BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Konrad von Megenberg

1309 - 1374

 

 

Buch der Natur

 

III. HIR HEBT AN DAZ DRITT

STÜCK DES PUOCHS

VON DEN TIERN

IN AINER GEMAIN

 

A. UND DES ÊRSTEN VON DEN DIU

DA GÊNT AUF ERDEN.

 

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56.

Von dem schaf.

 

Ovis ist ain schâf. die hirten versuochent, welhiu schâf geleben mügen über den winter, und sprengent eiskaltez wazzer auf ir aller sterz. welhez dann daz wazzer vast von im schütt, daz ist stark; welhez aber des niht tuot, daz ist krank. daz schâf hât minner vernunft danne andreu tier. daz siech schâf macht diu andern leiht siech, dar umb muoz man ez von in schaiden. des widern art ist, daz er die äcker versmæht und läuft auz weges an die pühel. sein grimmichait wirt gestillt mit dem, daz man im diu hörner versegt. die dönr machent die ainlützen schâf erwerfend ir fruht; dâ wider gehœrt, daz man si zuo ainander samene under ain dach. diu schâf werdent vaizt von vil wazzertrinkens und allermaist von trüebem wazzer nâch mittem tag; dar umb gebent in die hirten vil salzes in dem ezzen, daz si vast trinken und vil milich gewinnen. Isidorus spricht, daz der wider ainen wurm in dem haupt hab; dar umb wenne in der wurm müeget, sô stœzt er mit ainem andern wider. er ligt ain halbez jâr auf ainer seiten und daz ander halb auf der andern seiten. diu schâf sterbent gar schier, wenne si daz himeltrôr ezzent in dem maien oder dar nâch, sô ez auf daz gras gevellt, und wenne si sich der eher überfüllent in dem augst. alsô geschiht den läuten, die der süezen diser werlt nâch volgent: die sterbent mit dem êwigen tôde. dâ von spricht Boecius in dem trôst der weishait: zwai vaz ligent an dem weg Jovis, daz ist an der strâz gotes, ainz vol wermuot (daz ist ain pitter kraut) und ainz vol süezes honiges. dâ von schüll wir leben under got, daz wir die süezen mit der säuren mischen. Aristotiles spricht, daz diu schâf unperhaft werden von grôzer vaizten. diu milch swarzer schâf ist pezzer und grœzer wan an den weizen, aber an den gaizen ist daz widerwarts. Ambrosius spricht, daz schâf izzt unmæzicleichen kraut, dar umb, daz ez den scharpfen winter fürht, sô wil ez sich vor des krautes saten, ê im daz der winter nem. wenne man si füert an dürre waid, sô lebent si verr lenger wan auf fäuhter waid. wer si auz ainem prinnenden haus füeren wil, der muoz si vast halten oder si laufent wider in daz feur. wenne diu jungen schâf zuo der unkäusch eilent, daz ist gar pœs, wan ez bedäut den schelmen an in. Aristotiles spricht, wenn diu schâf gesalzenz wazzer trinkent, sô unkäuschent si ê der zeit. wenn diu schâf swanger werdent gegen dem nordenwint, sô pringent si stärl; sô aber si zuogevâhent gegen dem sudenwint, sô pringent si weibel. sint die âdern weiz under des schâfes zungen, sô werdent die lämpel weiz; sint aber si swarz, sô werdent si auch swarz, und sint si rôt, sô werdent si zwivirbig. er spricht auch, wenn diu schâf gar vaizt werdent an den niern, sô sterbent si. daz schâf hilft wol, daz ez sich ergê an dem âbent. lemrein flaisch ist starken und gesunden läuten gar gesunt, aber siechen ist ez ungesunt. Isidorus spricht, ain lamp ze latein ist gesprochen ain erkenner, wann ez erkennt sein muoter paz denne andreu tier tuon, oder haizt agnus, von dem kriechischen wort agnon, daz ist sänft, wan ez ist ain sänftez tierl. Alexander spricht, ain schæffenz vel wirt nümmer guot ze pirmet noch kain vaizteu haut. Aristotiles spricht, wenn der wolf schâfwollen izt und die däwet, sô werdent mê würmlein dar inne auf der erden, wan auz anderm hâr.