|
|
-
- A n t h o l o g i e
a u f d a s J a h r 1 7 8 2
- _________________________________________
- [263]
- Der Satyr und meine Muse.
_________
Ein alter Satyr spukte
Um meine Muse, die
Umherzog und begukte
Durch eine Brille lüstern sie.
- 5
- Bei Phöbus goldner Fakel,
Bei Lunas bleichem Licht,
Schlich um ihr Tabernakel
Der arme spizgeöhrte Wicht,
Und trillte manches Liedel
- 10
- Zu ihrer Schöne Preiß,
Und strich auf seiner Fiedel
Wol manche fürchterliche Weis.
- [264]
- Und seine Augen schwollen
Von Thränen Nüsse groß,
- 15
- Und seine Seufzer schollen
Wie Lieder von Silenus Roß.
Die Muse saß und spielte
In ihrer Grotte drinn,
Sah grämlich aus, und schielte
- 20
- Auf Herrn Adonis Boksfuß hin.
Dich garstigen Pedanten!
Wer dich auch küssen soll!
Spielst du nicht den Galanten
Wie Meister Midas den Apoll?
- 25
- Sprich alter Hörnerträger!
Was ist scharmant an dir?
Schwarz bist du wie ein Neger,
Rauch bist du wie ein Zottenthier.
- [265]
- Mich liebt ein junger Sänger,
- 30
- Fern im Teutonenland,
An ihn den Saitenschwinger
Knüpft mich ein ewig Liebesband.
Sie sprachs und husch! und wischet
Dem Räuber aus, er nach,
- 35
- Von Amorn angefrischet,
Und haschte sie und plerrt und sprach:
Halt an! Halt an! du Spröde!
Halt an und höre mich!
Dein Dichtergen, ich wette!
- 40
- Bedankt sich noch gar säuberlich.
Schau dieses hübsche Dingel,
Zu melden ohne Ruhm
Auf manchem breiten Bengel,
Flog weidlich frisch das Dingel 'rum.
- [266]
- Das pfeffert sein Geschwäze,
Und würzet seine Lehr,
Und macht dir derbe Säze
Auf Kapp und Stekengäulen her.
Das beste Lied gewinnet
- 50
- Durch dieser Geisel Wut,
Was von der Geisel rinnet,
Ist doch nichts mehr als – Narrenblut.
Die Geisel soll er haben,
Gibst du mir einen Schmaz,
- 55
- Und du kannst weiter traben,
Mamsell, zu deinem teutschen Schaz.
Die Muse, schlau besonnen,
Ging den Vertrag bald ein –
Der Satyr ist entronnen,
- 60
- Die Geisel ist nun mein!
- [267]
- Und soll auch hier nicht feyren,
Das glaubt mir kek!
Die Küsse seiner Theuren
Schenkt man doch in den Tag nicht weg.
- 65
- Sie werden Flammen sprühen,
Doch Narren zünden nie!
Vor Würden soll die fromme Muse knieen,
Doch Würdenschänder geiselt sie.
P.
|
|