BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Daniel Stoppe

1697 - 1747

 

Drama auf den erlebten Namenstag

Frauen Annen Barbaren Emrichten

 

1732

 

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ACTUS I.

 

Scena III.

 

Der Scholze und der Schulmeister hernach.

 

Der Scholze.

Holla! Herr Schulmeister!

 

Der Schulmeister.

Bonus dies! Herr Gevatter Scholze! Hie bin ich. Was soll ich?

 

Der Scholze.

Ich habe euch was wichtiges zu commeciren. Es betrifft eine Sache, auf der das Aufnehmen der ganzen Commun pernoctirt. Ihr sollt so gut seyn und mir eure Meinung hierüber frey und ohne Scheu entdecken.

 

Schulmeister.

Wenn ich mit meinem Judicio zu dem gemeinen Besten was beitragen kan, so diene von Herzen gern. Nur bitte, mich nicht lange aufzuhalten. Der Herr Gevatter weis wohl, daß ich itzt grade im Begriffe bin, dasjenige hochwichtige Werk mit meinem Scholaren heute wirklich anzufangen, wie ich solches vergangenen Sonntag zum Trost der ganzen Gemeine von der Kanzel öffentlich habe verkündigen oder intimiren lassen.

 

Scholze.

Ja ich besinne mich gar wohl, daß von dem Herrn Pfarr gemeldet worden, daß der Herr Gevatter Schulmeister heute mit seinen Untergebenen den Anfang der lateinischen Sprache machen werde, wozu ich viele Intressen anerwünsche.

 

Schulmeister.

Nota bene! es hat schon 8 Uhr geschlagen. Wenigstens um halber Neune muß ich in der Classe erscheinen oder gewärtig sein, daß die liebe Jugend, me abente, wieder heim lauft und also dieses hochwichtige Vorhaben auf die lange Bank kommt.

 

Scholze.

Der Herr Gevatter lasse sich nur refeliren, was der Gemeinbote Pflaumentoffel in der Stadt von etlichen Bürgern gehört hat. Wie wir hier auf dem Lande das Korn aussäen, so säen auch die Leute in der Stadt das Geld aus, wenn ihnen nun viel aufgehet, so haben sie viel einzuernten. Da dächt ich nu, ob es nicht rathsam wäre, daß wir auf unsern Aeckern eine Probe mit etliche hundert Thalern machten. Wenn die Saat halbwege geräth, ja wenn sie auch nur funfzig fältige Frucht trüge: so hätten wir vor 200, wenigstens 10000 Thlr. einzuernten.

 

Schulmeister.

Das gesteh ich! Ich habe doch mein Lebetage manchen schönen Autorem de magia naturali von Wort zu Worte h. e. verbotenus durchgelesen, aber von einem solchen Recepte sein Geld auf dem Felde zu multipliciren und zwar per modum einer Aussäung und einer darauf erfolgenden Einerntung habe ich nie mals was zu sehen bekommen. Von dieser Materie ist bey allen Scribenten altus silentius. Vor allen Dingen wird hier zu untersuchen seyn ob diejenigen Auctores, von denen unser Gemeinbote diese erstaunenswürdige Proposition gehört hat, probatae fidei sind oder nicht, ich will sagen, ob sie gelogen oder die Wahrheit geredet haben?

 

Scholze.

Die Gelehrten sind doch immer tiefsinniger als andre Leute. Bei meiner Treu! daran hätt ich nicht gedacht. Es ist wahr, es wird mir bald so vorkommen, als wenn an der ganzen Sache nichts dran wäre. Denn wie ich aus des Botens Rede schlüssen kan, so haben's die Leute beym Trunke gesagt, und kan also gar leichte seyn, daß sie sich aus Trunkenheit geirret und nicht gewust haben, was sie reden.

 

Schulmeister.

Ey! es hat sich wohl! Umgekehrt, Herr Scholze! so wird erst ein Schuch daraus. Wir Herrn Lateiner haben einen Canonem, der heist mit einem Worte: In vino veritas, betrunkne Leute reden die Wahrheit. Wofern es sich in der That so verhält, daß diejenigen Leute berauscht gewesen sind, die in Gegenwart des Botens von dieser glorwürdigen Materie dicuriret haben: so ist auch an der Wahrheit nicht zu zweifeln. Ich wollte den gerne sehen, der mir darauf was gründliches opponieren wollte, wenn ich ein Argument daraus mache und per formam syllogismi also schlüsse: Qvicunqve ebrii sunt, illi loqvuntur veritatem; Atqvi illi, qvi Hirschbergae, praesente tabellario nostro, dixerunt, pecuniam in agrum seminatam progerminasse et crevisse, fuerunt ebrii: Ergo exinde seqvitur, qvod veritatem locuti sint. Major per se sua luce radiat; Minorem propositionem habe ich auch nicht nöthig zu probiren, der Gemeinbote ist Bürge davor. So absurde wird der Herr Gevatter Scholze wohl nicht sein, daß er conclusionem negieren wollte. Gelt! ich habe die Sache recht ex fundamento demonstrirt!

 

Scholze.

Der Herr Gevatter wirds am besten verstehen. Ich dächte nu so, weil die Sache doch gleichwohl aus der lateinischen Sprache bewiesen werden kan, so wirds ja müssen wahr seyn.

 

Schulmeister.

Der syllogismus ist in prima figura und da laß ich mir niemanden nichts nehmen. Die Sache ist so gewiß, daß ich alle mein Haab und Gut dagegen verpfänden wollte.

 

Scholze.

Demnach dächt ich nu weiter, daß es nicht uneben seyn wird, wenn wir je eher je beffer Hand ans Werk legen und die Saat bewerkstelligen.

 

Schulmeister.

Zwanzig Thaler geb ich zum Saamen zu Hülfe. Der Himmel verleih uns ein fruchtbares Jahr! indessen wird mein Weg der weiteste sein. Es schlägt accurat halbwege Neune. Valeas Honorande Praetor!

(Schulmeister gehet ab, der Scholze bleibt)