Minnereden
1300 - 1500
Minnereden
Quelle:Cod. Pal. germ. 355(Die Blattangaben führen jeweils zu denOriginalseiten der Heidelberger Handschrift)
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18. Hermann von Sachsenheim, Die Grasmetze
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[138v] | Wie wol das ich nit junk bin,so hän ich doch ain toben sin,des mir vil lút gestën muesen;doch so gön ich lieber uff den fuessen, |
5 | wenn das ich uff dem höpt tantz;ich nem aylfú zuo ainer schantzfúr súbnün, als ich úch beschaiden wil,uff dryen und uff aim gefierten spil.wernn es aber zwen jung und ain alter, |
10 | so ließ ich lieber in aim psaltermit ainem húpschen núnnelin.nún verniemen all die sinne min,wie die sind uff tobß gericht:Ich hett ainß mälß ain zuoversicht |
15 | zuo ainer schönen dirnen;dú kunnd den faden zwúrnen,den kelbernn ströwen, schniden graß.ains morges, do es summer wasund uns der may nach siner art |
20 | erzoegt hett mench bluemlin zart,do riet mir hertz, sinn und muothin zuo der selben dirnen guot,da ich sie in aim garten west; |
[139r] | sú grast irm kalb und tet das best, |
25 | als sú ir fröwen billich soelt.der selben dirnen was ich höltgewesen wol ain gantz jär,das ich sie nie kunnd ainig zwärfinden an kainen enden me. |
30 | ich gieng hin zuo ir in den cleund gruost die minenglichen mägt;ich sprach: «schoenßlieb, was dir behägt,das geb dir got zuo dinem tail;glúgk, seld, er und alles hail |
35 | si dir gewúnschet tusent falt!dú hast so gär nach wúnsch gestalt,das ich dir úmer dienen wil.minß hertzen trost, minr fröden spil,das solt dü län geniesen mich, |
40 | die wil ich leb und oewenckglich,so wil ich sin din dienst män.»sú lacht und sach mich spoettlich än,glich als ob ich wer her Jacobß knecht.mit kúrtzen wortten crüm und schleht |
45 | fand ich an ir den wider koff;sú danckt mir nach dem núwe loff |
[139v] | und segnet sich mit halben crútz.«ich waiß ob ich dich ir oder dútz»,spräch sú, «das solt du beschaiden mich! |
50 | weder bist ain mensch oder ain fich,des kann ich mich nit wol verstoen».ich sprach: «min hort, das sy getoen;was du begerst, das wil ich sin.»sú sprach: «nün kenn ich doch nit din; |
55 | war uff wolst du den dienen mir?»ich sprach: «min hoert, das sag ich dir:uff din gnad und anders nicht.du hast so zaerttlich an gesichtdas mir nit liebers wesen mag, |
60 | lept ich biß an den jungsten tag.kenst du mich nit, das hät mich fremd;du hest doch huewer och an das hemd,do ich dich sach by ainem tantzund ich dir bott avn ällen fantz |
65 | vier guldin an aim rogk zuo stúr,nit lang vor faßnacht húrin Junnten diner basen huß.»sú spräch: «y ja, nun ist es uß!bist du der alt woechner?» – |
[140r] | «en trúwen, das sind fremde mer»,gedacht ich mir in minem muot.mitzúchten sprach das dúrnlin guot:«sammer der guot her Sant Lutz!ich wond, du werst ain faßnacht butz; |
75 | ab dir so bin ich ser erschrocken!ich wen, kain schuesel in kaim rockenward nie als heßlich als du bist;wen das edellút ain er ist,so werst du wol da haim beliben! |
80 | sag an, was hät dich uß getribenund so frue zuo mir her getragen?»ich sprach: «min hört, das wil ich dir sagen.min glúck und hail lit gantz an dir,dar umb so tuo genaden mir! |
85 | tuost du das nit, so bin ich tot.»sú sprach: «das wer ain clainü not;ich nem ain fenden fúr ain roch.nun starb doch fern minß herren koch,der macht die aller besten súppen. |
90 | ich nem ain gebur in ainer júppenfúr dich in ainem saemit rock!» |
[140v] | ich gedacht: du rechter holtz bock,was hät gehútzt mich mit dir?das du so wol gefelst mir |
95 | und ich dir niht, das nimpt mich wunder.ain wil schluog ich min ögen underund wist nit wol war an ich was.zuo jungst besint ich mich doch baßund fieng min teding wider än. |
100 | das mir kain knoeppflin do entränvor enngsten, der ich hett genuog,deß was ich gail und ducht mich cluogund sprach: «min hört und liebster zart,bewiß dich nach der besten art, |
105 | syhe an din schoen und wipplich zucht!du bist als wol von Adamß früchtalß Secuondill dú kúngin.verniem und hoer die clage min,die ich in minem hertzen trag. |
110 | ungruewig nacht und tag,und was ich kumers von dir lid!»sú sprach: «du dungkst dich gar geschid,du sitzest uff dem predig stuol.do dich din muotter tett zuo schuol, |
[141r] | sú gab von dir ain gaissin bachen.»ich schmiert und begund ain wenig lachen,und gieng mir doch von hertzen nicht,und spräch: «min hoechste zuo versicht,der red enbir, das bit ich dich. |
120 | du hast so gär gewaeltiklichbesessen alle die sinn min!»sú sprach: «schwig still, es mag nit gesin;wann ich bin hie, so bist du dort:wie moecht ich denn dinnr sinne port |
125 | besitzen, so ich vor dir ste?»ich sprach: «min hört, du tuost mir we,wilt du min red nit hön verguot.es ist doch in deß maygen bluot,das yederman sich fröwen solt! |
130 | ward ye kain mensch dem andern holt,das bin ich dir uff guotten wön.»sú sprach: «das ist der schwer trämder fernder mir getremet ist.ach nummer domen Jhesu Crist, |
135 | was wunderß mit den heren fert!»wer haut das unhail mir beschert?gedächt ich mir in minem hertzen. |
[141v] | ich bat das dúrnlin ovne schertzendurch aller fröwen wirdikait, |
140 | wúrd ye kain trúw an sie gelaeit,das sú mir dett gnaden schin.sú sprach: «du magst ain bettler sin:du kanst vil gilens, als ich spúr;leg dich fúr ain kirchen túr! |
145 | verbind ain bain, das ist min rät.ob denn Sant Peter fuer dich gät,er haist dich wider uff stön.vil licht wirt dir ain besser lönals er zuo Ram den crúppeln tett. |
150 | wol hin und gang an din gebettund schlach din hopt umb ain alter!den hett ich pfeffers tusent malter,ich gebe ain koernlin nit umb dich!»ich sprach: «min hört, was zicht du mich? |
155 | nún hön ichs doch verschult nie.hertz, sinn und muot mir ye und yenach dir ringt wä ich bin.»sú sprach: «das ist ain fremder sin.wer litt denn ob, das tuo mir kunnt, |
160 | was ringenß sy zuo diser stunnt: |
[142r] | geschicht es inder schirmer wiß?ich wuond, du werst dar zuo zegriß,das du noch legst im langen ort.ain stúgk haist dú ysenin port; |
165 | dar uß so ficht man in dem schrannk.ich foercht, din ber schwert sy zuo krannk:es brech so es am besten sy.der gúldin kúnnst der bin ich fry;die hön ich gelernnt nach dem núwen sitten |
170 | und hön ain wil diß graß geschnittenund bin in minem rúcken mued.wie rietest, ob ich uff dich liedden sǒm und schigkt dich hain zuo huß?lieber esell, leb im suß! |
175 | gump uff, so sprich ich: hotastä!»ich spräch: «du redest loyca,da mit ich dir och gelten wil;ich kan och clueger sprúchlin vilund gespengelt teding, wie man sol. |
180 | wilt du, ich riht dinn rucken wolund zúche dir all din muedin ab.wie wol ich lang gefochten hab,so ist min berschwert nicht enzway.» –«en trúwen, das wer der may, |
[142v] | wer dir din berschwert bliben gantz.du häst gefochten so mengen ranntzdas es dir billich verschlissen wer.die súben hoew sind dir zuo schwer;vermoecht du dry, das tuo mir kunnt!» |
190 | ich sprach: «min hört, ich geb ain pfund,das du wist reht den willen min.»sú spräch: «das well wir guot län sinund richten uff ain andern loff.an der liebin litt der koff. |
195 | knúw nider, ich muoß ritten dich!du bist ain törohtz schmal vih;wiltu kiffen haber ströw?»ich spräch: «min hört, des bin ich fröw;was du begerst, des bin ich berait. |
200 | ich waiß wol das ain fröwe raitden wisen Aristoteleß.dem bin ich laider ungemeßan kúnsten und an hochen witzen.wol her, wol her, wilt uff mich sitzen, |
205 | ich trab und zelt dir wie du wilt.din zaertlich förm hat sich gebiltgar tieff in mines hertzen grund.»sú sprach: «das wer ain fremder fund! |
[143r] | nün bin ich doch kain maler nicht; |
210 | wie moecht ich den min angesichtgebilden in din hertz avne bensel?wol uff, wol uff, du rechter trensel,ich mag nit ritten grawú pfert!» -«du hundert tusent guldin wert,» |
215 | sprach ich, «min aller hoester hört,nit fliß dich also scharppfer wörtgen miner trẃ, das ist min ratt.du waist wol das geschriben stätund bewisen uß allen juristen |
220 | das nieman sol sin eben cristenmit worten lútzen noch verschmahen!»sú spräch: «nun wilß mir erst nachen –wilt du mich lernn die hailgen geschrifft,die unß Sant Bernhart hät gestifft? |
225 | da von so waiß ich nit zuo sagen.by aim guoten schwinß magenhett ich vor faßnacht fröden vil,da von ich dir nit sagen wil.»ich spräch: «min hört, daz lauß ich sin. |
230 | ich niem din huld fúr allú schwindie man inn Lußhart ye getreipp!»sú spräch: «ich nem fúr dich ain leippder súben nit wernd ainr bappeln wert! |
[143v] | mich wundert was din hertz begert, |
235 | das du dich dúngst so waidenlich.trab fúr ain wil, das bit ich dich;du finst an mir kain Múnch hoff zwar.trybst du din claffen tusent jär,es hilff dich nit als umb ain ay!» |
240 | ich sprach: «min hört, so wer enzwaywas ich zuo froeden ye gewan.»sú spräch: «was gät das bruoder Tylman an?der fernnder starb, schengkt huewer win.»ich spräch: «du macht ain Hússin sin; |
245 | ich wil dich fuer consilium laden!»sú spräch: «bringst mich den zuo schaden,du muost mirß gelten zwyspil!ain anders ich dir sagen wil:man luod mich necht zuo ainem tanntz; |
250 | da wil ich hin zuom rintzy ranntz,da vornenn in die laitern zwär,ich waiß mir ainn mit crusem här,den wil ich mir fúr aigen haben;der kann die rehten buochstaben, |
255 | der kann den texst und och die gloß;wer ich ain nunn in ainer cloß,ich welt im helffen mettinsingen, |
[144r] | das allú gloecklün muesten clingenund die ziegel wagen uff dem tach.» |
260 | gar zúchtiglich ich zuo ir spräch:«min hört, du dungst mich gar gefiert.ich bin der kunst och gemagistriertund kan die rehten fueß stig.der warhait ich dir nit verschwig: |
265 | ich muoß versuochen etwäs.»ain wenig trat ich nacherbaßund graiff ir nach aim brústelin.sú sprach: «du magst wol maister sin,ich nem fuer dich ainen ler knaben. |
270 | es ist nit guot rieben grabenmit kappen zippfeln, als man sait.»ich spräch: «min hört, du sagst die warhait»und graiff ir nach dem uff bast.sie gumppet ser und wert sich fast |
275 | mit fluochen, schelten, wie sie kunnt,doch ward er mir in minen munntund rang mit ir in gebúrlins wiß.sú sprach: «farnn schön und gebarnn liß,erschregkent nit das kindelin! |
280 | du macht ain reht huß ungelúk sin! |
[144v] | wennt yeman mag ich vor dir genesen;ich bin vor me ann rigeln gewesen.nit tuo mir an dem gantz we!»ich warff sie nider in den cle. |
285 | die túr was zuo, das kam mir eben.fast wider stellen, striben, streben,bagken, blegen, ringken, rancken,kropff stossen und winken, wancken,des huob sich vil und menger lay; |
290 | sy macht dar uß ain groß geschray,als ain dieb in ainem stall.ich waiß, ob ich ir wol gefall,das will ich an den zeller lan.ich muost eht wider uff stän, |
295 | dann mir das tier zuo wild was.sú sprach: «das du jar lame ain roch faßdem pfaffen truegest nach, das wer dir weger!siha, wie hast ain gelegerdoert gemacht mit dinem gewuoll! |
300 | du gist mim hertzen warm und kuellglich als ain alter wihkessel!du rehter schanden fessel,wie bist du so gär ain hertz laid!schow, wie naß ist mir min claid! |
305 | es wer zuo vil aim jungen lappen. |
[145r] | ich schriett dir schier ain alt kappenmit miner funst zuo dinem muol!du tuost glich als ain alter guelt,der grint und doch nit bissen wil. |
310 | hest du der jar noch als vil,so bist du doch kum halber witzig!wäs geb ich uff din claffen spitzig,das du biß her getriben häst?ich búgkt mich schier, hab dir den blast |
315 | der hynnen gät von miner pfiffen!ließ ich dich an ain zehen griffen,ich foerht, man hieß mich Legk spiß!»ich wönd ir frunntschafft hän gewiß,do schluog das rint den kúbell umb. |
320 | do gieng ich von ir als ain stuemund hett verlörn min zuo versicht.ich arm gesell ward uß gericht,alz der toeber tet sin magkt.das sy den wilden gensen clagt! |
325 | wie es mir aber sid geriet,als ich zuom letsten von ir schiet,das läß ich sin als es ist.ich glob, und kem der Encrist,mir wird ain loeffel nit zuo tail! |
[145v] | nun hin, das lauß ich an ain haill.ich welt, der win wer noch im faß;mir wer villicht gelungen baßgen disser dirnen cluog und fin.so schenck ich layder núme win: |
335 | er ist gerätten mir zuo bier.ich bin ain altes kemeltier,das sich die harr nit ritten lät.hie mit diser spruch ain end hät.wir alten minner land nit ab |
340 | und dienen doch mit krangker hab!Amen. |