BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Albrecht Dürer

1471 - 1528

 

Tagebuch der Reise

in die Niederlande

 

1520/21

 

Besuch in Mecheln und Brüssel

 

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Item am sontag nach Bartholomaej [26. 8. 1520] bin ich von Antorff mit herrn Tomasin gen Mechel gefahren, da lagen wir übernacht, do lud ich maister Conrad und ein mahler mit ihm zu nacht essen, und dieser maister Conrad ist der gut schnizer, den frau Margareth [Tochter Maximlians I.] hat.

Von Mechel fuhren wir durch das stättlein Wilßwort [Vilvoorde] und kammen gen Prüssel [Brüssel] am montag zu mittag. Dem poten hab ich 3 stüber geben. Ich hab mit meinen herren [Nürnberger Ratsherren, die die Reichsinsignien zur Krönung Karls V. nach Aachen brachten] zu Prüssel gessen.

 

Die Nürnberger Ratsheren, Paul Töpler und Martin Pfinzing

 

Auch einmahl gessen mit herr Bonysius [Jakob Banisius, Sekretär Maximlians I.], und hab ihm ein passion in kupffer geschenckt. Item ich hab dem margraffen Hansen [Markgraf Johann von Brandenburg, Kämmerer Karls V. ] zu Prüssel mein fürderbrieff geben, den mein herr von Bamberg geschrieben hat, und hab ihm ein in kupffer gestochenen passion geschenckt, mein dabey zu gedencken. Mehr [dazu] hab ich einmahl mit meinen herren von Nürnberg gessen.

Ich hab gesehen zu Prüssel im rathhauß in der gulden kammer die 4 gemalten materien [vier nicht erhaltene Gemälde zum Ruhm der Gerechtigkeit], die der groß meister Rudier [Rogier von der Weyden] gemacht hat.

Ich hab gesehen ins königs hauß zu Prüssel hindern hinaus die brunnen, labyrynth, thiergarten, das ich lustiger ding, mir gefälliger, gleich einen paradyß, nie gesehen hab.

 

Beschriftung: 1520, Daz ist zw prüssell der dirgarten und der lust hinden aws dem schlos hinab zw sehen.

 

Item Erasmus [Erasmus Strenberger, Sekretär der Banisius] haist das männlein, das mir beim herrn Jacob Bonysius mein supplication [[Dürers Bittschrift an Karl V. zur Weitergewährung seines von Maximilian gewährten Jahresgehalts] ] gestellet hat. Item zu Prüssel ist ein fast [sehr] köstlich rathauß, groß und von schöner maßwerck gehauen, mit einem herrlichen, durchsichtigen thurn. Ich hab maister Conrad zu Prüssel beym licht in der nacht conterfet, der mein herr wirth ist gewesen; auch hab ich doctor Lamparters sohn zu derselben zeit mit dem kohln conterfet und die wirthin.

Auch hab ich gesehen die dieng, die man dem könig auß dem neuen gulden land [Schatz des mexikanischen Königs Montezuma] hat gebracht, ein ganz guldene sonnen, einer ganzen klaffter braith, deßgleichen ein ganz silbern mond, auch also groß, deßgleichen zwo kammern voll derselben rüstung, desgleichen von allerley ihrer waffen, harnisch, geschuz [Geschütz], wunderbahrlich wahr [Schilde], gar selzamer klaidung, pettgewandt und allerley wunderbahrlicher ding zu menschlichem brauch, das do viel schöner zu sehen ist, dan wunderding. Diese ding sind alle köstlich gewesen, das man sie beschäzt hunder tausent gulden werth. Und ich hab aber all mein lebtag nichts gesehen, das mein herz also erfreuet hat, als diese ding. Dann ich hab darin gesehen wunderliche künstliche ding und hab mich verwundert der subtilen ingenia der menschen in frembden landen. Und der ding weiß ich nit außzusprechen, die ich do gehabt hab.

Ich hab sonst viel schöner ding zu Prüssel gesehen und sonderlich hab ich do gesehen ein groß fischpein [Wohl ein Walfischknochen], als hett man es zusammengemäuert von quaterstück, das war einer klaffter und fast [sehr] dick, wigt bey 15 centner und hat einen solchen furm [Form], wie hie gemalt stehet [Die Zeichnung ist nicht erhalten], und ist dem fisch hinten am kopf gestanden.

Ich bin auch in des von Nassau [Graf von Nassau] hauß gewest, das so köstlich gebaut und also schön geziert ist. Wieder hab ich 2 gessen mit meinen herrn. Item madonna Margaretha [Tochter Maximilians I. ], die hat zu Prüssel nach mir geschickt und mir zugesagt, sie woll meine beförderin sein gegen könig Carl [Karl V.] und hat sich sonderlich ganz tugentlich gegen mir erzeugt. Hab ihr mein gestochnen passion geschenckt, deßgleichen ein solchen ihrm pfenningmaister [Schatzmeister], mit namen Jan Marini, und hab ihn auch mit dem kohln conterfet. Ich hab zwey stüber für ein püffelring [Büffelring] geben. Mehr 2 stüber geben von Sanct Lucas tafel [wohl der St. Lukas des Roger von der Weyden] aufzusperren. Item als ich bin gewest in des von Nassau [Graf von Nassau] hauß, do hab ich gesehen das gut gemähl in der capellen, das meister Hugo [Hugo van der Goes] gemacht hat, und hab gesehen die zween hübschen grossen sall und alle köstlichkeit in dem hauß allenthalben, auch das groß beth [ein riesiges Bett], do 50 menschen mügen innen liegen, und ich hab auch den grossen stain [Meteorit] gesehen, den das wetter neben dem herrn von Nassau in dem feld hat niedergeschlagen. Diß hauß leit hoch, darauß ist das schönst aussehen, darob sich zu verwundern ist, und ich glaub nit, das in allen teutschen landen desgleichen sey. Item maister Bernhart hat mich geladen, der mahler, und hat ein solch köstlich mahl zugericht, das ich nit glaub, das erzeugt sey mit 10 gulden. Darzu haben sich von in selbs geladen, mir gut gesellschaften zu laisten, der frau Margareth schazmeister, den ich conterfet hab, und des königs hoffmaister, mit nahmen de Meteni, und der statt schazmeister, mit nahmen von Puscleidis, den schencket ich ein passion in kupffer gestochen, und er hat mir wieder geschenckt eine schwarze spanische taschen, 3 gulden werth, und Erasmo Roterodamo hab ich auch ein passion geschenckt, in kupffer gestochen. Item dem Erasmo [Erasmus Strenberger] hab ich in kupffer gestochen ein passion geschenckt, der ist Panisius secretarius. Der man zu Antorff, der mir das kindsköpfflein geschenckt hat, der haist Lorenz Stärck. Item hab maister Bernhart, der frau Margaretha mahler, mit dem kohln conterfeit.

 

Beschriftung: 1520, Erasmus fon rotterdam

 

Ich hab den Erasmum Roterodam noch einmahl conterfet. Ich hab dem Lorenz Stercken geschenckt ein sizenden Hieronymum und die Melancholej. Und hab meiner wirthin gefatterin conterfet.

 

Der Wirtin Gevatterin ?

 

Item 6 persohn haben mir nichts geben, die ich zu Prüssel hab conterfet. Ich hab außgeben für 2 püffelhörner [Büffelhörner] 3 stüber, 1 stüber für zween Eulenspigel [zwei Exemplare des Volksbuchs von Till Eulenspiegel].

Also bin ich am sondtag nach S. Gilgentag mit herr Tomasin gen Mecheln gefahren und hab urlaub von herrn Hans Ebner genommen, und er hat vor die zehrung, so lang ich bey ihm gewest, nichts wollen nehmen 7 tag. Von des Hans Geuders wegen hab ich 1 stüber außgeben; ein stüber hab ich des wirths knecht zu lez [Trinkgeld] geben und zu Mecheln hab ich mit der frau von Neukirchen zu nacht gessen und bin von Mecheln früh am mondag gen Antorff gefahren. Und ich aß frühe mit Portugales, der schencket mir drey porcolona [aus China importierte Porzelangefäße], und der Ruderigo schencket mich etlich federn, calecutisch [indische] ding. Ich hab 1 gulden verzehrt; 2 stüber hab ich dem podten geben; ich hab der Susanna [Dürers Magd] kaufft ein höcken [kapuzenartiger Mantel] pro 2 gulden 10 pfenning.

 

Dürers Anna Selbdritt: Anna ist Dürers Frau Agnes, Maria seine Magd Susanna

 

Mein weib hat geben für ein waschschaff [Waschschüssel], für ein plaßpalch [Blasebalg] und für ein schüsselnapff, mein weib vor pantöffel und für holz zu kochen und kniehosen, auch für ein sittichhauß [Vogelkäfig] und für zween krüg und zu trinckgeldt 4 gulden reynisch. So hat sonst mein weib außgeben umb essen, trincken und allerley notturfft 21 stüber.