Albrecht Dürer
1471 - 1528
Tagebuch der Reisein die Niederlande
1520/21
Aufenthalt in Antwerpen
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Hafen von Antwerpen beim Scheldetor, Dürers Landungsplatz
Darnach [2. August 1520] fuhren wir gen Antorff [Antwerpen], do kam ich in die herberg zum Jobst Planckfelt, und demselben abend ludt mich der Focker [Fugger] faktor [Niederlassungsleiter], mit nahmen Bernhart Stecher, gab uns ein köstlich mahl, aber mein weib aß in der herberg. Und dem fuhrman hab ich für unser 3 person zu führen geben 3 gulden an goldt und den stüber hab ich geben von güttern zu fahren. Item am samstag nach St. Peters kettenfeuer [1. August] fürt mich mein wirth in des burgermeisters hauß zu Antorff, neugebauet, über die maß groß und fast [sehr] wol geordnet, mit überschwencklichen schönen großen kammern, und der viel, ein cöstlich gezierten thurn, ein übergroßen garten, in summa ein solch herlich hauß, dergleichen ich in allen teutschen landen nie gesehen hab. Auch ist ein ganze neue gassen, fast [sehr] lang, dardurch man von beeden orthen zu seinem hauß gehet, das ihm zu lieb, auch durch sein steuer gemacht ist. Item dem poten hab ich 3 stüber geben; 2 pfenning umb brodt, 2 pfenning für dinten.Und am sontag, was auf Sanct Oswaldttag [5. August], da luden mich die mahler auff ihr stuben mit meinem weib und magd und hetten alleding mit silbergeschirr und andern köstlichen geziehr und überköstlich essen. Es waren auch ihre weiber alle da, und do ich zu tisch geführet ward, do stund das volck auf beeden seyten, als führet man einen großen herren. Es waren auch unter ihnen gar trefflich personen, von mannen, die sich all mit tieffen naigen auf das allerdemütigste gegen mir erzeugten, und sie sagten, sie wolten alles das thun, als viel möglich, was sie westen, das mir lieb were, und als ich also bey verehrt also sas, da kam der herren von Antorff rathspoth [Ratsbote] mit zweyen knechten und schencket mir von der herren von Antorff wegen 4 kannen wein, und liessen mir sagen, ich soll hiemit von ihnen verehret sein und ihren guten willen haben. Des sagte ich ihnen unterthänigen danck und erboth meine unterthänige dienst.Darnach kam meister Peter, der statt zimmerman, und schencket mir zwey kannen wein, mit erbietung seinen willigen dienst. Also do wir lang frölich bey einander waren, und spatt in die nacht, da belaithen sie uns mit wintlichtern gar ehrlich heim und baten mich, ich soll ihren guten willen haben und annehmen und solt machen, was ich wolt, darzu wollen sie mir albehülfflich sein. Also dancke ich ihnen und legt mich schlaffen.Auch bin ich gewest ins meister Quintines hauß. Aber bin ich gewesen auff ihren großen drey schüßpläzen. Ich hab gessen ein köstlich mahl mit dem Staiber [Nürnberger Organist]. Aber ein andermal mit dem factor [Niederlassungsleiter] von Portugal, den hab ich mit dem kohln conterfeyt; mehr [dazu] hab ich meinem wirth conterfet. Item Jobst Planckfelt, der hat mir geschenckt ein zincken [Ast] weiß corelln [Korallen]. Zwey stüber umb butter geben; 2 stüber den schreinern geben in der mahler zeughauß.
Beischrift: Das ist mein wirt zw Antorf, Jobst Plankfelt, 1520
Item mein wirth hat mich geführt in der mahler werckstätt zu Antorff, im zeughauß, do sie dem triumph zurichten, dardurch man den könig Carl [Karl V.] solt einführen. Daselb werck ist lang vierhundert pögen [Bögen], und ein jeglicher 40 schuh lang, und wird auf beden seyten der gassen aufgemacht, hübsch geordnet, zweyer gaden [Stockwerke] hoch, darauf würde man die kammerspiehl [Aufführungen] machen, und diß kost zusammen, von schreynern und mahlern, 4000 gulden. Auch wird man das als vol darzu bremen [verbrämen], und diß ding ist alles übercöstlich gemacht.Item hab abermahl mit dem Portugales gessen, auch hab ich einmahl mit den Alexander Imhoff gessen. Item Sebaldt Fischer hat mir zu Andorff abkaufft 16 kleiner passion pro 4 gulden. Mehr [dazu] 32 großer bücher pro 8 gulden. Mehr [dazu] 6 gestochene passion pro 3 gulden. Mehr [dazu] 20 halb bogen aller gattung gleich durch einander pro 1 gulden. Der hat er für 3 gulden genommen. Mehr [dazu] für ein orth [¼ gulden] und 5 gulden. Viertel bögenle allweg 45 pro 1 gulden. Für ein orth [¼ gulden] und 5 gulden. Der großen pogen aller gattung gleich 8 bogen pro 1 gulden, ist zahlt. Item meinem wirth hab ich zu kauffen geben auf ein tüchlein [Leinwand] ein gemahlt Marienbild umb 2 gulden. reinisch.
Beischriften: Zw antorff gemacht Das ist Hawbtman Felix der köstlich lawtenschlacher
Item zum andernmahl hab ich den Felix [Hungersperger], Lautenschlager, conterfeyt. 1 stüber umb birn und brodt; 2 stüber den bader; mehr [dazu] hab ich 14 stüber für 3 täfelein geben. Mehr [dazu] 4 stüber zu waisen [weiße Grundierfarbe], darvon zu bereiten. Mehr [dazu] hab ich einmahl gessen mit Alexander, goldschmiedt, mehr [dazu] einmahl mit dem Felix. Einmahl hat meister Joachim mit mir gessen. Mehr [dazu] sein knecht einmahl. Ich hab ein viesirung mit halben farben [leicht koloriert] den mahlern gemacht. Mehr [dazu] hab ich ein gulden zu zehrung genommen. Ich hab die vier neuen stücklein dem Peter Wolffgang geschenckt. Mehr [dazu] hat mit mir meister Joachims knecht gessen. Ich hab meister Joachim für 1 gulden kunst geschenckt, darum das er mir sein knecht und farb geliehen hat, und sein knecht hab ich für 3 groschen kunst geschenckt. Item dem Alexander, goldtschmied, hab ich geschickt die vier neuen stuck. Ich conterfeyt mit dem kohln diese Genoueser, mit namen den Tomasin Florianus Romanus, von Lucca bürtig, und des Tomasins zween brüder, mit nahmen Viencenz und Gerhartus, alle drey Pumbely [die Gebrüder Bombelli, Tomaso war ein reicher Seidenhändler]. So oft hab ich mit dem Tomasin gessen 12. Mehr [dazu] hat der rentmeister geschenckt ein leinen kindsköpffel; [Kinderkopf auf Leinwand] mehr ein calacutisch hülzen wehr [indischer Holzschild] und der rören leichten hölzer [Bambusrohr] eines. Auch hat mir der Tomasin geschenckt ein geflochten hut von holderkernen. Aber hab ich des einmahl gessen mit dem Portugaler. Auch hab ich des Tomasins ein bruder geschenckt für 3 gulden gestochner kunst.Mehr [dazu] hat mir herr Erasmus [Erasmus von Rotterdam] geschenckt ein spanioleins mentelle [spanisches Mäntelchen] und 3 conterfettisch man [Männerbildnisse]. Mehr [dazu] hat mir des Tomasins bruder geschenckt ein paar handschuh. Aber einmal hab ich conterfet Vicentium, Tomasinus bruder. Auch hab ich geschenckt meister Augustin Lumbarth die 2 thail imaginis (coeli) [Holzschnitte der beiden Himmelssphären]. Auch hab ich den wahlen [Welschen] mit der krummen nasen conterfet, mit nahmen Opitius. Item mein weib und mein mägdlein haben einen tag in herr Tomasins hauß gessen. Das sind 4 mal. Item unser frauen kirchen zu Antorff ist übergroß, also das man viel ampt auf einmal darinnen singt, das keins das andere irt, und haben altar, köstlich stifftung, do sind bestellt die besten musici, die man haben mag. Die kirch hat viel andechtiges gottesdienst [Andachtsbilder] und steinwerg und sonderlich einen hübschen thurn.Auch bin ich gewesen in der reichen abtei zu St. Michael, die haben von stein maßwerk die kostlichste Porkirchen [Empore], [als ich je gesehen habe, auch ein köstlich gestühl in ihrem chor.] Und zu Antorff sparen sie kein kostung zu solchen dingen, dan do ist gelds genug. Ich hab conterfet herren Nicolaum, ein astronomus. Der wohnet bei dem könig von Engeland [Hofastronom Heinrichs VIII.], der mir zu viel dingen fast [sehr] förderlich und nutzlich ist gewesen. Er ist ein teutscher, von München bürtig. Mehr [dazu] hab ich conterfet des Tomasins tochter, jungfrau Juten genant. Item der Hans Pfaffroth hat mir ein Philipsgulden geben, darum das ich ihn mit dem kohln conterfet hab.
Hans Pfaffroth Beischrift: Hans pfaffrot von dantzgen 1520 ein stark man.
Aber hab ich mit dem Tomasin einmal gessen; einmahl hat mich geladen meines wirths schwager, auch mein weib. Mehr [dazu] hab ich zween schlecht gulden gewechselt umb 24 stüber zu zehrung. Mehr [dazu] hab ich außgeben 1 stüber zu trinckgeldt, das man mich ein taffel hat lassen sehen.Item ich hab gesehen am sondag nach unser liben frauentag himmelfarth [15. August], den großen umgang von unser frauen kirchen zu Antorff, do die ganze statt versamlet was von allen handwerken und ständen, ein jeglicher nach sein standt auf das köstlichs beklaidet. Es hett auch ein jeglicher stand und zunfft ihr zaichen, darbey man sie können möcht, da waren auch in den unterschieden getragen groß köstlich stangkirzen [Stangenkerzen], und ihr altfränckisch, lang posaunen silbern. Do waren auch auff teutsch viel pfeiffer und trummelschlager, dis ward als hart geplasen und rumorisch gebraucht. Also sahe ich in der gaßen zeilweiß weit von einander gehn, also das ein grosse praiten [Breite] darzwischen war, aber nahend auffeinander, die goldschmied, mahler, steinmezen, seydensticker, bildhauer, schreiner, zimmerleuth, schiffer, fischer, mezger, leedrer, tuchmacher, becken [Bäcker], schneider, schuster und allerley handwerck und mancher handarbeiter und händler, zu der nahrung dienstlich. Deßgleichen waren do die krämer, kauffleuth und aller sort ihr helffer. Darnach kamen die schüzen der püchsen, pogen und armbrüster, desgleichen die reisigen und fußgenger. Darnach kamen die schüzen der herrn amptleuth. Darnach ging ein ganze roth sehr tapfferer leuthe, herrlich und köstlich beklaidet, aber vor ihnen gieng all orden und etlich stifft in ihren unterschieden, gar andächtig. Es war auch in dieser proceß gar ein große schaar der wittwen [Beginen], die sich mit ihrer hand nehren und ein besonder regel halten, all mit weißen leinen tüchern, darzu gemacht, von dem haupt biß auff die erdt bedeckt, gar sehnlich zu sehen, darunter sahe ich gar tapffere personen, und die thumherren [Domherren] von unser frauen kirchen mit aller priesterschafft, schulern und köstlichkeit gingen zu hinderst; do trugen 20 personen die jungfrau Maria mit dem herren J[e]h[s]u auff das köstlichst geziert, zu ehren gott dem herren. Und in diesen umbgang gar viel freuden reichs dings gemacht und gar köstlich zugericht. Dann do führet man viel wagen, spiel auf schiffen und andern pollwerck [Fuhrwerken]. Darunter was der propheten schaar und ordnung, darnach das neu testament, als der englich gruß, die heiligen 3 könig auff großen camelthiren und auff andern selzamen wundern reident, gar artig zugericht auch, und wie unser frau in Egypten fleucht, fast [sehr] andächtig, und viel ander dieng, hie umb kurz willen unterlassen. Auff die lezt kam ein großer trach [Drache], den führet S. Margareth mit ihren jungfrauen an einer gürtel, die war forder [außerordentlich] hübsch, der folget nach S. Georg mit seinen knechten, gar ein hüpscher kürischer [Kürassier]. Auch rit in dieser schaar gar zierlich und auff das köstlichs beklaidet, knaben und mägdlein auff manncherley landsitten zugericht, anstat mancherley heiligen. Dieser umbgang von anfang bis ans end, ehe es für unser hauß gieng, wehret mehr dann zwo stunde, also war das tings so viel, das ich in ein buch nie kunte schreiben, und laß es also frey bleiben.Jtem ich bin zu Antorff ins Fockernhauß [Fuggerhaus] gewest, das er neu gar köstlich mit ein sondern thurn, weit und groß, mit ein schönen garten gebauet hat, und hab seine hübsche hengst gesehen. Item der Tomasin hat meinem weib geschenckt 14 eln guten dicken haraß [Seidengewebe aus Arras] zu einer höcken [Mantel] und tritthalb elen halben attlas zu unterfüttern. Ich hab den goldtschmieden eine viesierung geriesen [gezeichnet] von frauenkopffpüntlein [Kopfbänder]. Item der factor von Portugal hat mir den wein in die herberg geschenckt, portugalisch und französisch. Item der signor Ruderisco von Portugal hat mir geschenckt ein fäßlein vol eingemachten zucker, allerley sort, darinnen mehr ein zuckerkanden schachtel, mehr zwo groß schüssel vol zuckerpenet [Zuckerstangen], marzipahn und allerley anders zuckers und etlich zuckerrohr, wie sie wachsen. Dargegen hab ich sein knecht 1 gulden zu trinckgeldt geben. Mehr [dazu] hab ich zu zehrung gewechselt ein schlechten gulden um 12 stüber. Item die seulen zu Sanct Michael im closter an der pahrkirchen in Antorff sind all von einem stuck des schwarzen, schönen goldstains gemacht.Ich hab von Antorff außgeschickt und geschenckt – bei herr Gillgen, könig Carls thürhüter, den guten bildtschnizer mit nahmen meister Conrad, desgleichen ich kein gesehen hab, der dienet des kaisers tochter, frau Margareth, – S. Hieronimus im gehaiß, die Melancholj, die drey neuen Marien, den Antonium und die Veronicam, und ich hab maister Gilgen geschenckt ein Eustachium und ein Nemesin.Item ich bin schuldig meinem wirth 7 gulden, 20 stüber, 1 heller, was am sontag vor Bartholemaej [24. August]. Item vor stuben und kammer und bettgewandt soll ich ihm ein monat geben 11 gulden. Auff ein neues bin ich mit meinem wirth eines worden am 20 tag im augusto, ist gewesen am mondag vor Bartholomaej [24. August], das ich mit ihn eß und über das mahl 2 stüber geb, und das trincken sonder zahl, aber mein weib und magd mögen heroben kochen und essen.Ich hab dem factor von Portugal geschenckt ein kleines geschniedenes [geschnitztes] kindlein; mehr [dazu] hab ich ihm geschenckt ein Adam und Eva, den Hieronymum im gehäuß, den Herculem, den Eustachium, die Melanckolj, die Nemesin; darnach auf den halben pogen drey neue Marienbild, die Veronicam, den Antonium, die weynachten und das creuz; darnach die besten aus den viertelbogen, der sind 8 stucklein; darnach die drey bücher, unser frauen leben, apocalypsin und dem großen passion, darnach den klein passion und den passion in kupffer, das ist alles werth 5 gulden. Eben so viel hab ich auch geschenckt signor Ruderigo, den andern Portugales. Der Ruderigo hat meinem weib geschenckt ein klein grünnen papagai. |