BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Elias Holl

1573 - 1646

 

Schreiben an den Inspektor für das

Augsburger Fortificationswesen

 

1608

 

Text:

Adolf Buff, Die Anfänge der Stuccaturkunst

in Augsburg bis in das 18. Jahrhundert,

in: ZHVSN 23 1896, Beilage 1

 

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Elias Holl's Schreiben an den Inspektor über das städtische

Fortificationswesen Leonhard Weiss. (1608)

 

Edeler, V. g. u. g. Herr,

Nachdem ich mich vor fünfthalb jaren gegen meinen gn. und geb. Herrn, hrrn Paumaistern in dinnst und gemainer Statt werkmaister alhie zu sein begeben habe, und ich auch obgemelte zeit über sollichen dienst mit sonderm lust, fleiß und ernst, ohne ruhm zu melden, wol versehen und, wie ich hoffe, m. gn. herren ein genedigs gefallen daran erzeigt habe; dieweilen ich aber gemelte zeit und noch biß dato auch befunden, erfaren und observirt habe, daß diser mein Dienst numer in einem vi anderen uso und gebrauch komen und ist als in meines vorfahren maister Jacob Eschay zeiten und anwesen, fürnemlich und der ursachen der jetzigen und zu meiner zeit grossen, fürnehmen und stattlichen gebeuen, so theils etlicher maß mit Gottes hilf durch mich volfiert und vericht, zum theil auch noch im gebeu und werk sein, auch ohne zweifel dergleichen noch mehr von meinen herrn hernach komen und bedacht werden; welliche nit allein von meinen herrn mit sonderm fleiß und ernst beradtschlagt und ins werk zu bringen verordnet werden, dieselben mit aller nutzbarkeit und Noturft zuverordnen und mit bequemer inwendiger Accomodirung, sondern auch zu stattlichem ansehen und faciaten von aussen mit schöner Architectur nach dem Anticen und underschidlichen Manieren in reehter gewiser Proportion und maßwerk gemacht und gebauen werden. Dises aber alles von gebrenten und mertheils verbachnen steinen. Welliches alhie vor disem niemalen im gebrauch und ich erst solliches uff meiner g. Herrn begehrn in zeit meines Diensts angefangen habe. Derowegen ich gemelte zeit meins Diensts erst recht innen worden und erfaren, was solliche erstgemelte zierungen für große miehe und fleiß erfordert und sonderlich mit so grobem und diß orts unerfahren gesünds gar hart in gewisse maß, wie es dan sein solle, ins werk gebracht wird, und ieh deßhalben gar ein embsigs und stetigs nachdenken haben, solliche arbeit, colonen, gesimbs, fenstergestell und anders dem gesünd mit allerlei vorteil under die hand richten, mueß auch streng bei inen mit und daran sein, dass solliches alles in rechter waggeräde und jedes glid derselben an sein rechte böhörliche stadt gericht werden, auch zu jederm underschidlichen gaden und gezierden imer ander und andere maßbretter, lehre zollungen, fürreissens und abmerken, nit mit kleiner muehe, wie wol zu erachten und E. E. V. und H. sambt dern andern herrn mitpaumeister durch deren hohen pauverstand und weißheit wol erkenen und erwegen können. Item, nach fleißiger und kunstlicher auffierung sollicher oberzelter Faciaten und bauzierdten, die worden auch lestlichen mit einem sondern bewurf, so steinfarb geferbt wird, beworfen und mit höchstem fleiß auspraidt, damit es also ein grauen Credierstein presentir und anzeig; zu disem ich abermalen zu aller andern meiner bauvorrichtung ein sondere miehe, fleiß und aufmerken haben mueß, damit gemelter wurf einmal wie das ander geferbt [dan nit wol müglich, daß zu einem solichen großen bau sovil zeug auf einmal könne geferbt und angeriert werden] und der wurf nit fleckelt, sonder fein gleich aussehe.

Ferner, So ist auch Eur E. und V. wie auch den andern herrn paumaistern wol wissend und noch teglich zu sehen, was ich oft besagte zeit hero für andre werkleut für sonderliche verrichtung habe und mir in sonderheit anbevolen wird, und ich ohn ruhm fleissig weils zuverrichten; als nemlich mit allerley und vilen abrissen, fisierungen, grundlegungen und mit derselben ausrechnung der tröu-[sic] und Quadrierung und dergleichen, was dan das ganze jar in meiner gn. herrn paumeisterambt fürkombt, und alles mit sonderm lusten und gehorsam williglich verbringe und mehrteils solliche anbevolen sachen daheim bey liecht und nacht verrichte, als beim tag, nur darumb, daß ich den tag könne desto fleissiger beim gesind sein, dass nichts verabsaumbt und unrechts (darauß spott und schaden erfolgen könte) werde gemacht und gearbeitet.

Zum dritten, So wissen auch meine g. und geb. herrn gar wol, dass ich auch mit unserm steinmetzen (doch in alweeg ime ohne nachteil gemelt) vyl miehe und arbeit habe. Dan ich ime, was zu obgemelten gepeuen von steinwerk und seiner arbeit vonnöten ist, alles auß denen fysieren, so ich zu gemelten gebeuen gemacht und under handen habe, in große forme, wie es im werk sein solle, mueß außzeichnen; und danach das glick manches mal gebraucht, daß es nicht in pau und ins werk kome; aber doch gleichwol nit ein jeder werkman die welsche maß und außteilung, so nit nach den werkschuhen, sondern nach Moduli und Parte sein und gebraucht werden, und ich auch solliche in allen meinen fürnehmen fisieren und abrissen observire. Zudem ist solliches mit dem steinmetz nit allein, sondern auch mit allen handwerksleuten, da auch zu oftgemelten gepeuen ire arbait von nötten ist, ich sollichen allen mueß ains und anders bescheid geben, und sy auch deßwegen nur mir zulaufen, alldieweil ich die fisierung, nachdem sy meinen herrn fürgewisen worden und confirmiert sein, im bau derselben nach zu komen und sich bescheids bei mir deßwegen abfordern, als nemlich und sonderlich der schmid und schlosser, der kupfer- und hammerschmid wegen der nyesch seyhenen, Item, wie die außgeladnen gesimbs cornizen (d. i. Karnies) und gibel mießen und sollen gedeckt und gemacht werden, damit im außern ansehen und faciaten kein difforma erscheine. Indem ich auch bißhero die fisieren und abriß allein und eigner hand gemacht und noch künftig mache, was für grosses und embsigs nachdenken solliche erfordern, alles und jedes in solchen grossen und fürnehmen gepeuen mit rechter bescheidenheit und bauverstand ins werk von grund auf zu richten, damit alle inwendige Accomodirung und austeilung der zimmer und andersten jedes an seine ordenliche und bequeme stadt und eines von dem andern sein notturftig fundament und tragens hab. Item als da sein die firnemste stuck und theil sollicher gebeu, nemlich die ein- und aufgäng, stiegen, stuben, kamern, kuchin, kutten, rauchfäng, secret und anders alles, so von unnetten zuerzellen; und danach in sollichen fürnemlich darauf mueß gesehen werden, daß es aussen der austailung und zierden sollicher gebeu nichts benehme; über das alles so weist Euer E. V. und H. und ist auch teglich oder wochentlich im register in der austeilung zu sehen, dass sonderlich den summer durch das gesünd oftermallen wegen vile allerley clein und grosser beu und arbeiten bis in 12-14 oder mehr orten verteilt und geordnet. Kan Eur H. wie auch gleichfalls ander meine H. H. paumaister gedenken, was für grosses in der Statt hinund widerlaufens zu gemelten vilfeltigen arbeiten die noturft erfordert, nit allein wegen zu solichem ausgetheiltem gesünd zu sehen, daß sy nutzlich und recht fortfahren, sonder auch inen allerley zeug und materi mueß zugeordnet werden, und sy nit ursach haben deßwegen zu feiern; und solliches mueß das ganze jar uber mit aller unverdrossenheit geschehen, will ainer anderst sein aid und pflicht bedenken und demselben ein genuegen thun, und frie und spat, wie man pflegt zu sagen, im geschürr sein.

Zum Vierten, So habe mich in zeit meines dienst in allem andern, da es gleich nit allerdings meines diensts gewesen, bestes fleiß gebrauchen und darbey fünden lassen und sonderlich mit rathe und that zu dergleichen sachen geben und geholfen; als nemlich, wie man des großen bilds form S. Michelis hat sollen auß dem bossierhaus ins gießhaus einfieren, und sich niemands wollen sonderlich darumben annehmen, habe ich auch (dieweil ich gewuest meinen Heren hiran ein sonders gefallen zuerzeigen, damit solliche forme ohne schaden künde an sein gebürlich ort und in die dammgrueben zum giessen gebracht werden ohne schaden, da den sonsten grosser Ohnkosten were mit sambt der zeit verlohren worden) mich selbsten solliches mit freyem lust und willen understanden und neue zuvor hie ungebreuchlich zug und Arganni hierzu machen lassen, mit derselben anrichtung wie auch mit noch vil mehr zügen ich mit wenig gesünds gemelte forme aufgezogen, in ein darzu gemacht geschrenk eingestelt, daß solliches nit etwo auf eine seiten fallen köne, mit gar guetem mueß und gelegenheit ins gießhaus eingefiert und une allen schaden mit gottes hilf in die dammgrueben eingelassen, nach dem gueß, da der last noch schwerer worden, widerumb heraufzogen und nach dem verschneiden mit meinem gesynd geladen und zum zeugbaus fieren lassen, daselbsten auch das hohe und starke gerüst nur mit meinem gesünd aufgericht, die obgemelte züg angelegt und fast in einer vierteil stund gemelts bild S. Micheli von dem wagen hinauf gezogen und gott lob ohne schaden einiges mentschen an sein gebürlich ort gestelt, wie sich dan diß orts E. H. gunstig weist zu erinern und selbsten darbey gewest sein. Item gleichfalls die andern klaine bildlein ebner massen mit meinem gesünd hinaufgezogen; gleichfals den schweren Adler nit ohne gefahr, angesehen die höhe, auch hinaufgestelt, auf das Sigilhaus. Wille auch solliches und alles anders dergleichen, wa ich weiß meiner herren und gemainer statt nutzen zu befürdern, willig gern und mit alm fleiß und ernst verhülflich sein, sovil mir gott gnad darzue verleihen thuet und ich in meiner herrn diensten bin; wil auch tag und nacht, wie bishero geschehen, frie und spat stetigs meines diensts bedenken und in dem selbigen hinfort mich fleissig erfinden lassen.

Wie ich aber solliches alles, so vorher gemelt und angeregt worden, dise verlaufne zeit, die ich biß dato in meiner g. herrn diensten gewesen, bey mir oftmals erwegen und bedacht und augenscheinlich, ja wirklich erfaren und befunden, daß es weit und viel anderst zu diser jetzigen zeit (wie zuvorderst oben angemeldet worden) mit meinem dienst beschaffen weder zu maister Jakobs sel. zeiten. darbey gar leichtlich abzunehmen, daß auß obgemeltem wol zu schließen, daß ich wol mehr als um die helft als maister Jacob zuverichten, sonder mehr kunst in obgemelten gebeuen zu erzeigen und vonneten habe. darauß ich dan zeitlich befunden habe, dass ich mich erstlich und anfangs gegen meinen gn. g. und g. herrn paumaistern gar zu gering und einfeltig eingelassen; das dan durchauß nit beschehen were sollicher gestalt, wan ich dem dienst, wie bißher erzelt worden, versuecht hette. So haben auch wolermelten meine g. herrn gleichfals nit eigentlich gewust dazumal, was mein verrichten und vertrettung meines dienst sein werde, wie dan diße vergangne 6 oder sibenthalb jar brob genueg gesehen worden sein und vor augen steht.

Derhalben, wie guet zu rechnen, daß ich gegen mehrer oberzelter mühe und uhnrue gegen meinem vorfar zu rechnen ain ganzes jar nit mehr, für als und alls, für hauszinß, rock, neujarsgelt und dergleichen, so in gemelten maister Jacobs bestallung beschrieben stet, als etwan fl. 50 mehr habe weder mein vorfahr, das also gar ein geringes und nit hochzuachten ist gegen der ofterzelten mehrern miehe, die ich dargegen das ganze jar auß habe weder er gehabt. Derwegen ich mit ehren und guetem gewissen wol ein mehrers von meinen herrn zuverdienen getraue; ich auch wol bißhero befunden, daß ich bey dißer provision wenig oder gar nichts könen erybrigen und alles in's haushaben und umb und an notürftig gebraucht habe. Solt ich dan lange zeit und jar vil mie und arbeit haben und nach meinem absterben mein weib und kinder das wenigst nit meines dienst zu geniessen haben, kan ich bey mir nit befinden. Derhalben ich auß erheblichen ursachen nit können underlassen, solliches Eur E. und V. in underthenigkeit erstlich zueröffnen, als deren gnad und gunsten ich jeder zeit gegen mir erkent habe und noch verhoffe. Ist auch mein ganz underthenig bitt an Eur E. V. und H., wolle mir dißes mein schreiben gnedigst zu guet halten und deßwegen meinethalben mit derselben herrn mitpaumaister gunstiglich reden und das best darbey thun und mich der uberigen zeit meines versprechens entließen und aber dargegen eine neue bestallung mit mir aufrichten, darinnen ich underthenig dienstlich bitten thue, mir gnedigst die provision zu besern dargegen ich mich, so es dan meinen. herrn geliebt, die zeit meines lebens versprechen und verschreiben, so wissen meine herrn, daß sy sollich ganze zeit, so lang sich diße erstreckt, einen getreuen und fleissigen diener und werkmaister haben an mir, ich auch mich die ganze zeit meines lebens dahin bearbeiten nach höchstem vermögen, damit gemeine statt nutzen, wie ich auch mich dasselb zu thun schuldig und verpflicht sein erkennen thue.

Dißes alles habe ich Eur E. V. und H. in aller underthenigkeit zu gemüet wollen füeren, mit ganz undertheniger bitt, dißes mein billichs begehren mir in guetem ahn- und aufzunehmen und meines notwendigen begehrn mich gnedigst zu gewehren. Thue mich derowegen in Eur H. gnaden und gunsten in aller gehorsamb dienstlich bevelhen. E. E. V. Herlikeit undertheniger und gehorsamer diener und werkmeister

Elliaß Holl

manu propria.