Konrad von Megenberg
1309 - 1374
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Buch der Natur
I. Von dem Menschenin seiner gemainen Natur.
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5.Von den augen.
Diu augen sint zwai edleu glider an dem menschen, wan daz gesicht, daz in den augen sitzet, gibt uns ze erkennen mêr ding denn kain ander auzwendich sin. Aristotiles spricht, daz gesicht ist nâhen pei dem hirn, wan des gesihtes nâtûr ist kalt und fäuht, reht als des hirns nâtûr, und daz vint man an kainen andern glidern des leibes. daz gesiht ist vorn in dem haupt, wan daz tier schol sehen waz vor im ist. ain holeu âder gêt von dem hirn zuo den augen, diu haizt opticus, diu tregt die sinnelichen gaist zuo den augen, und wirt diu verschopt, sô mag daz aug nicht gesehen. die augen an dem menschen sint næher pei anander denne an kainem andern tier nâch seiner grzen. ain weg ze sehen ist gegeben paiden augen offen, dar umb daz icht ain aug sehe des daz ander niht sehe. daz aug versêrt oft den luft und die tier, die ez ansiht, dar umb daz in dem leib des augen fauleu fäuhten ist und vergiftiger dunst. alsô seh wir an frawen, die irn mônâtganch habent, daz si die newen spiegel fleckot machent, und wenne si ainem in sein siecheu augen sehent, sô werdent oft plâtern dar inn. dar umb spricht Avicenna, daz ain weip mit irm gesicht warf ain kämlein in ainen graben. des mensehen gesicht bedarf liehtes. iedoch schreibt man, daz Titus der kaiser in der vinster sæh, wenn er wacht, reht als an dem liehten tag und wurden auch seineu augen niht krenker, wenn si lang in der vinster wâren, als an andern leuten geschiht. Der augen gestalt und ir varb sint zaichen der guoten und der psen siten in des menschen sêl. alsô schreibent uns die maister in ainer sunderleicher kunst von den zaichen, dar an man siht, ob der mensch mæzik oder unmæzik sei, vorchtig oder türstig, hazzend oder minnend, traurig oder frleich. dar umb spricht Plinius, daz der muot wone in den augen. Daz aug ist gesetzt in siben röcke, daz sint siben häutel, dâ mit ist diu cristallisch fäuht verhüllt, dar an des gesihtes kraft ligt. kalteu ding sint den augen gesunt, aber diu hitz ist in schad, wan diu hitz entsleuzt der augen kraft. der augen spiegel ist sô frei, daz daz clain augäpfelein nimpt ain pild aines ganzen menschen oder ains grzern dinges. Diu augen sint alsô zart, daz man si leiht betrüeben mag daz si niht mêr oder kränkleich gesehent. iedoch hât man leut funden, den ir gesiht über zehen jâr wider wart. |