B  I  B  L  I  O  T  H  E  C  A    A  U  G  U  S  T  A  N  A
           
  Meister Ingold
um 1380 - 1440/50
     
   


D a s   p ü c h l i n
v o n   d e m   g u l d i n   s p i l .


1 4 3 2

________________________________________________


VON DANTZENSPIL.

     In circuitu impii ambulant. Ps. XI. In dem umblauff wandlend die pössen. Die wort spricht David in dem psalter. Hie vacht an das tantzspil, und dar in so werdent begriffen allü andrü spil, als da ist: lauffen, springen, ringen, und andrü geradikayt da mit man des leibs krafft bewärt. Also spilt die arm traugkayt, und ir sicht zů und betrachtet die reich andächtikayt. Nun ist ze wissen das des tantz ursprung und anfang sind die haiden gewessen, die allü spil erfunden hand. Und die Juden hand es gelernet [40b] von den hayden, und durch das tantzen so wirt got erzürnet, und wirt volbracht abgöterey, und die haylgen tag werdend geprochen, und die schar des tüffels wirt gesamnet, und werdend gůt lüt geergert, und fröd wirt bekert in betrübnüß, und die siben sacrament werdent endert. Von dem ersten so stat geschriben in Moyses půch in dem XXXII capitel, do Moyses mit den zehen gepoten her ab dem perg kom, do sach er das das volk het auff geworffen ain guldin kalb, und tantzten dar umb und sungend. Und mainend da die lerer das da des ersten mals getäntzt würd von den Juden umb das guldin kalb das sy auf geworffen heten, und das an beteten für got. Und also hayßt es noch in tüsch tantz. Und do das Moyses sach, do ward er so zornig auf sy, und warf die stainin taffel auf die erd, das sy zebrachen, und schlůg drey tusend ze tod. Er wer vil minder bös der an dem suntag ze aker fier oder ander notürftig und nütz arbayt tät den tantzen. Got hat verboten an dem feirtag werk die got unerlich sind und dem nächsten unnützlich. Zů dem andern mal so wirt volbracht abgöterey, wann da setzt ains auf das ander sein hertz und liebin, und wirt gotz vergessen und aller seiner gnaden. Zů dem driten mal so werdent geprochen die zehen gepot, wan da petet man got nit an, man versaumpt vil mer das pet, die predig, die vesper, und allü gůtü werk. Man redet da bey dem namen gotz vil üppiger, törlicher und schädlicher wort, man macht den feirtag nit hailig, mer man entert in mit dem tantz, wan als manig sprung als manig todsünd. Dar zů auch so enterd man vater und můter lebent und tod. Da töd man die lüt gaystlich mit vil bösser nachred, und die es auch hörend, die dar von geergert [41a] werden. Da wirt falsch zügnüß geben, wer der best, der hoflichost und der hübschest an dem tantz sey. So tantzet der wol, so tantzet der übel. Da wirt volbracht unküsch in manger lay weis und ursach dar zů geben. Da wirt volbracht diebstal, wan da stilt der mensch im selber die edlen zeit, die er nach gotz lob vertzeren sol; die verzert man üppiclichen mit tantzen und springen und ander unfůr, dar umb er got rechnung geben můß. Dar nach so begert ains des andern gemachelen, klayder, reichtum, zerung, glimpf und schimpf, krantz und schapel, und was zů dem tantz und üppikeit gehört. Zů dem fierten mal so samnend sich da all sünd: man sündet mit füssen, die unnützen füßtrit zelt got, mit den augen, man sündet mit sehen, mit hören der pfeiffen und des saytenspils, mit dem mund mit singen und klaffen, mit allen gelidern und zierd des leibs, mit hertzen und willen. Das fünft ist das die gůten menschen da von geergert werdent und an gevochten. Es was ain mal ain klains münchlin aus aim wald, das sach tantzen, und fraugt sein altvater, was das wär mit dem langen har, mit den langen klaydern, mit den weissen schlayren. Der vater sprach: es sind gens; ain ander sprach: es sind tüfel die die lüt verkerend. Das münchlin oder das kind über drey tag vieng an und wolt auch in dem wald tantzen. Die frawen an dem tantz sind blossü swert des veinds, wan so sy die mentel von in legend und sich zů dem tantz rüstent, so ist das swert auß gezogen. Do sind so vil blosser swerter die den menschen verschneident mit sünden, so vil frawen und man tantzend; da ist ie ains dem andern ain swert. Wer ist der der under so vil blossen swertern unversert beleibt? Die kind die man dar zů verfiert und sy lert den tantz, die sind das münchlin das da verhawen ward in versůchung. Das sechst sind die frodigen wortt die da geschehent, durch die manig zorn und gevächt und [41b] todschlag geschehend. Das sibent das sy tůnd wider allü sacrament; wider den tauf das sy widersäten dem tüfel und allen seinen zierden, wider die firmung da mit sy das zaychen gotz, das ist das crütz an der stürnen, namen; wider die rü, wan sy solten nemen äschen auf iren kopf, und wider den orden mit versamen gůter werk, wider die haylgen e und ölung, wan wenn der mensch die emphacht, so sol er fürbas nymmer mer tantzen. Sy lauffent frölich tzů dem tod, und den gang mag nyeman gehindern. Von dem tantz schreibt Johannes in dem taugenpůch ain figur, und spricht: ich sach auss ainem loch springen matschreken oder höwschrikel, die heten menschenhäupter und langü hörner und kron auf den häubtern und heten schwäntz als die scorpion. Das alles bedüt die tantzer und tantzerin. Es ist auch ze merken das Sant Johannes der tauffer sein haupt verloß von ainer tantzerin. Die frawen und die hund sind geleich: wenn man ain hund fürt an aim sail, so wirt er bald müd, so man in aber ledig lat laffen, so wirt er nit als bald müd, und laft doch mangen unnützen gang. Also tůnd die frawen, so sy süllend laffen umb ablauß ir sünd zů gotz dienst zů gotz hüsseren, so sind sy bald müd, so trukent sy die engen schüchlach, so ist in das gewand ze lang, und geprist in gar vil, und ist in ze hayß; wenn sy aber springen und tantzen süllend, so werdent sy nit müd, wan der tüffel geit in sterk, das sy oft die man auß tantzend. Nun wil die reich sälig andacht auch tantzen zů der rechten hand mit unserem herren Jhesu Cristo an dem crütz in das ewig leben, und nit zů der glingen hand als die traug tantzerin, die da tantzend die schlauffenden täntz. Aber die andächtig sel sol tantzen mit irem gemachel Jhesu Cristo besunder XVII umbgeng die er hat getan. Der erst ist in můterleib, do Maria mit im in irem junkfrawenlichen leib gieng [42a] gen Jerusalem in das haus Zacharie und grůßt Elisabet. Der ander do Maria gieng von Judea gen Nazareth. Der drit do sy gieng von Nazareth gen Bethlahem und da gepar ir kind. Der vierd do sy mit im gieng von Bethlahem gen Jerusalem und in da in den tempel opfret. Der fünft gang do er ward gefiert in Egipptenland und von seiner zůkunft die abgöter nider fielen. Der sechst do er wider kom von Egipptenland und kom in den tempel, do er zwelf jar alt was, und lert da das volk. Der sibent do er kom in den tempel und dar auß traib kauflüt. Der achtend gang do er kam in den tempel an dem palmtag. Der nünd gang do er aber in den tempel gieng, und da lert die gerechtikayt und strauft umb die unrecht. Der zehend gang do er gieng in den garten an sein gepet. Der ölft do er in dem garten seinen veinden engegen gieng in ir hend. Der zwelft do er mit dem schwären crütz gieng an die stat, do er den pittern tod leiden wolt. Also sol ain ieglicher andächtiger mensch seim gemachel Jhesu Cristo in den zwelf gengen nach tantzen und springen mit aller andacht seins hertzen, und sol sprechen zů im: züch mich her nach dir, das wir lauffen in dem süssen schmak deiner salb, als geschriben stat in der minnen půch; und das ist der sin: züch mich mit deiner ler, wan ich bin swär, züch mich nach dir, wan ich pin krank in deinen gelüpten, als der ain kind zücht mit aim roten apfel den man im vor zaygt; züch mich nach dir, ich bin widerspenig, züch mich mit pein oder mit blaug, es sey mir lieb oder layd das ich nach dir gezogen werd in dein füsstrit. Züch mich nach dir, das ich dich äugenclichen lieb hab, züch mich nach dir, das zwischen mein und dein kain mittel sey. Züch mich nach dir, als der ain sak zücht das er vol werd, also das nichtz in mir müg denn götliche [42b] gnad. Züch mich nach dir, das ich in nieman kleb und haft denn in dir, underzüch mir all ursach die zů dir nit weissent. Und züch mir ab die alten bösen gewonhayt, und züch mich auß dem loch der verzaglichhayt, und züch mich auf den rechten weg, den du mir vor gegangen hast. Züch mich auß ainander, das ich deiner gnaden vil vas und enpfenclech werd. Nun sol die andacht für den tantz applas hollen. Das erst: sy sol rü haben in gegenwertikayt und peicht in willen. Das ander: sy sol aplas gelauben. Das drit: sy sol von der pein enbunden werden. Das fiert: sy sol das tůn das der aplasbrieff sagt, es sey pet oder anders. Das fünft: sy sol auch nit anders tůn denn aplas hollen. Das sechßt: sy sol den aplas holen mit gebet, dar zů sy nit gepunden sind, weder von gewonhayt, půß oder conscientz. Das sibent: sy sol sich auf den aplas also nit lassen das sy dester minder gůtz tů, oder dester mer sünd. Das achtend: sy sol den aplas taylen mit aller cristenhayt, dar umb das sy fremß aplas auch taylhaftig werd. Das nünd: das sy den aplas von dem der sein gewalt hat nem, und der nit in dem pann sey. Das zehent: sy sol beten für den der den aplas hat geben. Das ölft: sy sol pitten für den der den aplas erworben hat. Sy sol sich versünt haben mit irem widertayl, als Jhesus Cristus gelert hat: wilt du dein opfer pringen, so vorsün dich vor mit deim průder. Das zwelft: sy sol den aplas behalten, und den nit verlieren.
     Hie endet sich das tantzen, und vacht an das schiessen.