BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Friedrich von Logau

1604 - 1655

 

Deutscher Sinn-Getichte

Drey Tausend

 

Erstes Tausend

 

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Deß Ersten Tausend

Erstes Hundert.

 

1.

An etliche Lobsprecher eines

verstorbenen Heldens.

JHr klugen / derer Faust die Feder embsig führet

Zu klagen dessen Tod / der an die Wolcken rühret

Durch Thaten ohne gleich / durch Thaten die der Welt /

Deß Himmels kurtze Gunst / hat einig fürgestellt

5

Zum Eigenthum zwar nicht / zum Wunder aber allen

Soweit der Titan leucht; der Mut mag euch entfallen

Daß diß / wo ewig Ding genug zu schaffen hat /

Die Feder enden soll vnd ein papiernes Blat.

Weicht ab von da /wo Fleiß gar schwerlich Frucht gewinnet /

10

Klagt nichts so sehr als diß / das klagen jhr nicht könnet.

 

2.

Hochzeit=Wuntsch.

So lebt nun / liebes Paar / lebt zwischen Krieg vnd morden

Jn dennoch süsser Ruh vnd in dem schönen Orden

Der lieben Einigkeit; lebt daß deß Glückes neiden

Muß euch vnd euer Thun stets fliehen vnd vermeiden!

5

So wüntschen etwas gilt / so woll auch diß Gott geben /

Daß jhr / wenn jhr seyd tod / noch lange möget leben /

Viel Söhne daß man denn nach euch /dem Vater / nennet /

So viel der Töchter auch / nach euch / der Mutter / kennet.

 

3.

Uber die Schäferey Amoena,

eines vngenanten Freundes.

Musa, Venus, Charis schauet

Wie Amoena staffeln bauet

Auffzusteigen euren Thron!

Gebt jhr Raum zur rechten Seite

5

Schaffet daß man jhr bereite

Eine frische Lorber=Kron.

Phoebus lehnt jhr seinen Wagen

Jhren Ruhm herumb zu tragen

Durch das blaue Sternen=Feld.

10

Hermes soll die Flügel fassen

Daß sie sey / verkünden lassen /

Zu dem ewig=seyn gesellt.

 

Billich! denn so hohe Sinnen

Müssen andren Danck gewinnen

15

Als ein kriechend Erde=Geist /

Den man auß dem eignen nennen

Dennoch nicht mag recht erkennen /

Weil er andres ist als heist.

Sinnen / die vom Himmel kommen

20

Werden billich auffgenommen

Jn das reine Himmel=klar /

Da der schwartzen Erde Schatten

Glantz vnd Flammen jhrer Thaten

Nimmermehr vertunckeln thar.

 

4.

Waffen=Anstand.

VOn Anstand vnd von Fried vnd vielen schönen Dingen

Wil Fama dieser Zeit ein neues Liedlein singen;

Doch weiß ich nicht obs new. Der Anstand ist gar alt /

Der Fried ist auch für langst gar recht / gar wol bestalt.

5

Was darff ein Anstand seyn /wo nie man noch gestritten /

Da Waffen vnd jhr Brauch / nach dieses Krieges Sitten

Gleich wie in einem Spiel / nur bloß zum Schertz vnd Schein

Und daß sie nicht der Rost zerfreß / in Händen sein?

Was darff ein Anstand seyn / wo nie kein Feind sich findet

10

Der zu bekriegen steht / vnd wo man sich nur gründet

Auff Meinung / vnser Land / nach drauß geschöpfftem Nutz

Alsdenn dem lieben GOtt zu geben in den Schutz?

Was darff ein Anstand seyn / wo man die Krieges=Kinder

Gar glimpff= vnd gütlich meint / vnd bloß die feisten Rinder

15

Sambt jhrer jungen Art / vnd etwa Pferd vnd Schwein

Schaf / Hun / Han / Ente / Gans / last seine Feinde seyn?

 

Der Fried ist lange schon in vnsre Gräntzen kommen

Da jene viel zwar vns / wir jhnen nichts / genommen /

Jn dem wir vns bemüht / O eine feine Kunst!

20

Zu brechen jhren Trotz / durch vnsre gute Gunst.

Es ist ja Fried vnd Ruh im Lande gantz die völle /

Das Feld hält Sabat=Tag / der Acker liget stille /

Und duldet nicht wie vor / daß jhm viel Wunden schlug

Deß Bauers frecher Arm vnd ein tyrannisch Pflug.

25

Es ist ja Friede da; man darff ja mehr nicht sorgen

Wie jeder Haab vnd Gut für Dieben hält verborgen

Jn sicherem Gemach; es bleibt ja Gold vnd Geld

Jn festem Hause so / wie durch das offen Feld.

 

Hierum singt Fama falsch von Anstand vnd von Friede

30

Jhr Sinn sey dieser denn / daß weil die Welt ist müde

Der alten Deutschen Trew / nur mit Betriegligkeit

Man habe steten Fried vnd Krieg mit Redligheit.

 

5.

Schertz vom Flachs=Nutze.

Gewiß / der liebe Flachs ist gar ein nützes wesen;

Der / der es wo nicht glaubt / mag diese Reime lesen:

Ein Mägdlein gieng zu Stuhl vnd thät / ich weiß nicht was /

Da war das Hembd jhr gut sonst war sie noch wol naß.

 

6.

Tag / vnd ein Tages=Wuntsch.

DJe Nacht ist nun dahin / die Sonn ist wieder kommen /

Der Schlaf deß Todes Bild ist weg von vns genommen /

HERR Gott du reines Liecht / laß ferne von mir seyn

Der Sünden finstre Werck / vnd gib mir deinen Schein!

5

Laß mich dein werthes Wort frey offentlich bekennen /

Laß mich in deiner Lieb vnd meines Nechsten brennen /

Laß meinen Sinn vnd Geist seyn wacker für vnd für

Zu thun was mir gebührt vnd wolgefället dir!

Und so mein müder Leib noch länger soll beschauen

10

Das Unrecht dieser Welt / vnd dieses Elend bauen /

HErr GOtt / so gib Geduld / verleih beständigkeit /

Laß scheinen deinen Trost vnd hilff zu rechter Zeit!

Laß mir mein Augen nicht von eitlen Dingen blenden /

Nach köstlich Ding der Welt / von dir / mein Hertze wenden /

15

Hilff daß ich mich nicht theil vnd bleibe gantz an dir /

Auff daß du höchstes Gutt mögst bleiben auch in mir!

Wenn endlich denn mein Liecht vnd Leben muß vergehen /

So laß mich dort gantz schön vnd rein verkläret stehen /

Da / wo du Sonnenstral voll von Gerechtigkeit /

20

Schön hell erleuchten wirst die selig Ewigkeit!

 

7.

Nacht / vnd ein Nacht=Wuntsch.

DJe Mutter vnsrer Ruh / die Artzney vieler Sorgen

Die finstre Nacht ist da / die Sonne geht verborgen /

Die halbe Welt ist schwartz / ist traurig ohne Liecht /

Jst gleichsam mehr nicht da / lebt zwar / lebt doch auch nicht.

5

HErr GOtt /du heller Glantz /laß vnser Hertz vnd Sinnen

Jm finstren nimmer seyn / gib daß sie wachen können

Auch mitten in dem Schlaf / auff daß dein Göttlich Schein

Mög vnsrer Seele, Liecht vnd helle Fackel seyn!

Wenn wir deß Kummers Last zu vnsren Haupten legen

10

So laß sich deinen Geist in vnsrem Geiste regen /

Und schaffe daß die Nacht / wenn vns der Tag erweckt

Der Sünden schnöde Bürd in allem hat verdeckt!

Laß deiner Engel Dienst auch vns zu Dienste kommen!

Gib daß von vnsrem Haupt sey Schad vnd Schmach genommen

15

Auff daß der starcke Feind der schwartze Fürst der Nacht

Deß Leibes süsse Ruh vns nicht verbittert macht!

Und so es so soll seyn / daß heut ich noch soll gehen

Deß Todes finstren Gang / so wollstu bey mir stehen

Und gehen für mir her / ins Leben durch den Tod /

20

Jn Himmel auß der Welt / zur Freude von der Noth!

 

8.

Das Gebete.

WEnn die Welt mit Menschen kriegt

Muß der Mensch mit Gotte kriegen;

Weil die Noth vns gegen liegt /

Müssen wir für Gotte liegen /

5

Vnd durch beten endlich siegen.

 

9.

Verleumbder.

JCh kenn ein höllisch Volck die Brüder der Erinnen /

Ein Volck von süsser Zung vnd von vergifften Sinnen.

Das zwischen Mund vnd Hertz / das zwischen Wort vnd That

Hat einen engen Raum / wie Ost von Westen hat.

5

Es lobt mich im Gesicht / es schändet mich im Rücken /

Es wil durch meine Schmach sein eignes Laster schmücken /

Es sehnet sich empor verachtet alle Welt /

Und hat genug an dem / daß jhm es selbst gefällt.

Was ist mir denn zu thun? Sonst wil ich nichts jhm gönnen

10

Als daß sein falsches Maul mög einen Stand gewinnen

Wo sonst durch holen Grund ein stinckend Athem zeucht /

Der auff die Fersen zielt / vnd in die Nasen kreucht.

 

10.

Wein=Lust.

WEr mit Bacchus kämpffen wil

Hüte sich vnd traw nicht viel;

Erstlich schlägt er auff die Beine

Trifft er dich; so bist du seine.

 

11.

Mein vnd dein.

ALles machet mein vnd dein

Daß man nicht kan friedlich seyn.

 

12.

Bücher=lesen.

WIe die Honigmacherinnen

Auß viel Blumen saugen künnen

Jhren süssen Nectar=Safft:

So auch vnsre Wissenschafft /

5

Wächst durch vnverseumtes lesen

Jn ein gleichsam Göttlich Wesen.

 

13.

Brautschrifft.

ALl jhr Künstler in der Welt /

Derer kühnes Auge=schauen

Euch so viel kan Häuser bauen

Jn das blaue Götter=Feld /

5

Könnt jhr nicht voran mir sagen

Was sich gutes zu wird tragen /

Wenn sich Mars zur Venus stellt

Jn dem schönen Jungfern=Zeichen?

Tycho sage was er wil /

10

Fehl ich / fehl ich doch nicht viel:

Kinder werden dannen reichen

Die deß Vaters tapffren Sinn /

Vnd der Mutter schönes Kinn

Lieblich werden abegleichen.

 

14.

Grabschrifft /

eines Speise= oder Kuchelmeisters.

DEr hier begraben liegt / der hielt sehr viel vom essen

Und kan im Grabe noch deß essens nicht vergessen;

Denn / weil er selbst nicht mehr die Essens=Lust kan büssen

Gibt er sein eigen Fleisch den Würmen zu geniessen.

 

15.

Von der Phyllide.

EJnes Morgens schaut ich gehen

Phyllis vor den Rosenstrauch /

Da sie nach gewohntem Brauch

Seine Zierden sahe stehen.

5

Damals kont ich nicht vergleichen

Welches vnter jhnen wol /

Weil sie beyd an Schönheit voll /

Von dem Siege solte weichen:

Ob die Phyllis angenommen

10

Von den Rosen jhre Zier /

Oder ob vielleicht von jhr

Solche solchen Schein bekommen /

War gar übel zu bescheiden /

Denn ich hatt in jhren Glantz

15

Mich vertieffet also gantz /

Muste nur die Augen weiden.

Endlich hab ich doch erfahren /

Als der Sonne güldnes Rad

Traff den letzten Tages=Grad /

20

Daß die Rosen Diebe waren;

Weil sie hatten wollen gleichen /

Vnd der Phyllis stehlen ab

Jhrer Farbe schönste Gab /

Musten bald sie drauff verbleichen.

 

16.

Hochzeit=Wuntsch.

LEbt / liebes Paar / mit GOtt / lebt liebes Paar mit Segen /

Lebt / liebes Paar / im Glück daß Neid euch könn erregen /

Jch sage noch einmal / lebt hin in süsser Ruh

Biß Kindes / Kindes / Kind drück euer Augen zu!

 

17.

Ein andrer.

SO lebt jhr beyde nun / lebt eines in der Liebe /

Lebt eines in dem Sinn / damit euch nicht betrübe

Deß Glückes runde Macht /denn seine Tück vnd Neid

Hat keinen andern Feind als Lieb vnd Einigkeit!

5

Jedoch woll Einsamkeit zur Einigkeit nicht kommen /

Noch eures Lebens Brauch euch eher seyn benommen /

Biß daß sich denn zur Zeit die süsse Zeit erweist /

Die Elter=Vater euch / euch Elter=Mutter heist!

 

18.

Ein andrer.

WIe jhr verbunden seyd / so sey auch euch verbunden

Der Segen vnd das Heil / sambt langen Lebe=Stunden!

GOtt creutzig euer Creutz / vnd Wasser sey euch Wein /

Biß jhr das vierdte Glied hört in der Wiege schreyn.

 

19.

Mist=Juncker.

EIn zartes Mutter Kind / das nie vom Haus entnommen /

Jst einem Ochsen gleich / der nie vom Stalle kommen.

 

20.

Paten=Zettel.

DU kommst / O liebes Kind / ein Gast in diese Welt /

Da gleich das Gasthaus jetzt zu Grund vnd Bodem fällt

Durch / in / vnd mit sich selbst: Drumb ist dir nun sehr gut

Daß dir der Himmel bleibt / erkaufft durch Christi Blut.

 

21.

Grabschrifft.

DA ich solte / kont ich leben /

Da ich solte / kont ich sterben /

Denn das ewig zu erwerben

Kont ich sterblich leichte geben.

 

22.

Hoffnung.

AUff was gutes ist gut warten /

Vnd der Tag kommt nie zu spat

Der was gutes in sich hat;

Schnelles Glück hat schnelle Fahrten.

 

23.

Brautschrifft.

An den Bräutigam.

JCh weiß nicht was man glaubt? Ich weiß nicht wem man trauet?

Jch hätt ein hohes Schloß / Herr Bräutigam gebauet

Auff eurer Worte Grund / als wie auff Fels vnd Stein /

Seh aber daß die Welt nur wil betrogen seyn

5

Und ich mit sambt der Welt. Jhr sprecht: Jhr seyd ergetzet

Daß euch deß Himmels Gunst für Augen hat gesetzet

Den süssen Hochzeit=Tag / vnd meinet doch die Nacht

Die euch zum Vater weiht / die Braut zur Mutter macht.

Weil schwartzes jhr nun meint / vnd weisses dennoch nennet /

10

So sey euch / mercket drauff / zur Straffe zuerkennet /

Daß / wenn jhr meint es soll das erst ein Söhnlein seyn /

So wird es E E E wie Mutter Eva schreyn.

 

72.

Von meinem Buche.

KÜndig ists / daß in der Welt

Sich zum Guten Böses finde:

Wenn mein Buch nur wär gestellt /

Daß beym Bösen Gutes stünde!

 

73.

An die Leser.

DIeses Buch / soll Monde seyn;

Leser aber / seine Sonnen /

So / daß durch der Sonnen Schein

Auch der Monde sey entbrunnen.

 

74.

Kunst von GOTT.

DAß der Musen alter Stamm

Her vom Himmel Anfang nam /

Macht / daß auch ein Edelmann

Sich zu jhnen freunden kan.