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- A n t h o l o g i e
a u f d a s J a h r 1 7 8 2
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- [190]
- An Minna.
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Träum' ich? Ist mein Auge trüber?
Nebelt's mir ums Angesicht?
Meine Minna geht vorüber?
Meine Minna kennt mich nicht?
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- Die am Arme seichter Laffen
Blähend mit dem Fächer ficht,
Nimmer satt sich zu begaffen? –
Meine Minna ist es nicht.
Von dem Sonnenhute niken
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- Stolze Federn, mein Geschenk,
Schlaifen, die den Busen schmüken,
Rufen: Minna, sei gedenk!
- [191]
- Blumen, die ich selbst erzogen,
Zieren Brust und Loken noch –
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- Ach die Brust, die mir gelogen! –
Und die Blumen blühen doch!
Geh! umhüpft von leeren Schmeichlern!
Geh! vergiß auf ewig mich.
Ueberliefert feilen Heuchlern,
- 20
- Eitles Weib, veracht' ich dich.
Geh! dir hat ein Herz geschlagen,
Dir ein Herz das edel schlug,
Groß genug, den Schmerz zu tragen,
Daß es einer Hure schlug.
- 25
- Schönheit hat dein Herz verdorben,
Dein Gesichtgen! schäme dich.
Morgen ist sein Glanz erstorben,
Seine Rose blättert sich.
Schwalben, die im Lenze minnen,
- 30
- Fliehen, wenn der Nordwind weht,
Buler scheucht dein Herbst von hinnen,
Einen Freund hast du verschmäht.
- [192]
- In den Trümmern deiner Schöne
Seh ich dich verlassen gehn,
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- Weinend in die Blumenscene
Deines Mays zurüke sehn.
Die mit heißem Liebesgeize
Deinem Kuß entgegen flohn,
Zischen dem erloschnen Reize,
- 40
- Lachen deinem Winter Hohn.
Schönheit hat dein Herz verdorben,
Dein Gesichtgen! – schäme dich.
Morgen ist sein Glanz erstorben,
Seine Rose blättert sich –
- 45
- Ha! wie will ich dann dich höhnen!
Höhnen? Gott bewahre mich!
Weinen will ich bittre Thränen,
Weinen Minna über dich.
M.
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