Minnereden
1300 - 1500
Minnereden
Quelle:Cod. Pal. germ. 355(Die Blattangaben führen jeweils zu denOriginalseiten der Heidelberger Handschrift)
|
|
____________________________________________________________
| |
16. Das Zauberkraut
| |
[127v] | Ainß tags in ainer summer zitt,so lob und graß gemuot git,kam ich uff ain wol getziert velt.da fand ich bluomen weder gelt |
5 | von aller hand farwen guot.das lucht ein clein in minen muot,das ich da von ain froed gewann,und spräch zuo minr gespiln: «nun woldan!»die da allain by mir wäß, |
10 | «wir weln bluomlun und gräßbrechen zuo ainem crentzlin;da mit get unß die zit da hin.»wir giengen mit ain ander darund namen do der cruter war |
15 | die unß dar zuo nun fuegten recht.die vogel triben ir gebrecht,sie süngen alle wider strit.do brach ich uff dem anger witmeng crut das mir was unerkant. |
20 | Do ward mir ains in min hantdo von mir groß aubentúr geschach.als bald ich das crútlin ie abgebrach,do sach ich vor mir alle man |
[128r] | wer zuo der minn ie kain muot gewann, |
25 | und hort och all ir red wol,der ich doch gar nit sagen sol,und wúst och allen irn gedannck.mit wunder do min hertz rannckwie mir da geschenhen wer, |
30 | und ducht och mich ain fremdez merdas mir so meng hertz was kunntdas mir vor biß uff die selben stundso verborgen was gesin.do merckt ich erst das daz crúttelin |
35 | an im selbes hett die crafft.da von so ward ich gedencken hafftdas mich het gewundert lang zitt,dar umb ich hett gehebt menchen stritt:ob aim wer baß zuo muot |
40 | der mit gantzer trúw behuotwer ön alles wencken,oder aim der welt gedenckenan ains hút und an das ander morn.die arbait ducht mich gar verlorn. |
45 | Do ich nun vor mir sach all man,von den ich úch nit allen gesagen kän, |
[128v] | denn sin wúrd vil licht zuo vil.yedoch von aim ich úch nun sagen wil,des wandel gab so stetten schin |
50 | das ich maint uff die trúw min:sölt ich nach wiß und wort ainen knabenzuo rechter trúw erwelt haben,zuo im hett ich gehabt den besten trost.da von so ward ich bald erlost, |
55 | dann so bald ich im ie in sin hertz gesach,mich wundert das es nit zerbrach,so vil fröwen dar inn was.mich wundert wie er nie genaß!ain fuor in, dú ander uß, |
60 | als binn tuond uß irm huß.ich gedacht: schwig, hie solt du mer erfarn!min red wolt ich nit lenger sparn,ich sprach: «min usserwelter geselle wert,ainr fräg min hertz an dich begert, |
65 | der solt dü nit versagen mir.»er spräch: «ach lieb fröw, was irgebiettent, das bin ich all zitt berait.»sú spräch: «da ist mir von dir geseit |
[129r] | wie das du habst gar ain unstetten muot.» |
70 | er spräch: «ach lieb fröw, wer das tuot,was grosser súnd er an mir begät!dar umb sinr sele mag númer werden rät.»sú sprach: «schwig, geselle, und laß din zúrnen ab,wenn ich doch selbs wol ander funden hab. |
75 | ich hön ain crüt in miner hant,das tuot mir gantz din hertz bekant,und bin och durch fräg her zuo dir kummen,wenn ich vor nie hab vernummenob aim man der stettin pfleg |
80 | ain ainig lieb me muotz geboder aim der vil licht hat dry,welhem da baß zuo muot sy.»er sprach: «fröw, ir múgt wol junck sin,ir redenn glich aim kindelin. |
85 | wie movcht mich ain machen fro?sid ir min gedenck nün wissen so,so wil ich mich schuldig gebendas ich by allem minem lebenmienr bueln nie gewan |
[129v] | wen dry, so ich nit dor úber kam;und sust zuo menher hett ich guoten wön.solt ich denn nit me muotz hänwenn ainer der all sin stettikaitnun an ain ainig fröwen lait |
95 | und nit lept denn wie sú wil?da dunckt mich, er halt verlorn spil.wenn wer sin zitt also verzertdas er sich mit gedencken nert,mit dem welt ich nit gern haben gemain. |
100 | wa ich hin küm, da find ich aindie mir hoch gemuete git.da mit so bin ich fröw zuo aller zitt.»sú spräch: «du hast nit ainn rechten sin,der red ich úbel erschröcken bin. |
105 | denn sölt gedenck nit geben muot,so wer doch die minn zuo nútten guot;dann was ist ander minn nün mewen guotz gedingen wie es dar nach ge?und ich bin och úmer an dem sinn |
110 | das úmer yeman gantz froed gewinndann der sin hertz also berait |
[130r] | mit trúwen und mit stettikeitdas er nit mer den ain lieb hatund im sin sin nit fúrbaß stät |
115 | und das die sy sinß hertzen ögen.wenn er die sicht haimlich und tögen,ist das uff erd nit ain himelrich?mich bedünckt, der froed sy núntz glich.»er sprach: «ja, tett mir die ainig kain untrúw nit, |
120 | so welt ich och gern halten den sit.aber zway ding ich zuosamen gelichet hön:hat nun ain ög ain män,schleht inn ain ryß dar in,er muoß dar nach blint sin. |
125 | und der nun ain lieb haben sol,den zwain kan selten wesen wol,wann sy all zitt in sorgen muessen lebenwie sie sich gehuotten wol und eben.dar umb sol ain yeglich man |
130 | sich warnen so er best kän,das er der sorg múg wesen än.an aim buoln sol er nit hän,wenn man git im och des selben dran, |
[130v] | als ich úch wol beschaiden kan. |
135 | dann wer ainr ytelblawvon rechter stett und wúrd er gräw,es sy in ernst oder in schimpff,und kumpt ain junger der kainen glimpffkan mit kainerlay dingen |
140 | wen nur an dem tantz hoch springen,sin stätt verfacht in nit umb ein här,und hett er geharret zweintzig jar!zwar ettlich fröwen hand och den muotdas sie ritterschafft nit dunckt guot. |
145 | und ob ainr lib und guot tuot we,so froet sie ainr vil meund dunckt sie baß fúr trúren guotainr der da dient under aim kutzhuot.»sie sprach: «das wer groß ungelimpff, |
150 | das red ich än allen schimpff,solt man ain unverdienten man,der nie rittersmuot gewann,in guotter fröwen dienst sehen;und solt das mit irm willen beschenhen, |
[131r] | so rúw mich meng arbait,denn dú wer úbel angelaitvon menchem frömen man wert,der nicht denn guotter ding begert.solt den sin dienst verfachen also |
160 | das die frowen mecht froainr under aim kutzhuot.ich getruew das es kain guot frow tuet.da by so merck ich aber woldas untrüw ist kumerß vol. |
165 | wer ir ist zuo dienst berait,dem mert sich laid und arbait.wenn fröwen lett soelch getaetdas man so menhen lieb haetund dienst nicht verschmaht, |
170 | wa denn wort zuo wort verfaht.ich hön es vor dig gehoert,und ist ain alt gesprochen wort:ain ainig kind zuo hertz gätvil baß denn da man súbnün hät. |
175 | wie moecht ich súben wesen holt? |
[131v] | ob ich und fröwen nun räten soltdie durch muot weln lieb hän:das ain froewt ain bidermander dar zuo guot wer |
180 | das man in zuo kainer schwerinir moecht uff gehaben.ich schilt och nit die jungen knaben;er sy jung oder alt,hat er geburt und gestalt, |
185 | stät im zuo ritterschafft sin muot,den mocht wol ain fröwe guot,und man sich trüw an im versicht;dem sol sin jungent schaden nicht,doch das er sin trúw |
190 | behalt an mir än rúw.das mag mir me muotz gebendann ob ich recht min lebenals din sin gericht ist.din muot wert ain kurtz frist; |
195 | hast du hút lieb, so hast du morn laid.mich dunckt och das uff minen aid |
[132r] | das ain ainig lieb múg bringenmuot vor allen dingen.»er sprach: «des geb ich úch gelimpff |
200 | und red das gar ön allen schimpff:es sol úch billich geben muotdas ir ain frömen ritter guotin úwerm gebott hand so gardas er nit anders wil noch entar |
205 | denn wie úwer wille stät,und er sust kain andern buoln hätden úch, das fuogt uch gar recht.da mit so ist er gar ain armer knecht,wenn ir in úbellich senhent an |
210 | umb clain schuld (als ich wol hängesenhen wie im denn geschicht),und er von úch mag schaiden nichtund ir des selben an im werdent gewär,so macht ir in gar rúwe fär |
215 | umb den wint der da hin weght,das er sitzt und ist gebleghtund wúrd gerúmpfer den ain búr. |
[132v] | ich hän öch gesenhen me denn zwirdas sie denn warn der fröwen spot. |
220 | da vor so behuet mich, lieber herre got!wenn wer sich zuo vil stettikait nimpt an,der felt gern in ettikon,dar uff ich laider genaigt bin.dar umb so muoß ich han ain lihten sin, |
225 | das sol mir niemen fúr úbel hön.es kumpt och mench fröwen änvon úbriger stettikait,als mir ir ain hät gesait.darumb ich úmer uff dem sinn wil wesen, |
230 | ich múg mit dryen baß genesendan ob ich ainr allain werund ich der selben denn wúrd unmer.»sú sprach: «gesell, ist im alsodas trúw mocht so gar unfro, |
235 | als ich dich da von hoer sagen,und kumpt da von als groß siechtagen,so dunckt mich wol, der selb funntsy dir und menchen gesellen kunnt.syd unstettikait gesunthait bringen mag, |
[133r] | so mein ich, ir lebend als biß an den jungsten tag,und nimpt mich och nit wunder medas den fröwen dick wirt we,wenn es inn von rechter trúw geschicht,wenn sie kain untrúw kúnnen nicht. |
245 | ydoch wil ich mich erfarn baßob yeman sy der sinn haßoch an untrúw hab gelait,ob mir der selb welt sin beraitmit ernst gen dir zuo criegen.» |
250 | er sprach: «fröw, ir súln uch biegen,denn kain fröw sol sich nieman andas sú úber krieg kain män,wen es in gar úbel an stät.meng fröw sin clainen gewin genuomen hät.» |
255 | sú sprach: «darumb ich doch hilff gegen dir suochen wil.»Under dem kam min gespil,die mit mir uß gegangen was.sú sprach: «we, wie muegt mich dasdas dü stest alhie so verdacht |
260 | und es dich so lútzell verfächt!» |
[133v] | sie schlug das crutlin mir uß der hant,das es fiel hin nider santin ainen brunnen der da floß.mit dem runß das crutlin hin schoß, |
265 | das ich es númer me gesach.ach waffen jo und úmer ach,wie ward ich des so unfrö!ich sach noch hort zwar neman dodann min gespiln allain by mir. |
270 | ich sprach: «waffen jo, ich solt wúnschen diralles das dir zuo laid möcht kuemen,den du hast mir groß froed benuomen!»sú spräch: «lieb gespil, wie fuegt sich das?»ich sagt ir wie es mir gegangen was |
275 | und was ich hett gehoert und gesenhenund was mir der guot gesell hett veryenhen,und sagt ir unsern crieg von wort zuo wort.do sú nun von mir das erhort,sú sprach: «gespil, hett ich die hulde din, |
280 | ich geb dir och den rätt min:läß laiden dir unstettikait,als du mir vor dick häst gesait, |
[134r] | und blib uff dim alten sinn.da mit so dienst du der minn, |
285 | das sú dich von recht macht frö.»ich spräch: «min gespil, wie rëdst du so?er hät mir gesagt so recht wolvon unstett das ich im geloben sol,und das mir och die sinn min |
290 | werfent ain grösen zwifel drin.ydoch ich úmer frägen wilob der múg wesen also vildie mir minß kriegs by gestand,oder der die me liebß denn ains hand |
295 | und in das muot und froed git.»Wer mich nun wist uff disen stritt,dem wúnsch ich das im lieb geschech,ober mir der warhait jech;wenn ich das crútlin númer me |
300 | in miner hand gesaech alz e.ich hoff aber, der mer tail mir gestanddas stettikait in unserm landwerd brechen fúr unstetten muot.ydoch so dünckt mich min halb guot |
305 | das ich getrẅ und stett wil sin |
[134v] | úmer byß an das ende min,und raut och allen mannen und wibendas sie och uff dem sin beliben;wenn trúw und stett zimpt der minn wol. |
310 | das red ich als ich billich sol,wann ich bin trurig gewesendas vntruwe vor mir nit mag genesen.hie hat diser spruch ain end.got unß sin gnäd send! |
315 | Amen. |