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B  I  B  L  I  O  T  H  E  C  A    A  U  G  U  S  T  A  N  A

 

 

 

 
Albrecht von Haller
Tagebuch seiner Beobachtungen
 


 






 




T a g e b u c h
s e i n e r   B e o b a c h t u n g e n
ü b e r   S c h r i f t s t e l l e r
u n d   ü b e r   s i c h   s e l b s t .


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L X X X I V .

U e b e r   d i e   A u f l a g e n .


1 7 7 0   ( Z u g.   C C I V . )


Le Rétablissement de l'Impot, ist das Werk eines Franzosen von jener Klasse, die mit der besten Absicht, dem Landbaue aufzuhelfen, ihn dennoch durch die darauf gelegte Beschwerde zu Grunde richten wollen. Ihr Irrthum ist, daß alle Auflagen, sie mögen seyn wie sie wollen, endlich auf den Besitzer zurückfallen; wogegen er durch eine Erhöhung der Pachten, und der Pächter durch eine Erhöhung der Preise sich retten muß. Hätte doch der Verfasser nur Hollands Zustand betrachtet, wo in etwa 225 gevierten Stunden brauchbaren Landes anderthalb Millionen Menschen wohnen, die dem Staate 24 Millionen Gulden bezahlen. Wenn diese Steuren einzig auf das Land gelegt würden, so würde sie die ungeheure und unerschwingliche Summe von 206 Gulden auf einen Morgen von 40000 Schuh ausmachen, da hingegen die Zölle, und die einzig auf die Reichen und ihren Gewinst drückenden Auflagen, es dahin bringen, daß eigentlich andere Länder, die die holländischen Waaren kaufen, diese Steuren bezahlen müssen, und der Arme in Holland ungefähr 4 Gulden des Jahrs bezahlt, und folglich dem Staate kaum den 72. Theil seines Verdienstes entrichtet. Er hat sich auch nicht erinnert, daß der Landwirth alle seine aufzuwendenden Kosten vorschiessen, folglich, wenn er dadurch in die Noth geräth, seine Produkten nicht nach der Maasse der mehreren Beschwerden theuer geben kann, sondern wohlfeiler wegschlagen, und gar zu Grunde gehen muß, wenn alle Lasten des Landes auf ihm liegen, und ein unfruchtbares Jahr seinen Grund von allen Produkten beraubt. In Helvetien liegen fast alle Abgaben auf den Grundstücken, weil sie ehemals gegen ewigen Grundzinse von den Edlen weggegeben worden sind. Sie sind gering, und drücken doch den armen Landmann bey einem Mißwachse gar sehr. In Frankreich aber, wo 30 Millionen Menschen sind, müßte der Morgen 12 Liv. bezahlen, wenn der König nur 360 Millionen aufnehmen sollte, und diese Auflage würde in vielen Gegenden den ganzen reinen Eintrag eines Morgens wegnehmen. Wir machen diese Anmerkungen, weil eine ganze Sekte den Grundsatz unaufhörlich widerholt, der das Reich völlig zu Grunde richten, und den Besitzer des Landes zwingen würde, eher seine Grundstücke abzutreten, als die unerschwinglichen Auflagen zu bezahlen. Sonst sind die Gründe, warum unser Ungenannter den Kaufmann nicht beschweren will, sehr seicht. Die Taille hat allerdings ihre unerträgliche Fehler, weil sie eine Vermögenssteuer ist, die ohne Kataster willkührlich aufgelegt wird; so sind die Aides. Freylich haben die Accisen auch ihre Fehler, wenn sie zumal das nothwendigste am meisten, und das entbehrlichste am wenigsten drücken. Sie sind aber dennoch, wenn sie nach gesunden Grundsätzen aufgelegt werden, das einzige Mittel, alle Unterthanen nach dem Verhältnisse ihres Aufwandes, und folglich ihrer Einkünfte zu belegen. Wir übergehen das übrige, das mehrentheils in Scheingründen besteht.
 
 
 
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