BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Clara Hätzlerin

um 1430 - 1476/77

 

 

Das Liederbuch

 

Bl. 299v (I, 53)

 

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Das wetter will vercheren sich,

Das brüff ich an dem winde,

Ich wont, ich hett gesellet mich,

Da ich vil fräd solt vinden;

5

So waisz ich laider, wie dem ist,

Die sunn ist vndergangen,

Es regent mir zu aller frist,

Darumb mir synn vnd můts geprist

Vnd leb auch mit gedrange.

 

10

Ain plömlin zart und eytel vein

Das ist mein vffenthalten,

In grön vnd graw es mir erschein,

Mein glück, mein trost, mein liebstes ain,

Hilff mir in fräden alten.

 

15

Ich hett mir selber vszerwelt

Ze trost in meinem hertzen,

Ain fälcklin, das mir wol geuelt

Ob allen falcken tertzen;

Das můsz ich laider fliegen lavn

20

Mit angestrickten schelln.

Das hett sich wol gemauset schon;

Wölt es zu meinem lůder stavn,

So wär wir gůt gesellen.

 

Das glück ist synwell, als man spricht,

25

Des hab ich gůt gedingen;

Mein hoffnung vnd mein zuuersicht

Sol mich ze fräden pringen.

Seid nyemant lieb on laid nit hat,

Wes solt ich denn genyessen?

30

Mein hertz in grossem vnmůt statt,

Wie sich das wetter nider latt,

Der weil will mich verdriessen.