BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Ulrich von Liechtenstein

ca. 1200 -1275

 

Vrowen dienst

 

1255

 

Teilnahme an mehreren Turnieren.

Ulrichs Niftel als Bote zur frouwe.

Mundoperation in Graz.

Lied I, Lied II, Prosabrief A

(Strophe 46 - 114)

 

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46

Diu hôchzôt nam ende dô.

von danne schiet vil maniger vrô

allenthalben in diu lant.

turniren huob man alzehant

5

durch die vrowen dort unde hie:

der versaz ich einen nie,

ich wolde dâ ze in allen sîn

durch die vil lieben vrowen mîn.

 

47

Mir wart daz turniren kunt

des einen sumers wol zwelf stunt.

man sach mich ouch tiustirens wern

vil manigen ritter mit den spern,

5

des lîp het ganzes mannes kraft

und ouch wol konde ritterschaft,

daz mir den sumer nie misselanc.

des sagt ich mîner vrowen danc.

 

48

Der sumer mit vreuden ende nam:

sâ der kalte winder quam.

dô muost ich minnesiecher man

durch not daz turniren lân:

5

wan ich vant sîn leider niht.

des het mit mir vil trûrens pfliht.

senlîch trûren was mir bî:

des wart mîn herze selten vrî.

 

49

Mîn trûren und mîn senedez clagen

muost mîn lîp verholne tragen:

des was ich oft? vil ungemuot.

mîn vrowe was alsô behuot,

5

daz ich ir nie ze keiner stunt

mohte gemachen rehte kunt,

daz sî mir was für eillu wîp

und lieber dann mîn selbes lîp.

 

50

Mich lie si leider niemen sehen:

dâ von sô kunde des niht geschehen,

daz ich ir sagt den willen mîn.

dâ von sô muos ich trûric sîn

5

reht als ein minne unsælic man.

ich ?nmoht ouch niht die boten hân,

die daz rehte sagten ir,

daz sî sô herzenliep wær mir.

 

51

Ich wil iu kürzelîchen sagen

und die wârheit niht verdagen.

si west sîn niht als umb ein hâr,

daz ich ir diente mîniu jâr.

5

des muost ich durch nôt trûrens pflegen,

mich oft in sorgen nider legen,

in hôhen sôrgen fruo ûf stên,

in sorgen sitzen unde gên.

 

52

Ich leit von sorgen ungemach;

nu hœret, waz mir dô geschach:

ich kom ûf ein burc geriten.

der wirt mich dâ nach vriundes siten

5

nâch sînen eren wol enpfie:

sîn wîp, mîn niftęl, ouch des niht lie,

si sprach: «vil lieber neve mîn,

dû solt willekomen sîn!»

 

[ . . . ]

 

Daz ist ein tanzwîse, diu êrste

(Bechstein I,23; Lachmann 18,5)

 

1

Wîbes güete      niemen mac

volloben an ein ende gar.

mîn herzeblüete      mangen tac

si machet mich gar sorgen bar,

5

swenn ich si sihe gekleidet stân

und alsô schœne vor mir gân

alsam ein engel wol getân.

 

2

Ein wîp      mich des betwungen hât

daz ich ir iemer dienen muoz,

der lîp      vil wol ze wunsche stât;

ir rôter munt gît reinen gruoz.

5

ich hân den wunsch an ir gesehen,

daz man ir muoz des besten jehen,

odr ich enkan niht frouwen spehen.

 

3

Dîner reine      trœste ich mich

noch baz denn ich gedienet hân.

dû bist eine      der wil ich

mit triuwen wesen undertân.

5

des tages swenn ich dich sehen sol,

sô wart nie manne mêr sô wol,

und ist mîn herze fröiden vol.

 

4

Hôhen muot      ich von dir hân ;

des weiz ich niemen mêre danc.

dû bist guot       ân argen wân;

ich dien dir immer âne wanc.

5

nu sprich daz ez dîn wille sî;

son wirde ich nimmer mêre frî,

und wone dir mit dienste bî.

 

[ . . . ]

 

 

Daz ist diu ander tanzwîse

(Bechstein I,35; Lachmann 30,1)

 

1

In weiz wiech singe

von der naht: diu gît mir fröide niht.

mîn hôhgedinge

der lît an dem tage: wan er ist liht.

5

ouch ist sîn schîn

der frouwen mîn

vil gelîch. des müeze er sælic sîn.

 

2

Er mac von schulden

loben die naht, der sæliclîchen lît.

sô muoz ich dulden

sendiu leit: dâ von trag ich ir nît

5

und lobe den tac,

swenn ich si mac

sehen, diu mir wol heilet sorgen slac.

 

3

Den tac ich êre,

dô ich die vil guoten êrste sach.

sît immer mêre

gab diu naht mir leit und ungemach.

5

si ist mir gram,

und ich ir sam.

wol dir tac, vil sælic sî dîn nam.

 

4

Sô mich besezzen

nahtes habent die sorge alsam diu mar,

des wirt vergezzen

sâ, sô mir der tac erschînet klâr.

5

sô kümt ein wân,

daz ich sül gân

die vil schœnen tougen sehen an.

 

5

Vil gerne ich wolde

loben die naht, ergienge ez immer sô

daz ich ir solde

nâhen ligen diu mich nu tuot unfrô.

5

wer wære ich dan,

ich sælic man!

wê daz mirs diu guote niht engan.

 

111

«Liet unde brief send ich ir dar

und wil ir endelîchen gar

enbieten, swes du hâst verjehen,

und daz ich dich hân gesehen.

5

ich wil ouch ir daz machen kunt,

daz dir als rehte stât der munt

für wâr als einem andern man:

dâ wil ich ir niht liegen an.

 

112

Den brief, den sî her wider mir

sendet, friunt, den wil ich dir

senden, ob er dir ist guot.»

«jâ, liebiu niftel wol gemuot.

5

dîn bot mich vindet bî der Muor.»

mit sölher rede ich von ir fuor

vrô unde hôhes muotes hein,

den rehten wec gein Liehtenstein.

 

113

Sâ dô ich von danne quam,

liet unde brief min niftel nam

und sand diu willeclîch zehant

hin, dâ man mîn vrowen vant.

5

der bot unlange bî ir was:

wan sâ dô sî den brief gelas

und ouch diu liet, dô schreip si wider,

seht, einen brief, der gefreut mich sider.

 

114

Dô der brief kom der nifteln mîn,

zehant dô muost ein bot ûf sîn:

bî dem sô sande si in mir.

des neig ich willeclîchen ir.

5

der brief, der tet mîn herze vrô,

mîn muot der stuont von schulden hô.

sô gern ich ê nie brief gesach.

nu sült ir hœren, wie er sprach:

 

Mîn huld und ouch den dienest mîn enbiut ich dir vil willeclîchen und tuon dir kunt, daz ich mich hebe von dem nâhsten mântage von dem hûse, dâ, ich alzan ûf bin, und var hinze dem hûse, als du wol weist, und bin über naht in dem market, der bî dir lît. Nu bit ich dich, daz du des iht lâst, du komest dar zuo mir: sô wil ich dir alles des antwürten, des du mir enboten hâst. wil ouch dîn neve dar komen, den sihe ich gern: durch sînen munt, wie im der stê, und durch anders niht.