BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Johann Christoph Gottsched

1700 - 1766

 

Der Biedermann

 

1727

 

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Zwölfftes Blatt 1727. den 21. Julii.

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NEUKIRCH.

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         =         =         =         Voll göttlicher Bewegung

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Die alles niederschlägt was nach der Wollust schmeckt,

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Zur Tugend aber Lust und Muth und Krafft erweckt

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Dem Guten nachzugehn.         =         =         =

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CHarlotte, so lautet die Fortsetzung der neulichen Geschicht, hatte vor dem Bette

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des Prinzen ihre thränenden Augen noch nicht in die Höhe geschlagen. Er hatte

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zwar aufgehöret zu reden: sie gab ihm aber keine Antwort. Er dachte sie derowegen

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durch Liebkosungen zu gewinnen: und wie er sie so lange bey der Hand

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gehalten hatte; also zog er sie itzo allmählich näher zu sich, und bemühte sich,

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sie küssend zu umarmen. Allein vergebens. Sie stieß ihn mit beyden Händen von sich

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und sprach: Nicht so, mein Printz, nicht so: Was sie suchen, das finden sie hier nicht.

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Denn bin ich gleich gegen Sie nur vor einen Erdenwurm zu achten; so liebe ich doch meine

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Ehre so sehr, daß ich lieber sterben, als dieselbe schmählern wollte. Auch die aller empfindlichste

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Belustigung soll mich nicht dazu bewegen. Deswegen zittere und bebe ich eben, weil

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vielleicht alle, die Sie haben in diß Haus kommen sehen, an diesem meinem festen Vorsatze

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zweifeln werden. Da es Ihnen aber beliebt, mir die Gnade zu thun, und mit mir zu sprechen:

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so werden Sie mirs auch vergeben, wenn ich Ihnen so antworte, wie meine Ehre

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es erfordert. So dumm und blind bin ich nicht, Gnädigster Herr, daß ich die Schönheit

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und Annehmlichkeit die GOtt Ihnen verliehen hat, nicht sehen und erkennen sollte. Nein,

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ich halte diejenige vor das glücklichste Frauenzimmer von der Welt, die einmahl der Liebe

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eines solchen Prinzen genießen wird. Allein was ist mir damit geholfen, da dieses

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Glück vor mich, und vor Personen meines Standes, gewiß nicht aufgehoben ist? Wenn

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ich mir nur ein Verlangen darnach in den Sinn kommen ließe: so begienge ich schon die

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allergröste Thorheit. Was kan ich mir also wohl vor eine andre Ursache einbilden, die sie

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bewogen hat, sich eben zu mir zu wenden, als diese; daß dero Hofdamen, welche unfehlbar

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von Ihnen geliebet werden müssen, wo Sie nur Schönheit und Anmuth lieben, so tugendhafft

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sind, daß Sie von ihnen dasjenige nicht einmahl fordern, geschweige denn vermuthen

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dörfen, wozu mein niedriger Stand Ihnen Hoffnung macht. Ich bin fest versichert,

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wenn Sie bey Personen meinesgleichen Ihres Wunsches theilhafftig würden, so bekämen sie

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eben dadurch eine neue Materie, Ihre Gebieterin ein paar Stunden von dero Siegen

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zu unterhalten, die Sie zum Schaden solcher ohnmächtigen Creaturen davon getragen.

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Aber ich bitte Ihre Durchlauchten, zu erwegen, daß ich von der Gattung gar nicht bin.

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Ich bin in einem Hause erzogen, wo ich gelernet habe, was die Liebe ist. Mein Vater

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und mein Mutter sind dero treue Bediente gewesen: Weil mich also GOtt zu keiner

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Prinzeßin gemacht hat, daß Sie mich zu ihrer Freundin und Gemahlin machen könnten;

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so ersuche ich Sie unterthänigst, mich nicht unter die Zahl der armseeligen Weibsbilder zu

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setzen, die ihre Ehre in die Schantze geschlagen. Seyn Sie doch zufrieden, daß ich Sie

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hochschätze, und von Herzen wünsche, daß sie der glücklichste Printz in der gantzen Christenheit

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seyn mögen. Wollen sie aber Personen von meinem Stande zu Ihrem Zeitvertreibe

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haben: O sie werden in unsrer Stadt unzehliche antreffen, die ohne Zweifel viel schöner

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sind als ich, und sich doch bey weitem nicht so lange werden bitten lassen. Halten sie sich an

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solche Buhldirnen; denen es ein Vergnügen seyn wird, ihre Ehre zu verkaufen; und beunruhigen

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sie diejenige nicht mehr, die mehr Sie, als sich selbst liebet. Denn wenn es GOtt

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heute gefallen sollte, entweder Ihr Leben, oder das meinige zu fordern: so würde ich mich

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glücklich schätzen, das meinige vor das Ihrige hinzugeben. Daß ich dero Gegenwart fliehe,

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geschicht gar nicht aus Mangel der Liebe: Nein es kommt bloß daher, weil ich unser beyder

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Gewissen gar zu sehr liebe. Ich bitte mir lebenslang dero Gnade aus, mein Printz;

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wenn sie mich anders derselben würdigen wollen: und ich werde Gott vor dero hohes Wohlseyn

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und Gesundheit unaufhörlich anruffen. Es ist wahr, daß die Ehre, so sie mir itzo

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angethan haben, mir unter meines gleichen Hochachtung genug zuwege bringen wird.

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Allein, welche Mannsperson von meinem Stande, werde ich wohl künfftig eines Anblickes

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würdigen, nachdem ich Sie mein Printz gesehen habe? Dergestalt wird mein Hertz in

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Freyheit bleiben; und von keiner andern Pflicht was wissen, als die mir auferlegt, vor

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dero Wohlfahrt zu beten: denn, gnädigster Herr, dieses ist die einzige Gattung von Gehorsam,

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die ich Ihnen jemahls leisten kan.

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Eine so tugendhaffte Antwort dieses liebenswürdigen Frauenzimmers war zwar

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dem Prinzen nicht nach seinem Sinne: doch die beängstigte Unschuld, die ihr aus allen Minen

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und Geberden hervor leuchtete, und die holdseeligen Augen, die ihr in währender Antwort

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gantz voller Wasser stunden, ja zuweilen einige Tropffen die Wangen hinunter laufen

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ließen, rührten ihm dergestalt das Hertz, daß er sich nicht enthalten konnte, sie so hoch zu

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schätzen als sie es verdienete. Er that zwar alles Mögliche, sie zu überreden, daß er niemahls

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eine andre, als Sie lieben würde: allein sie war so unbeweglich in ihrer Zucht und

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Schamhafftigkeit; daß eine so unanständige Liebe ihr durchaus nicht gefallen konnte.

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Indessen waren die Bedienten des Prinzen mit seiner Kleidung aus dem Schlosse zurücke

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gekommen: und ob sich dieselben gleich etliche mahl melden ließen; so befahl er doch allezeit

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ihnen zurücke zu sagen, daß er schliefe: so angenehm waren ihm Charlottens Unterredungen.

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Diese daureten nun so lange, biß die Zeit des Abendessens heran kam; welches er

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aufm Schlosse durchaus nicht versäumen dorfte: weil seine Frau Mutter eine sehr ordentliche

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und scharfe Dame war. Also verließ der Printz das Haus seines Küchenschreibers, mit

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der größten Hochachtung vor die Erbarkeit und Tugend dieses Frauenzimmers. Sie

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lag ihm unaufhörlich in Gedancken, und er redete mit seinem vertrauten Edelmanne fast

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alle Augenblicke davon. Und da derselbe, ihm zur Gesellschafft, in seiner Kammer zu schlafen

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pflegte: so giengen bißweilen halbe Nächte darüber hin; denn er verlangte von ihm

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immer neue Anschläge zu hören, wie er endlich zu seinem Zwecke gelangen könnte.

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Geld wird mehr ausrichten als die Liebe: dachte dieser verschmitzte Rathgeber,

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daher rieth er dem verliebten Prinzen, ihr eine gute Summe anbieten zu lassen.

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Der Vorschlag gefiel dem Prinzen zwar, es schien ihm aber sehr schwer zu seyn denselben ins

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Werck zu richten. Er hatte sehr wenig Geld in Händen; denn seine Frau Mutter verwaltete

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noch alle seine Einkünffte. Doch entzog er seinen kleinen Belustigungen soviel er

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konnte; und entwendete sogar seiner strengen Aufseherin so viel, als es sich thun ließ. Er

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hatte endlich eine Summe von fünfhundert Thalern zusammen gebracht, und diese gab er

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seinem Vertrauten, mit der inständigsten Bitte, keinen Fleiß, keine Mühe zu sparen, biß

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er Charlotten dadurch gewonnen hätte. Der Edelmann hatte selbst den Anschlag gegeben;

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also ermangelte er nicht, alle seine Künste anzuwenden. Er sprach das Frauenzimmer

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so bald es sich thun ließ; Er eröfnete ihr des Prinzen beständige Zuneigung; Er zeigte

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ihr das ansehnliche Geschenck, so er ihr von seinentwegen zu überbringen hatte. Aber alles

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umsonst. Mein Herr, sprach Charlotte, ich bitte dem Prinzen zu sagen; mein Hertz

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sey so züchtig und ehrliebend, daß, wenn es jemahls durch Versuchungen überwunden werden

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könnte; so müste es allbereits durch seine Schönheit und Annehmlichkeit überwältiget

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worden seyn. Wo aber dieselben nichts haben ausrichten können, da würden gewiß aller

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Welt Schätze nicht zureichen, etwas zu erlangen. Bringen Sie ihm also dieses Geschenck

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wieder zurücke; denn eine ehrliche Armuth ist mir tausendmahl lieber, als alle Reichthümer,

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die ich mir bey dem Verluste meines guten Nahmens erwerben könnte.

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Diese Härte ihrer unüberwindlichen Tugend, brachte den Edelmann auf die Gedancken,

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sie durch Drohungen und Furcht zu bewegen. Er stellte ihr derowegen die Macht

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und Gewalt seines Prinzen vor, der sie, als eine seiner Unterthanen, sich gar nicht würde

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wiedersetzen dörfen. Hierzu aber lachte sie nur, und sagte: Dadurch mögen sie andre

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erschrecken, mein Herr, die den Prinzen gar nicht kennen: denn ich weiß, daß derselbe

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viel zu tugendhafft und ehrliebend ist, als daß dergleichen Vorstellungen von ihm herrühren

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sollten. Ja ich bin versichert, daß er sie gantz verwerfen wird, wenn sie ihm was davon

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erzehlen werden. Aber gesetzt, es verhielte sich so, wie Sie vorgeben: So ist doch

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keine Marter, ja kein Tod zu ersinnen, der mich auf andre Gedancken bringen soll. Denn

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da, wie ich bereits erwehnet habe, die Liebe gegen ihn, mein Hertz nicht geändert hat; so

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sollen hinfort alle Belohnungen und Strafen, die man mir vorhalten kan, mich keinen

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Fuß breit von dem Wege ablencken, den ich mir einmahl erwehlet habe.

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Man kan leicht dencken, mit was vor Verdruß der Cammerjuncker des Prinzen,

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seinem Herrn die Antwort unsrer, seiner Meynung nach, so hartnäckigten Charlotten,

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werde hinterbracht haben. Er hielte sichs selbst vor eine Schande, daß er durch alle seine

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Mühe ihre Halsstarrigkeit nicht überwinden können: und würde also aus Rachgier, dem

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Prinzen die gewaltsamsten Mittel anzuwenden gerathen haben; wenn es bloß darauf angekommen

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wäre. Allein zum Theil, wollte derselbe von keiner unvergönnten Art sie zu

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überwinden, was hören: zum Theil muste er besorgen, daß eine solche Gewaltthätigkeit

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viel Aufsehens machen, und gar seiner strengen Frau Mutter zu Ohren kommen möchte;

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deren Unwillen gegen sich zu erwecken, er billig ein Bedencken trug. Er unterstund sich

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also ferner nicht das geringste zu unternehmen: biß ihm sein verschlagener Bedienter einmahl

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ein so leichtes Mittel vorschlug, davon er sich nichts anders einbildete, als daß es ihm

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unmöglich fehl schlagen könnte. Der vorhingedachte Küchenschreiber sollte hier wiederum

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hülfliche Hand leisten. Es hatte derselbe vor der Stadt einen Weinberg, und neben

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demselben ein angenehmes Sommerhaus, welches nahe an einem kleinen Lustwäldgen gelegen

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war. Auf Anstifften des Edelmannes, nöthigte er seine Ehegattin nebst ihrer

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Schwester, sich ein Vergnügen zu machen, und der bevorstehenden Weinlese beyzuwohnen:

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wozu dann beyde gar leicht zu bereden waren. Als der Tag herankam, that der Cammer=Juncker

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solches seinem Herrn zu wissen: und dieser fassete voller Freuden den Entschluß,

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sich mit demselben gantz allein hinaus zu machen, und daselbst Charlottens Liebe nach

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Wunsche zu geniessen.

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Die Maulesel wurden fertig gehalten, um zu bestimmter Zeit heimlich davon zu reiten.

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Allein von ohngefehr trug sichs zu, daß sich die Fürstin im Schlosse ein gewisses

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Vergnügen machte, wobey sie alle ihre Kinder zugegen haben wollte. Dadurch ward der

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Printz wieder seinen Willen so lange aufgehalten, biß die abgeredte Stunde verlaufen war.

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Der Küchenschreiber, dem draussen die Zeit lang werden mochte, suchte sich indessen mehr

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und mehr aufzuhalten. Seine Frau hatte sich zu Hause kranck anstellen müssen, so daß

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sie den Augenblick, als man schon aufsitzen wollen, ihm Nachricht geben lassen, daß sie

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unmöglich würde mitfahren können. Dergestalt war er mit Charlotten gantz allein draussen,

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und es fehlte an nichts, als an der Ankunfft des Prinzen. Doch als es Abend werden

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wollte, und derselbe sich nicht einfand, sprach der Küchenschreiber zu seiner Gefehrtin:

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Wir werden uns wohl wieder in die Stadt begeben können. Wer hindert uns daran, versetzte

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Charlotte? Ich dachte der Printz würde etwan heraus kommen, erwiederte der erste;

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weil er mirs versprochen hatte. Auf den dörffet ihr nicht länger warten, mein Bruder,

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gab sie zur Antwort: denn ich weiß gewiß, daß er heute nicht kommen wird. Das glaubte

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der Küchenschreiber, und also fuhren sie zurücke.

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Kaum waren sie zu Hause angelanget, als Charlotte ihn seiner Gottlosigkeit halber

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auf das schärfeste zur Rede setzte. Sie verwieß ihm sein boßhafftes Gemüth, welches sich

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um eines schnöden Gewinstes willen, zu einer so niederträchtigen Kuppeley hätte gebrauchen

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lassen; zumahl sie versichert wäre, daß alles auf sein und des Cammerjunckers Angeben,

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ohne die Schuld des Prinzen wäre angestellet worden. Ja von Stund an räumte sie sein

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Haus, als in welchem sich ihre Tugend hinführo nicht sicher sahe. Sie that ihrem Bruder

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den gantzen Handel zu wissen, welcher auch kommen und sie mit sich in seine Provintz nehmen

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muste. So war aber dem Prinzen auch der lezte Anschlag mißlungen; und ob es

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ihn wohl anfänglich sehr schmertzete; so daß er sie auch vor ihrer Abreise in einer Gesellschaft

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noch einmahl deswegen zur Rede setzete, und es ihr verwieß, daß sie ihren Schwestermann

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verlassen wollte: So gab er sich doch endlich zu frieden, und beschloß, einer so tugendhafften

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Person nicht ferner nachzustellen.

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Alle diese Proben einer so beständigen Zucht und Erbarkeit, waren indessen einem

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von den Hofbedienten des Prinzen bekannt geworden, und hatten ihm so wohl gefallen,

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daß er in kurtzer Zeit diese tugendhaffte Charlotte heyrathete. Ohngeachtet sie wieder ihren

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Freyer nichts einzuwenden hatte: so wollte sie doch ihr Wort nicht ohne des Prinzen Erlaubniß

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von sich geben. Diese war nun leicht zu erhalten; und durch diese Heyrath gerieth

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sie in den glücklichsten Ehstand, den sie sich hätte wünschen können: zumahl sie darinnen

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von dem Prinzen, eine besondre Gnade und vielfältige Zeichen einer

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fürstlichen Wohlgewogenheit lebenslang genossen.