Konrad von Megenberg
1309 - 1374
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Buch der Natur
III. HIR HEBT AN DAZ DRITTSTÜCK DES PUOCHSVON DEN TIERNIN AINER GEMAIN
B. VON DEM GEFÜGELIN AINER GEMAIN
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47.Von dem weien.
Milvus haizt ain wei. der vogel fleugt saim und swebt in den lüften alsô, daz er die flügel niht vast wegt in dem flug. der wei ist gar ain zucker und ain rauber und lâgt aller maist haimischer vogel und ist dem habich gleich an den kræuln, an den füezen und an dem snabel, aber er hât krum flügel niht aufgereht sam der habich hât. ain vorscher spricht von dem weien, daz der wei gar küen sei an klainen dingen, aber an grôzen dingen sei er zaghaft. in jagt der sparwær, wie daz sei, daz der wei dreistunt grzer sei dan der sparwær. der wei mag sein federn niht ab geziehen, er vlieg denne gegen mittem tag an daz mer und trink des gesalzenn merwazzers; und dar umb wenne diu zeit kümt, daz er sich mauzen schol, sô læzt er daz lant seiner wonung und fleugt an die vor genanten stat, und daz maint Jeronimus, wenn er spricht: der wei hât sein zeit erkant an dem himel. Pei dem weien verstên ich den sünder, der ist küen zuo allen kranken werken, daz sint die wolglüst diser werlt, und ist zaghaft zuo grôzen dingen, diu zuo den êwigen fräuden gehrent. der sündær lâgt aller maist haimischer dinge, daz sint des leibes wolgelüst. der sündær hât krum flügel ze fliegen all krum weg. die alten federn zeuht der sünder niht ab, denne er naig sich gegen mittem tag, dâ der sunnen hitz allermaist ist, daz ist gotes parmherzichait, wan got ist diu wâr sunne. dâ schol er trinken des gesalzenn wazzers, daz ist wâreu peiht und ganzeu rew. Mein herz pitet mich und mant mich der spiegel meiner sêl umb sölich zuogâb in disem puoch, und wærleich, ich vermag sein niht wol, wan ich vil arbait hân in andern künsten, die mir vor frömd wâren, und auch mit andern dingen, diu mich anvehtent. |