BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Ulrich von Liechtenstein

ca. 1200 -1275

 

Vrowen dienst

 

1255

 

Prolog

(Strophe 1-7)

 

__________________________________________________________________________________

 

 

 

Prolog

 

Ekkehard vom Westchor des Naumburger Doms

(Unbekannter Naumburger Meister, um 1250)

 

Ulrich von Liechtenstein, Frauendienst,

Niederösterreich, Ende des 13. Jahrhunderts

(Cgm 44, Bl. 1r, Bay. Staatsbibliothek München)

 

1

Den guoten wîben sî genigen

von mir, swie sî mich doch verzigen

nâch dienest ofte ir lônes hânt.

her, waz si tugent doch begânt!

5

der werlde heil gar an in stât.

ich wæn, got niht sô goutes hât

als ein guot wîp: daz ist alsô:

des stât ir lop von schulde hô.

 

2

Man muoz mirs jehen, wan ez ist wâr,

daz wîbes güete niemen gar

volloben an ein ende mac.

ir lop sich breitet als der tac.

5

wâ endet sich der sunne schîn?

swer mir daz ûf die triwe sîn

kan gesagen, dem muoz ich jehen,

daz er vil verre hab gesehen.

 

3

Ir schîn durchliuhtet elliu lant:

dâ von ist mir vil unbekant

ir schînes sprunc, ir schînes ort.

sich endent sanfter elliu wort,

5

und swindent lîchter elliu jâr,

ê daz der wîbe güete gar

und ouch ir hôhe werdekeit

mit worten werde gar volseit.

 

4

Wie sol man des vol zẹ ende komen,

des ende nimmer wirt vernomen

und daz für wâr niht endes hât?

alsô diu werlt nu gar zergât,

5

dannoch ist der wîbe brîs

ze himel und in paradis;

dâ von mîn sin und mîn gedanc

in lop ze sprechen ist ze kranc.

 

5

Wîp sint reine, wîp sint guot,

wîp sint schœne und wol gemuot,

wîp sint guot für senediu leit,

wîp die füegent werdecheit,

5

wîp die machent werden man.

wol im, der daz verdienen kan,

daz sî im bietent vriundes gruoz!

dem wirt vil maniger sorgen puoz.

 

6

Wîp sint hôher sælden rîch,

den engeln nie niht sô gelîch

wart alsam ir schœner lîp.

ein tugentriche reine wîp,

5

diu sich vor wandel hât behuot,

diu hât für wâr wol engels muot:

ir lîp hât ouch wol engels schîn:

daz nim ich ûf die triwe mîn.

 

7

Nâch disem lob sô heb ich an

ein mære als ich beste kan.

in gotes namen ich ez hebe

und wünsche des, daz er iu gebe

5

gegen mir sô zühterichen muot,

daz ez iuch alle dunke guot.

sô wirt mîn arbeit nicht verlorn.

ich hab daz liegen dran versworn.