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- A n t h o l o g i e
a u f d a s J a h r 1 7 8 2
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- [58]
- Der Triumf der Liebe,
eine Hymne.
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Seelig durch die Liebe
Götter – durch die Liebe
Menschen Göttern gleich!
Liebe macht den Himmel
- 5
- Himmlischer – die Erde
Zu dem Himmelreich.
Einstens hinter Pyrrhas Rüken,
Stimmen Dichter ein,
Sprang die Welt aus Felsenstüken,
- 10
- Menschen aus dem Stein.
Stein und Felsen ihre Herzen,
Ihre Seelen Nacht,
Von des Himmels Flammenkerzen
Nie in Glut gefacht.
- [59]
- Noch mit sanften Rosenketten
Banden junge Amoretten
Ihre Seelen nie –
Noch mit Liedern ihren Busen
Huben nicht die weichen Musen
- 20
- Nie mit Saitenharmonie.
Ach! noch wanden keine Kränze
Liebende sich um!
Traurig flüchteten die Lenze
Nach Elisium.
- 25
- Ungegrüßet stieg Aurora
Aus dem Schoos Ozeanus,
Ungeküsset sank die Sonne
In die Arme Hesperus.
Wild umirrten sie die Hayne,
- 30
- Unter Lunas Nebelscheine,
Trugen eisern Joch.
Sehnend an der Sternenbühne
Suchte die geheime Thräne
Keine Götter noch.
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- [60]
- Und sieh! der blauen Flut entquillt
Die Himmelstochter sanft und mild,
Getragen von Najaden
Zu trunkenen Gestaden.
Ein jugendlicher Mayenschwung
- 40
- Durchwebt wie Morgendämmerung
Auf das allmächtge Werde
Luft, Himmel, Meer und Erde.
Schon schmilzt der wütende Orkan
(Einst züchtigt' er den Ozean
- 45
- Mit rasselndem Gegeissel)
In lispelndes Gesäusel.
Des holden Tages Auge lacht
In düstrer Wälder Winternacht,
Balsamische Narzissen
- 50
- Blühn unter ihren Füßen.
- [61]
- Schon flötete die Nachtigall
Den ersten Sang der Liebe.
Schon murmelte der Quellen Fall
In weiche Busen Liebe.
- 55
- Glükseeliger Pygmalion!
Es schmilzt! es glüht dein Marmor schon!
Gott Amor Ueberwinder!
Glükseeliger Deukalion,
Wie hüpfen deine Felsen schon!
- 60
- Und äugeln schon gelinder!
Glükseeliger Deukalion,
Umarme deine Kinder!
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Seelig durch die Liebe
Götter – durch die Liebe
- 65
- Menschen Göttern gleich.
Liebe macht den Himmel
Himmlischer – die Erde
Zu dem Himmelreich.
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- [62]
- Unter goldnem Nektarschaum
- 70
- Ein wollüstger Morgentraum
Ewig Lustgelage
Fliehn der Götter Tage.
Prächtig spricht Chronions Donnerhorn,
Der Olympus schwankt erschroken
- 75
- Wallen zürnend seine Loken
Sfärenwirbeln gibt sein Athem Sporn,
Göttern läßt er seine Throne,
Niedert sich zum Erdensohne,
Seufzt arkadisch durch den Hayn,
- 80
- Zahme Donner untern Füssen,
Schläft, gewiegt von Ledas Küssen,
Schläft der Riesentöder ein.
Majestätsche Sonnenrosse
Durch des Lichtes weiten Raum
- 85
- Leitet Föbus goldner Zaum,
Völker stürzt sein rasselndes Geschosse;
- [63]
- Seine weissen Sonnenrosse,
Seine rasselnden Geschosse
Unter Lieb und Harmonie
- 90
- Ha! wie gern vergaß er sie!
Zitternd vor der Götterfürstin
Krümmen sich die Götter, dürsten
Nach der Gnade goldnem Thau.
Sonnenglanz ist ihre Schminke
- 95
- Myriaden jagen ihrem Winke
Stolz vor ihrem Wagen prahlt der Pfau.
Schöne Fürstin! ach die Liebe
Zittert mit dem süßen Triebe
Deiner Majestät zu nahn.
- 100
- Seht ihr Chronos Tochter weinen?
Geister kann ihr Wink verneinen,
Herzen weißt sie nicht zu fahn.
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Seelig durch die Liebe
Götter – durch die Liebe
- [64]
- Menschen Göttern gleich.
Liebe macht den Himmel
Himmlischer – die Erde
Zu dem Himmelreich.
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Liebe sonnt das Reich der Nacht,
- 110
- Amors süßer Zaubermacht
Ist der Orkus unterthänig,
Freundlich schmollt der schwarze König
Wenn ihm Zeres Tochter lacht;
Liebe sonnt das Reich der Nacht.
- 115
- Himmlisch in die Hölle klangen
Und den wilden Beller zwangen
Deine Lieder, Thrazier –
Minos, Thränen im Gesichte,
Mildete die Qualgerichte,
- 120
- Zärtlich um Megärens Wangen
Küßten sich die wilden Schlangen,
Keine Geißel klatschte mehr,
Aufgejagt von Orfeus Leyer
Flog von Tityon der Geyer
- [65]
- Leiser hin am Ufer rauschten
Lethe und Kozytus, lauschten
Deinen Liedern Thrazier,
Liebe sangst du Thrazier.
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Seelig durch die Liebe
- 130
- Götter – durch die Liebe
Menschen Göttern gleich.
Liebe macht den Himmel
Himmlischer – die Erde
Zu dem Himmelreich.
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- 135
- Durch die ewige Natur
Düftet ihre Blumenspur,
Weht ihr goldner Flügel.
Winkte mir vom Mondenlicht
Afroditens Auge nicht
- 140
- Nicht vom Sonnenhügel?
- [66]
- Lächelte vom Sternenmeer
Nicht die Göttin zu mir her,
Wehte nicht ihr Flügel
In des Frühlings Balsamhauch
- 145
- Liebe nicht im Rosenstrauch,
Nicht im Kuß der Weste,
Stern, und Sonn und Mondenlicht,
Frühling, Rosen, Weste nicht
Lüden mich zum Feste.
- 150
- Liebe Liebe lächelt nur
Aus dem Auge der Natur
Wie aus ihrem Spiegel!
Liebe rauscht der Silberbach,
Liebe lehrt ihn sanfter wallen;
- 155
- Seele haucht sie in das Ach
Klagenreicher Nachtigallen,
Unnachahmliches Gefühl
In der Saiten Wonnespiel
Wenn sie Laura! hallen.
- 160
- Liebe Liebe lispelt nur
Auf der Laute der Natur.
- [67]
- Weisheit mit dem Sonnenblik,
Große Göttin tritt zurük,
Weiche vor der Liebe.
- 165
- Nie Erobrern, Fürsten nie
Beugtest du ein Sklavenknie,
Beug es izt der Liebe.
Wer die steile Sternenbahn
Gieng dir Heldenkühn voran
- 170
- Zu der Gottheit Size?
Wer zerriß das Heiligthum
Zeigte dir Elisium
Durch des Grabes Rize?
Lokte sie uns nicht hinein,
- 175
- Möchten wir unsterblich seyn?
Suchten auch die Geister
Ohne sie den Meister?
Liebe Liebe leitet nur
Zu dem Vater der Natur,
- 180
- Liebe nur die Geister.
- [68]
- Selig durch die Liebe
Götter – durch die Liebe
Menschen Göttern gleich.
Liebe macht den Himmel
- 185
- Himmlischer – die Erde
Zu dem Himmelreich.
Y.
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