Konrad von Megenberg
1309 - 1374
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Buch der Natur
III. HIR HEBT AN DAZ DRITTSTÜCK DES PUOCHSVON DEN TIERNIN AINER GEMAIN
B. VON DEM GEFÜGELIN AINER GEMAIN
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24.Von dem stiglitz.
Carduelis haizt ain stiglitz. daz ist ain klainr vogel, sam Isidorus spricht, der nert sich von den disteln, und daz ist ain grôz wunder, daz der vogel sô wol singt und daz er doch gespeiset wirt von den scharpfen stichelingen der disteln. dâ pei verstê die guoten lêrer auf ertreich, die vil leidens habent und doch in den dornen diser werlt frleich got dienent. ach got, dû waist wol, wâ dein stiglitz singent, dû waist auch ir haimleich dornezzen wol: dû hâst selber gesungen auf erden unz in den pittern tôt. war umb leident dein guot freund niht auch auf erden? der stiglitz ist an dem leib swarzer und gelber varb und an dem haupt ist er rôt. er hât die art, sô er gevangen wirt und beslozzen in ainem vogelhäusel, sô zeuht er wazzer auf in ainem väzzel an ainem vadem mit seinem snabel und helt ez ze stunden mit ainem füezel unz er getrinket. daz ist ain wunder von der nâtûr, daz si dem klainen vogel die kündichait geit und tailt die witz doch niht mit ainem rind oder mit ainem esel oder mit ainem andern grôzen tier. alsô geschiht dike, daz von diemüetigen armen läuten ain gar vernünftig witzig kint geporn wirt und von grôzen fürsten ain narr und esel kümt. got, des sei dir gedanket, daz dû armuot nie versmæht hâst.
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