,

Die schönste Wissenschaft gezogen.

O wie vergnügt bin ich! wie frölich fahr ich aus!

Weg Spielen, Tanzen, Scherz und Schmücken;

355

Das Bergwerk kan mich nur erquicken;

Kein Garten labt mich so, als dieses untre Haus.

Auf! ich muß noch mehr sehn! ich will in nächsten Tagen

Mit gleicher Munterkeit mich auch in Stollen wagen.

Geht, bringt mir Kleid und Gruben=Licht,

360

Damit es mir an nichts gebricht.

 

Glück auf! hier fährt man Seiger zu,

Wir sind nun an das Kreutz=Ort kommen.

Was Wunder, wenn ich frölich thu?

Weil ich viel schönes wahrgenommen.

365

Wie lieblich, rein und klar bricht sich das Frauen=Glaß,

Wie reichlich bricht man Nester=weise

Das Erz zu unsers Schöpfers Preise?

Der Seegen zeiget sich allhier in reicher Mas.

Wie haltig ist das Erz! ich kans nicht gnug betrachten.

370

Wie hoch ist doch die Huld der Majestät zu achten.

Wie süsse wird das Herz vergnügt,

Wenn solcher Schatz vor Augen liegt.

 

Ihr Künstler! bildet euch nicht ein,

Ihr wüstet alles auszuzieren.

375

Des Stollens Gang und sein Gestein,

Weiß schönre Farben aufzuführen.

Kommt! schaut den Sinter an; hier ist er lieblich grün;

Bald will er reinem Purpur gleichen;

Bald muß ihm Schnee an Farbe weichen;

380

Bald scheint sich das Gestein roth, gelb zu überziehen.

Da fügt die untre Luft und Wasser was zusammen.

Daß Bäume mancher Art in kurzen draus entstammen.

Dort setzt sich ein Gewächse an,

Das man nicht gnug bewundern kan.

 

385

O eine Weitung! Tage aus.

Wie mächtig kan das Wasser zehren!

Was lässet sich vor ein Gebrauß,

Vor ein Geräusch und Donnern hören?

Ist es das Stoll=Gespräng? es ists, ich hör es schon.

390

Bald lauft das Wasser still und fachte;

Bald scheints, als ob es Perlen machte;

Bald giebt sein sanft Geräusch den angenehmsten Thon.

Das Echo ruft sonst nur in dick=belaubten Wäldern

Und spricht in Thälern ein, und schwatzt in grünen Feldern;

395

Hier aber hat es auch sein Haus,

Und füllts durch seine Stimme aus.

 

Glück auf! Glück auf! wir sind nun jetzt

Durch dieses Stollens=Mundloch kommen!

Der Himmel hat uns unterstützt,

400

Kein Schwaden hat uns eingenommen.

Nun aber will ich auch die edlen Hütten sehn.

Ich spühr sie schon von ferne rauchen,

Das Holz kan hier nicht dampfend schmauchen,

Sonst könt kein heller Schein von Heerd Oefen gehn.

405

Die Koh=Hütt läßet mir aus allen ihrem Wesen,

Fluth, Bälgen, Oefen, Rad, Kunst, Fleiß und Nutzen lesen,

Dort brennt ein Feuer, welches bleicht,

Daß man dem blassen Tode gleicht,

 

Die Seiger=Hütte sucht in mir

410

Ein Freuden=Feuer anzuzünden.

Sie legt mir ihre Schätze für.

Was ist wohl nützlichers zu finden?

Man macht auf Heerd und Rost das rohe Kupfer gar.

Der Treib=Heerd kan zur Gnüge zeigen,

415

Wie der Gewerken Güther steigen.

Mein Auge nimmt mit Lust die Silber=Röthe wahr,

Wer nur betracht, wie hier das Silber fließt und glühet,

Der meinet, daß er auch ein Bild vom Monde siehet.

Das Silber giebt auch Blumen sat,

420

Woran man tausend Freunde hat.

 

Das Feuer lummert mit Gewalt,

Sein Thon kan Ohr und Geist betäuben.

Kein Donner so durchdringend schallt;

Mich aber kans zum Jauchzen treiben.

425

Kein Regenbogen wird so schön an Farben seyn,

Als hier das Feuer zierlich brennet.

Wer ist, der einen Künstler nennet,

Der also schildern kan? O! seht doch diesen Schein!

Dort ist ein ander Feur von lichten rothen Flammen,

430

Aus welchen wiederum viel neue Farben stammen.

Wie? sind die Hütten und der Berg

Nun nicht mit Recht mein Augenmerk?

 

Beglücktes Bergwerk! das die Hand

Der Allmacht stets mit Seegen krönet,

435

Nein! sage, ist dir nicht bekannt,

Wer sich nach deinem Wachsthum sehnet?

Dein Berg=Inspector sorgt dein Tromler ist bedacht,

Bergmännisch und mit Ruhm zu bauen,

Man kan aus allen Werken schauen,

440

Wie hoch es Sein Bemühn, Kunst, Witz und Fleiß gebracht,

Er pfleget keine Zeit und Mühe zu erspahren,

Den Stollen, das Gebäu und Schächte zu befahren.

Dein Flor steigt auch durch Ihn hinauf,

Drum spricht mein Mund zu dir: Glück auf.

 

445

Durchlauchtigste! die Ihr noch Theil

An diesem Bergwerk habt, vergönnet,

Daß ich Euch wünsche tausend Heil:

Euch, die man billig Götter nennet.

Glück auf! Großmächtigster! Sarmatens=Haupt, August!

450

Glück! auf! Durchlauchtigste von Sachsen!

Ihr müßt biß an den Himmel wachsen!

Lebt, blühet, grünet und prangt zu Eurer Völker Lust;

Glück auf! insonderheit Durchlauchtster dieser Länder!

Die Gottheit schenke Dir gewünschte Liebes=Pfänder!

455

August! Mein Herzog, Fürst und Held!

Dein Saame sey ein Schmuck der Welt.

 

Was fehlt mir noch was wünsch ich mehr?

Glück auf! vortrefliche Gewerken!

Zu eurem Wohl, und GOttes Ehr

460

Läß sich ein steter Seegen merken.

Herr Berg=Inspector auf! Glück auf! zu deinem Amt!

Glück auf! Ihr Berg=Officianten!

Nebst andern Freunden und Bekannten!

Glück auf die Knapschaft leb; die Schmelzer insgesamt.

465

Auf! feyret diesen Tag mit Andacht und mit Freuden.

Das Berg=Fest will ietzt nicht die Grillenfänger leiden.

Ich schweige denn die Feder bricht,

Ja heut ist Fest; ich mache Schicht!

 

 

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*)

Ernst=August, GOtt=hilft=gewiß, Wilhelm=Ernst, GOttes'=Gabe, Güte=GOttes, Treppenschacht, und Neuhaus=Sachsen.