Daniel Stoppe
1697 - 1747
Neue Fabeln oder Moralische Gedichte,der deutschen Jugend zu einemerbaulichen Zeitvertreibe aufgesetzt.
Theil II1740/45
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[2.18] |
Der Hottentotte.
Ein Freund von tadeln und von spotten,Auf deutsch, ein Deutscher, kam zu einem Hottentotten,Um dessen Lebensart, die mehr als säuisch schien,Mit eignen Augen selbst zu sehn und durchzuziehn.Freund! sprach er, zeigt mir doch, was ihr für Knaster rauchet,Weil, wie die Rede geht, die Mode bey euch ist,Daß ihr den ElephantenmistMit größtem Appetit, anstatt des Tabacks, schmauchet.Ich zweifle noch daran mit Recht und Billigkeit,Denn, wenn ihr, wie es scheint, doch wirklich Menschen seyd:So würdet ihr euch auch, als Menschen, billig schämen,Dergleichen garstig Zeug auch nur ins Maul zu nehmen;Ihr müßtet denn nun gar leibhaftig Säue seyn.O! sprach der Hottentott, ich muß nur euer lachen;Denn, daß wir Menschen sind, das räumt ihr selber ein,Und gleichwohl wollt ihr uns dadurch zu Säuen machen,Weil unsrer Nation der Taback hier zu LandeSo gut, als euch der Knaster, schmeckt.Ist das denn eben eine Schande,Daß unser Appetit sich nach der Decke streckt?Ein iedes Land bedient sich seiner Gaben:Sind wir denn Schuld daran, daß wir nichts Beßres haben?Indessen, fuhr der Deutsche fort,Bleibt dieses doch ein wahres Wort:Wem Mist und Unflat schmackhaft scheinen,Den zählt man billig zu den Schweinen.Wo rechnet ihr euch hin? ihr Herren Hottentotten!Hört, sprach der Wilde drauf, ihr dürft uns gar nicht spotten,Wischt euch nur selbst den SchneppendreckErst von dem eignen Maule weg;Wenn ihr uns Schweine nennt: Wie soll man euch denn heissen?
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Wer, wie dort unser Günther 1) spricht,Ein Dach von Glase hat, muß andern Leuten nichtMit Steinen auf die Häuser schmeissen.
―――――――― 1) Johann Christian Günther (1695 - 1723), schlesischer Dichter. |