BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Konrad von Würzburg

um 1225 - 1287

 

Der Trojanerkrieg

 

Das Urteil des Paris

Jupiters Rede. Die Reden von

Juno, Pallas und Venus. Das Urteil.

 

1611 - 2862

 

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Doch seite er in ze mære,

ein hübscher knabe wære

dâ bî in einem walde,

der scheiden künde balde,

1615

swaz verlâzen würde an in.

er hete alsô getriuwen sin

und sô bescheidenlichen muot,

daz er durch keiner slahte guot,

noch dur liebe, noch dur leit

1620

zerbræche sîne wârheit

und daz liuterlîche reht.

ouch seite er in, der selbe kneht

wære ein hirte unmâzen wîs

und hieze dâ vn Pârîs,

1625

daz an im gelîche

der arme und ouch der rîche

fünden starc gerihte grôz.

diz mære dô mit rede entslôz

her Jûpiter den frouwen.

1630

er sprach, ob si beschouwen

den selben hirten wolten,

dazs' einen boten solten

nâch im senden in den walt,

dur daz ir kriec sô manicvalt

1635

gescheiden würde rehte

von dem getriuwen knehte,

der sich ûf tugende wæge

und ganzer wâre pflæge.

 

Diz mære in allen drîen geviel

1640

sô wol, daz ir gemüete wiel

nâch dem hirten alzehant.

sus wart Pârîs von in besant,

der kûme doch ze hove kam,

wan in des michel wunder nam,

1645

waz er dâ schicken müeste.

hin ûz der wilden wüeste

kêrte er ûf die hôchgezît.

ein kleit daz truoc er bî der zît,

daz im dâ was gebære.

1650

nû sprechent, ob ez wære

von liehter sîden wol gebriten!

nein, sîn roc der was gesniten

ûz einem groben sacke

und hienc an sînem nacke

1655

ein grâwer mantel niht ze guot.

von vilze truoc er einen huot

und zwêne schuohe rinderîn,

die wâren zuo den beinen sîn

mit riemen dâ gebunden.

1660

ouch truoc er bî den stunden

einen kolben in der hant.

als man in bî dem vihe vant,

sus wart er hin ze hove brâht.

des wart vil dicke dâ gedâht,

1665

waz ein hirte wolte dar

vür schœne frouwen liehtgevar.

 

Paris begrüßt die drei Göttinnen

 

Doch wart er wol enphangen.

er kam für si gegangen

zuo dem gestüele wunneclich,

1670

dâ der kriec erhaben sich

umb den apfel hæte.

swie man in kranker wæte

den jungelinc dâ sæhe,

doch was vîn unde wæhe

1675

sîn lîp und aller sîn gebâr.

als ob er hæte guldîn hâr,

sus glizzen sîne löcke reit.

der wunsch der was an in geleit

von aller hande dinge,

1680

daz einem jungelinge

schôn unde sæleclichen stât.

het er getragen rîche wât,

sô wære ein wunder dâ gezelt

von sîner clârheit ûz erwelt

1685

und von der liehten varwe sîn.

diu gap sô wunnebæren schîn

ûz sînem swarzen huote,

als ob ein hac dâ bluote

von rôsen rîchen dornen.

1690

den süezen hôchgebornen

die frouwen alle an sâhen.

si sprâchen unde jâhen,

ez wære ein schedelichez dinc,

daz ein sô glanzer jungelinc

1695

ein hirte solte heizen.

er möhte in allen kreizen

ein künic lîbeshalben sîn.

sus wart durch sînen clâren schîn

Pârîs dâ gerüemet.

1700

mit êren wol geblüemet

wart von schœnen wîben er.

des hoves wirt, her Jûpiter,

enphienc in harte schône.

ze wirde sîner crône

1705

fuort er in bî den zîten

und sazte an sîner sîten

den süezen und den clâren,

der kunde alsô gebâren,

daz man im lobes muoste jehen.

1710

und dô der hof begunde sehen

und al sîn massenîe,

daz dirre wandels vrîe

wart schône enphangen mit genuht

und daz im keiserlîche zuht

1715

her Jûpiter mit rede bôt;

dô wart in allen harte nôt,

daz si gedrungen für den gast,

dem in der welte nihtes brast,

wan daz er guoter wæte,

1720

noch cleider niht enhæte.

 

Die fürsten und der künige schar

die kâmen algelîche dar

für den werden hôhen got.

si dûhte ein wunderlicher spot,

1725

daz im sô nâhe ein hirte saz

und daz er den sô hôhe maz,

daz er in liez die wirde hân.

von in wart rede vil getân,

waz er ze hove wolte,

1730

und waz er schicken solte

an dem gestüele wunneclich.

si dâhten alle wider sich:

dur waz kam dirre hirte her?

nû weste wol her Jûpiter,

1735

daz si des alle wunder nam;

dâ von er in mit rede bekam

und gap in sîn antwürte alsô:

ir herren alle, sprach er dô,

lânt iuch niht wunder nemen hie,

1740

daz ich sô werdeclîche enphie

Pârîsen, der hie sitzet.

enbrennet und erhitzet

ist er ûf keiserlîche tugent:

ez wart nie kneht in sîner jugent

1745

sô gar bescheiden, noch sô wîs.

er heizet dâ von Pârîs,

daz er gelîche rihtet

und allez dinc verslihtet

nâch rehte, des man frâget in.

1750

witz unde künsterîchen sin

hât vrô Sælde ûf in gewant;

dur daz hab ich in her gesant,

daz er die vrouwen süeze

von kriege wîsen müeze,

1755

der muot ûf disen apfel stât.

ir iegelîchiu willen hât

zuo der wunneclichen fruht.

nû sol Pârîs dur sîne zuht

den strît gescheiden under in.

1760

er heize diesen apfel hin

ir eine ziehen ûz in drîn.

swenne er mit den ôren sîn

verneme îr aller drîer wort

und iren kriec biz ûf ein ort

1765

gehœre und an ein ende,

sô gebe mit sîner hende

den apfel einer drunder

und lâze in der besunder,

diu ze rehte in haben sol.

1770

wirt endelichen unde wol

von im gescheiden dirre strît,

sîn lôp wirt michel unde wît

und muoz ûf al der erden

sîn nam erhœhet werden.

 

1775

Pârîse was diu rede leit.

er zôch dur sîne hübescheit

den huot gezogenlichen abe.

der hôchgeborne süeze knabe

stuont ûf mit zühten über lanc

1780

und leite sîne hende blanc

vür sich dô bî der stunde.

ûz einem wîsen munde

sprach bescheidenlichen er:

herr unde got, her Jûpiter,

1785

diz wære ein michel ungelimpf

und müeste sîn der liute schimpf,

daz ir ze hôhen sachen

mich nidern und mich swachen

kneht hie ziehen wolten.

1790

niht spotten ir mîn solten,

wan ich der jâre bin ein knabe

und ich der witze niht enhabe,

daz ich gescheiden müge den strît,

der hie ze hove an dirre zît

1795

ist umb den apfel schœne.

daz iuch frô Sælde krœne

vor allen hôhen wirten!

wer gæbe eim armen hirten

alsô bescheidenlichen sin,

1800

daz er den kriec hie leite hin

mit rehten und mit wâren zügen,

den künige niht gescheiden mügen,

noch vil manic wîser got?

diu rede ist wærlich iuwer spot

1805

und mac wol sîn dur schimpf getân.

möht ich daz ê gewizzen hân,

so enwær ich niht bekomen her.

nein, zwâre, sprach her Jûpiter,

ich wolte ungerne schimpfen dîn.

1810

bî der vil hôhen sælde mîn

swer ich dir einen tiuren eit.

daz ich dur die gerehtekeit,

der ein wunder an dir lît,

dich hân besant zer hôchgezît,

1815

noch anders durch dekeiniu dinc.

dû bist ein wîser jungelinc,

daz weiz ich und erkenne wol.

swaz krieges ieman scheiden sol,

den kanst dû wol verslihten

1820

und sô nâch rehte rihten

den liuten algemeine,

daz man dîn herze reine

sol iemer hôhe prîsen.

wilt dû von kriege wîsen

1825

die frouwen, die des apfels gernt,

sô solt dû wizzen, daz si wernt

vil hôhes lobes dînen lîp.

dich êrent drumbe reiniu wîp

und aller werden göte schar.

1830

wâ nû, ir frouwen, sprechent dar!

wie swîgent ir sô stille!

ist ez niht iuwer wille,

daz er iuch alle drî verneme,

und der dar under wol gezeme

1835

der apfel und der prîsant,

daz in diu habe von sîner hant

ân allen kriec und âne haz?

ja, sprâchen si, wir loben daz

gemeine und algelîche,

1840

daz er den apfel rîche

sül under uns der besten geben,

sô wir gesagen unser leben

und der hœhsten wirde ein teil.

er sol vernemen durch sîn heil,

1845

waz an uns drîn von êren lige,

und diu dar under hie gesige,

diu neme den apfel ûz erkorn

von sîner hende ân allen zorn.

Nû daz der jungelinc gesach,

1850

daz disiu rede niht geschach

in schimpfe, noch in spottes wîs,

dô nam der hübsche Pârîs

sich der frouwen krieges an,

sô daz er drunder obeman

1855

und ein scheider wolte sîn.

 

Paris als Schiedsrichter auf dem Thron

 

er saz dâ nider zuo den drîn,

die des krieges pflâgen

und sich mit vlîze wâgen

ûf den erwelten prîsant.

1860

wîslîche sprach er alzehant:

ir werden vrouwen alle drî,

sît daz an mich verlâzen sî

der kriec und ich den scheiden sol,

sô tuont durch iuwer tugent wol

1865

und erfüllent mîne gir!

sag iuwer iegelîchiu mir,

waz an si wirde sî geleit.

ir aller beste werdekeit

entslieze si mir âne haz:

1870

sô kan ich, weizgot, deste baz

nâch rehte hie gerihten.

swer kriege sol verslihten,

der muoz die sache wizzen;

dar umbe sint geflizzen,

1875

daz iuwer iegelich enbar

ir leben und ir wirde gar,

dur daz ich wizzen müge dâ bî,

wem under iu gemæze sî

der apfel rîlich unde wert,

1880

des iuwer drîer wille gert.

 

Pârîs die rede leite für

den frouwen rîch von hôher kür,

die si vernâmen gerne.

süez als ein mandelkerne

1885

sin edel sprâche dûhte;

dâ bî sîn varwe lûhte

glanz unde lieht dar under.

die göte nam des wunder

und die rîchen künge wert,

1890

daz an den knappen wart gegert

sô rehte hôher dinge

und man dem junge

der ein kint betalle schein,

getriuwe, daz er über ein

1895

bringen möhte ir drîer strît.

er wart dur wunder an der zît

mit liehter ougen blicke

beschouwet dâ vil dicke,

als man die werden schouwen sol.

1900

ouch kunde er iegelichen wol

verrihten sîner vrâge.

si leiten im dô lâge

mit sprüchen und mit worten,

des gap er z' allen orten

1905

sô kündeclîche antwürte,

daz man dô balde spürte,

daz er was hübesch unde wîs.

nû der getriuwe Pârîs

zuo den frouwen dar gesaz

1910

und er geredet hete daz,

daz von ir werdekeite

ir iegelîchiu seite.

 

Dô sprach Jûnô: daz sol geschehen!

ich wil zem êrsten besehen,

1915

ob ich den prîs behaben müge.

sît daz geschriben âne trüge

ist an den apfel wol getân,

daz in diu beste müeze hân,

diu komen sî zer hôchgezît;

1920

sô wirt er âne widerstrît

mîn eigen, daz erkenne ich wol.

von schulden ich in haben sol,

wan niender lebet mîn gelîch.

ich bin gewaltic unde rîch,

1925

junc, edel unde tugenthaft.

an guote hân ich wol die kraft

und alsô ganzer wirde ruom,

daz über allen rîchtuom

stêt mîn krefteclich gebot.

1930

ouch ist der aller hœhster got

mîn bruoder und mîn âmîs.

dar zuo trag ich sô werden prîs,

daz wîplich crêatiure

nie wart alsô gehiure,

1935

noch sô rehte schœne als ich.

kein vrouwe kriege wider mich,

daz si wunneclicher sî.

mir wont sô rîche sælde bî,

daz mir dienet manic lant.

1940

ich hân in mîner werden hant

grôzlichen hort und allen schaz.

dâ von wirt âne widersaz

der apfel endelichen mîn.

er sol mîn eigen iemer sîn,

1945

sît ich an rîchtuom und an lobe

sweim allen werden frouwen obe.

 

Pallas der rede antwürte bôt.

ûz einem liehten munde rôt

sprach si bescheidenlichen z'ir:

1950

der apfel sol billîche mir,

den wil ich âne zwîvel hân.

ze wunsche bin ich wol getân

und ist grôz êre an mich geleit;

jô walt ich aller wîsheit

1955

und manger hôhen künste.

von mîner helfe günste

wirt sælde vil gewunnen.

der siben liste brunnen

den leit ich unde kêre.

1960

von mîner süezen lêre

gewinnet man rîlîche tugent.

mir nîget alter unde jugent

und êret mich wîp unde man.

swaz man ouch hôher witze kan

1965

ertrahten und erdenken,

daz muoz ich allez schenken

ûz mîner gnâden vazze,

dâ von dû niht enhazze,

ob mir der apfel wol gezeme.

1970

daz ich in hie ze râme neme,

daz lâ dir wol gevallen,

sît daz ich ob den allen,

die zuo der hôchgezît sint komen,

hân witze und êre an mich genomen

 

1975

Jûnô diu wart des ungemeit,

daz mit ir umb den apfel streit

Pallas, der künste meisterîn.

dâ von des hordes künigîn

sprach ir aber schiere zuo:

1980

gespil, die rede fürder tuo,

lâ dînen kriec belîben!

ez lît vor allen wîben

an mir der sælden ursprinc.

mîn schaz erwirbet alliu dinc,

1985

des dîn witze niht entuot.

waz hilfet wîsheit âne guot

und alliu meisterlîchiu kunst?

rîchtuom hât werder liute gunst

und ist der êren überhort.

1990

künd einer Salomônes wort

und allen sînen houbetlist,

ob er dâ bî verarmet ist,

er dunket ein unwerder man.

swie lützel aber einer kan,

1995

der guotes wirt gewaltic,

sîn wirde ist manicvaltic

und êret in man unde wîp.

gebreste künsterîchen lîp

kan wîsen z'ungewinne.

2000

in armer liute sinne

verdirbet witze und êre.

man lêre, swaz man lêre,

man künne, swaz man künne:

guot ist ein houbetwünne

2005

wîstuomes unde künste gar.

dâ von dû sitelîche var

und enkriege niht ze vil!

den apfel ich behaben wil;

wan ich mit êren hie gesige,

2010

sît daz ich alles guotes pflige

und sînen hort besitze.

wie künde mir dîn witze

den apfel wol enphlœhen?

mîn name sol sich hœhen,

2015

und hie geprîset werden

vür elliu wîp ûf erden.

 

Pallas der worte niht vertruoc.

si muote sêre und übel gnuoc,

daz man die wîsheit sô beschalt

2020

mit rede wart diu wîse balt

ûf die götinne rîch erkant.

sich, sprach si wider si zehant,

wie gar dîn kriec ist üppeclich,

dû lâ dîn strîten wider mich,

2025

dîn rede hilfet niht ein ei;

wan allez guot ist gar enzwei,

swâ man niht rehter witze enpfliget.

an guote wîser man gesiget

und ist gewaltic über ez.

2030

kunst hât des guotes winkelmez,

wan si mizzet allen hort.

si muoz beschrôten ime sîn ort

und nâch der mâze rîzen.

swer sich wil guotes vlîzen,

2035

der muoz ouch haben liste,

dâ mite er guot gefriste

und ez beschirmen künne.

ein man wol guot gewünne,

het er eht sinnerîchen muot;

2040

sô möhte ein man verlieren guot,

der sinne niht enhæte.

schaz unde rîch geræte

bedarf wol guoter witze.

swie kunst vil ofte sitze

2045

rîchtuomes unde gülte vrî,

sô wont ir doch diu sælde bî

und alsô ganzer wirde lôn,

daz von ir sprichet Salomôn,

wîsheit sî bezzer denne golt.

2050

den apfel dû mir lâzen solt!

daz wil ich dir gedingen an.

witz ist ein hort, der niht enkan

geroubet werden, noch verstoln.

kunst mac wol eine wîle doln

2055

an guote bresten unde schaden,

daz aber si mit nôt geladen

sî ze langen stunden,

des hab ich niht befunden

und ist mir selten worden schîn.

2060

der wîse mit dem liste sîn

gewinnet wol êr unde guot.

ob er die gülte sîn vertuot,

er kan wol ander gelt bejagen:

sô muoz der tumbe rîche tragen

2065

bresten alsô lange vrist,

swenn er von guote komen ist

und er sîn gelt verliuret.

gehœhet und getiuret

ist edel sin für allez guot.

2070

swer einem sinnelôsen tuot

rîlichen hort in sîne pflege,

dur daz er sîn hüet alle wege,

der wil sîn guot alsô bewaren,

als ob er einen hieze varen

2075

ân alliu ruoder ûf daz mer

und in mit schatze sunder wer

dâ lieze in einem kiele sweben.

man sol mir disen apfel geben,

den kan ich wol verschulden.

2080

wîsheit mac übergulden

mit êren alles guotes hort.

daz ertrîch und der himel dort

mit künsten wurden ûf geleit;

si mahte gotes wîsheit

2085

und allez, daz in beiden ist.

jô füeget hôher künste list,

daz von ir wahset rîcher solt.

mit listen wirt gemachet golt,

und hât daz golt der tugent niht,

2090

noch der krefte in sîner pfliht,

daz liste von im werden.

ze himel und ûf erden

witz unde reiniu wîsheit

die crône ûf allen êren treit.

 

2095

Nû die götinne beide

mit rede ân underscheide

striten hövelîche alsus,

dô sprach diu vrouwe Vênus:

ir mügent iuwer kriegen lân,

2100

ich wil den apfel selbe hân,

wan er ist mîn von rehte:

an lîbe und an geslehte

kan mir kein vrouwe sîn gelîch.

wîstuom und alle gülte rîch

2105

mac überwinden mîn gewalt.

mich êret beide junc und alt

und erhœhet mînen prîs.

kein man ûf erden ist sô wîs,

noch sô rîch an guote,

2110

der mich in sînem muote,

noch vor ougen niht enhabe.

lânt iuwer üppic strîten abe.

der apfel ist mîn eigen.

ich kan iuch wol gesweigen

2115

an worten und an sinne.

ir wizzent wol, daz minne

brechen muoz für elliu dinc.

minn ist der fröuden ursprinc

und ir mittel und ir ort.

2120

si drücket aller künste hort

und alles guotes houbetschaz.

ir dienet âne widersaz

arm unde rîch, wîs unde tump.

si machet sleht gerihte crump

2125

und die krumben sache sleht.

si minnet ritter unde kneht,

küng unde fürsten nîgent ir.

der apfel der sol werden mir:

sît daz ich aller minne pflige

2130

und ich dâ mite an iu gesige,

sô lâzent mir den prîsant

belîben hiute in mîner hant

und in mîner hôhen pfliht.

nein, sprâchen si, des tuon wir niht,

2135

der apfel hœret dich niht an.

ez wizzen frouwen unde man,

daz wîsheit unde rîchtuom

erworben hânt der wirde ruom,

daz man si für dich minnet.

2140

ir zweiger kraft gewinnet

diu schœnsten wîp ûf erden.

kein frouwe diu mac werden

sô kürlich und als ûz genomen,

man habe ir lîp schier überkomen

2145

mit witzen und mit guotes kraft.

Vênus belîp niht kriechaft

umb den apfel wol getân,

wan unser einiu wil in hân,

der sol er eigenlichen sîn!

2150

entriuwen, er muoz wesen mîn!

sprach Vênus aber dô zehant.

Gelücke het ûf mich gewant

sô volleclîche sælikeit,

daz rîchtuom unde wîsheit

2155

erfüllent beidiu mînen muot.

wan swie der wîse erwirbet guot,

ez wirt mir allez undertân,

und swaz der rîche mac gehân

wîstuomes unde witze,

2160

daz nütz ich und besitze

vil gar nâch mînes herzen ger.

der minne strâlen und ir sper

entsitzet allez, daz der ist.

waz möhte Salomônes list

2165

gehelfen wider mîne kraft?

mîn lêre diu wart sigehaft

an sîner hôhen künste grôz.

Dâvît ouch gegen mir genôz

gewaltes niht ûf erden;

2170

sîn rîcheit muoste werden

geneiget mîner hôhen art.

Adâm von gotes gnâden wart

gebildet und gemachet,

doch het in ouch geswachet,

2175

diu minne schiere und ir gebot,

daz er begunde wider got

sô vrevelichen werben,

daz al sîn künne sterben

muoste durch die schulde sîn.

2180

jô zittert vor dem zorne mîn

vil manges herzen arke.

Sampsônes kraft, diu starke,

wart von mir überwunden.

diu minne hât gebunden

2185

alliu dinc mit ir gewalt.

von rehte muoz ich sîn gezalt

zer besten ûf der erden.

mir sol der apfel werden

ze teile sunder lougen.

2190

der herzen und der ougen

spiegel sol ich heizen;

ich kan beidiu reizen

ûf aller vröuden süezekeit.

der wunsch der ist an mich geleit

2195

und an mîner tugent kraft.

ich süene starke vîentschaft

und verslihte manigen zorn,

der niht werden mac verlorn,

noch gestillet âne mich.

2200

nû schouwent, wie vil manger sich

nâch miner hôhen helfe sene.

den sun ich von dem vater wene

ûf mîner süezekeite spil.

mâc unde friunt man lâzen wil

2205

durch mînes râtes lêre.

man wâget lîp und êre,

rîchtuom und alle witze,

dur daz man vrô gesitze

von mîner helfe stiure.

2210

nie werc alsô gehiure,

noch sô wunneclichez wart,

sô diu minne ist und ir art,

swâ man ir herzeclîche pfligt.

minn allen sorgen an gesigt

2215

und ist der vröuden überfluz;

minn ist der güete ein mandelnuz

und alles heiles wünschelrîs.

man sol mir lâzen hie den prîs

und den apfel ûz erwelt,

2220

wan ich zer schœnsten bin gezelt

und für die besten ûz erkorn

diu zuo der welt ie wart geborn.

 

Vrô Pallas und vrô Jûnô

der rede buten aber dô

2225

gezogenlîche antwürte.

die frouwen von gebürte

gewaltic unde rîche,

si sprâchen vil gelîche

zuo der götinne disiu wort:

2230

Vênus, gip dîme kriege ein ort

und ein ende drâte!

von hôher künste râte

und von des guotes lêre

wirt beidiu nuz und êre

2235

vil dicke noch gewunnen.

dîn lîp ist unversunnen,

der ie getorste sprechen,

daz minne künde brechen

vür wîsheit und vür allez guot.

2240

diu minne hât unstæten muot

und ist sô wandelbære,

daz ir daz wirt unmære

daz ir gewesen ist vil zart.

si triutet dicke unedel art,

2245

der si dâ solte sîn gehaz,

und nidert eteswenne daz,

dem si von schulden wære holt.

die minne dû niht loben solt,

wan si gar lützel triuwen hât.

2250

si spulget einer missetât,

der man vil wol enbære;

diu fröude wirt ze swære,

die si dem man ze lône gît,

wan si dar under alle zît

2255

tœtlîche sorge mischet.

von leide ir liep erlischet;

ir wol verkêret sich in wê.

noch hât si wandels an ir mê,

den man vil kûme an ir vertreit.

2260

ein dinc daz wirt ir morne leit,

daz si dâ minnet hiute.

daz man den armen triute,

des enwil niht ir gebot:

ein man ist alle zît ir spot,

2265

der læren seckel dinset.

swer aber hôhe zinset

ir spil und alle ir süezekeit,

der wirt vil nâhe z'ir geleit

und gedrücket an ir brust.

2270

mit sô getâner âkust

ir wille wirt vergellet.

swar an ir sin gevellet,

ez sî denn übel oder guot,

daz endet si gar unde tuot

2275

ân allen wîsen fürgedanc.

ze snœde enist ir, noch ze kranc

kein mensche ûf al der erden,

mac eht ir wille werden

an im erfüllet mit getât.

2280

si mîdet durch in unde lât

den tiursten von dem lande.

gebresten manger hande

lît an der minne unstæte.

getriuwes herzen ræte

2285

ir wille ungerne triutet.

und swaz man ir verbiutet,

daz ir ze schaden muoz ergân,

daz wirt zehant von ir getân

und erfüllet ûf ein ort.

2290

si næme silber unde hort

vür aller hande tugende ruom.

si lât witz unde rîchtuom

sich kündeclichen treffen

und alsô vaste ereffen,

2295

daz si des wænet, daz ir sî

mit triuwen manic herze bî,

daz mit valsche ist überladen.

si kan behüeten sich vor schaden

kûm oder lîhte niemer.

2300

swer si gelobet iemer,

der einweiz niht, waz er seit.

man sol witz unde rîcheit

vür alle minne rüemen.

niht langer darft dû blüemen

2305

si mit werdekeit alsus.

dû solt daz wizzen, Vênus,

daz dir der apfel niht enwirt.

diu minne süezem friunde birt

vil ofte ein bitter ende sûr.

2310

wie lac diu reine Blanschiflûr

hie vor nâch Riwalîne tôt!

wie starp diu liehte blunde Ysôt

durch ir friunt Tristanden!

wie stach mit sînen handen

2315

Pîramus ze tôde sich

und sîn âmîe wunneclich,

diu Tisbê geheizen was!

des grimmen tôdes niht genas

Phyllis, diu hôchgeborne,

2320

wan si von leides zorne

nâch ir friunde sich erhienc.

swaz minne wandels ie begienc,

daz sol man ahten cleine

biz an die schulde aleine,

2325

daz si getriuwen herzen

des grimmen tôdes smerzen

ze jungest gît ze lône.

Vênus, der wirde crône

sol dir hie werden tiure,

2330

sît bitterlîche siure

diu minne knüpfet an ir zagel:

ir ende ist der getriuwen hagel.

 

Vênus, der minne meisterîn,

von schulden muoste zürnic sîn

2335

durch dise vrevelichen rede.

si was ir muote ein überlede

und ir sinnes bürde.

man seit, daz si dâ würde

von zorne bleich, grüen unde rôt.

2340

antwurt si willeclichen bôt

den vrouwen unde sprach zehant:

ez ist iu beiden wol erkant,

vrô Pallas und vrô Jûne,

daz allenthalp Fortûne

2345

vor ungelücke schirmet niht.

wer mac vor leider ungeschiht

behüeten sich die lenge?

der sælden anegenge

belîbet niht an einer stat.

2350

jô walzet ir gelückes rat

vil stæteclîche ûf unde nider;

her unde hin, dan unde wider

loufet ez spât unde fruo,

dar umb enhœret niht dar zuo,

2355

daz man gevâre sîner art.

nieman sô rehte wîse wart,

der wizzen müge die lûne,

wan im ir heil Fortûne

zuo sîgen lâzen welle.

2360

des kan vor ungevelle

lützel ieman sich bewarn.

waz mac diu minne, ob ir daz garn

des ungelückes wirt geleit?

unheiles netze ist alze breit,

2365

daz gnuogen wirt gestellet.

ob einer dar în vellet,

der herzelicher liebe pfligt

und er dar inne tôt geligt,

dâ wirt diu minne unschuldic an.

2370

dem si vil hôher wunne gan,

der vellet lîhte in arebeit.

wie mac si denne sîniu leit

erwenden mit ir stiure?

swaz bitterlicher siure

2375

wirt funden an ir ende,

die leit mit sîner hende

ein veigez ungelücke dran:

dâ vor nieman gehüeten kan,

noch beschirmen lange sich.

2380

ir hânt gesprochen wider mich,

daz minne tougen als ein diep

leit künne mischen under liep,

daz ist ouch âne zwîvel wâr,

iedoch sô wirt ez âne vâr

2385

und durch guot von ir getân.

si wil bî sorgen fröude hân

und liep bî leider sache,

dar umbe daz si mache

ein deste wunderlicher spil.

2390

liep dunket deste lieber vil,

daz man dâ bî treit ungemach.

swem nie von minne wê geschach,

dem wart nie von ir rehte wol.

ein leit man gerne lîden sol

2395

durch manicvalter wunne kraft.

sorg unde reine trûtschaft

gezement wol ein ander bî:

jô machet kupfer unde blî,

daz golt den liuten ist sô wert;

2400

wan sîn wirt deste baz gegert,

daz sîn wunneclicher schîn

mit der schœnen varwe sîn

kan liuhten für si beide.

sus wirt ouch liep bî leide

2405

geminnet deste vaster,

daz kumber unde laster

an dem leide funden wirt

und daz liep dâ bî gebirt

êr unde fröude manicvalt.

2410

hie wirt diu minne mit gewalt

unschuldic zweiger dinge,

diu mir z'eim ungelinge

von iu sint gezogen für.

mit eigenlicher willekür

2415

swachent ir mich âne reht.

der minne dinc ist alsô sleht

und an sælden vollebrâht,

und ir hânt mir des zuo gedâht,

daz minne, diu vil reine,

2420

die liute dicke meine,

der si niht solte ruochen,

und sprechent, der si suochen

beginne, daz si vliehe den:

daz ist ouch wâr, wan eteswen

2425

begnâdet si dar under.

ez wære ein michel wunder,

ob si den allen würde holt,

die von ir minneclichen solt

unverdienet wellent hân.

2430

ir site ist sô getân,

daz si den triuweblôzen

ir vröude wil verstôzen

und ir vil hôhen süezekeit.

ist aber, daz im wirt bereit

2435

ir fröude lützel von geschiht,

diu gât alsô von grunde niht,

daz si durchnehtic heizen müge.

swâ valscher lîp mit sîner trüge

die minne wænet effen,

2440

dâ muoz der schade treffen

in selber und die minne niht:

wan ob im liebes iht geschiht,

daz ist wol halbez kunterfeit.

vermit er sîne trügenheit

2445

und hæte lûter sinne,

sô fünde er ganze minne,

und herzeclîche friuntschaft.

swer minne suochet und ir kraft,

der sol mit ir niht lôsen.

2450

ein wazzer wirt ûz rôsen

gebrennet und geflœzet.

swer valsch dar under stœzet,

ez wirt unlûterbære.

ob sîn ein fuoder wære,

2455

ez müeste gar betrüebet sîn;

der niht wan einen tropfen drîn

ûz fremdem wazzer güzze,

daz niht von rôsen flüzze,

noch wære ûz in gebrennet.

2460

sîn glanz der würde entrennet

an lûterlicher angesiht,

und wære ez an im selber niht

deste bœzer umb ein ei;

wan daz sîn varwe bræche enzwei

2465

und dem niht schînes gæbe,

der valsch dar under wæbe

und ez betrüebet hæte.

diu lûter minne stæte

dem selben wazzer ist gelîch.

2470

ir art ist alsô tugentrîch

und wil an ir den site hân:

wirt valsches iht dar în getân

sô tiure als umb ein cleinez hâr,

daz ir lop schœn unde clâr

2475

wirt betrüebet gar dâ mite.

doch swachent an ir tugent site

diu minne selber niht dar abe!

swer valsch dar în gemachet habe,

der wizze, daz er krenke sich

2480

an dem geluste lûterlich,

den im diu minne bære,

ob er niht valschaft wære

und er getriuwe wolte sîn.

wil er der minne liehten schîn

2485

mit valschen muote swerzen,

so erleschent im ir kerzen,

dâ von sîn fröude würde enbrant,

güzze drunder niht zehant

sîn trügelichez gunterfeit.

2490

rîchtuom und edel wîsheit

die wellent ouch vil dicke

mit valscher liebe stricke

der süezen minne vâren,

sô kan si wol gebâren,

2495

sam si niht merke ir trügenheit

und lât in fröude sîn bereit

von ir genâden stiure.

daz aber âne siure

diu selbe kranke vröude sî,

2500

der zuoversihte wil ich vrî

belîben hie ûf erden.

swaz in dâ nutzes werden

von ungetriuwem muote kan,

dâ vindent si niht anders an,

2505

wan den selben trügesite,

dâ si die minne suochent mite.

 

Den valsch, den si dâ sæjent,

den snîdents' unde mæjent,

noch anders keiner slahte fruht

2510

wan die vil armen ungenuht,

daz ir wille erfüllet wirt,

der in niht ganzer wünne birt,

noch herzecliches muotes.

wîstuomes unde guotes

2515

wirt an die minne vil geleit

durch niht, wan dur die trügenheit,

daz man si wænet tœren.

ir mügent strîtes hœren

und iuch des krieges mâzen.

2520

man sol mir hiute lâzen

den apfel wunneclich gestalt,

sît ich der minne hân gewalt,

diu manic wunder schicket.

si vlihtet unde stricket

2525

z'ein ander leben unde muot.

des beidiu wîsheit unde guot

niht vollenden kunnen.

minn ist ob allen wunnen

ein sunderlîchiu vröude wert.

2530

swer niht ir süezen lônes gert

und niht umb in kan werben,

der schicke eht umb ein sterben

und tuo sich lebender sælden abe.

swie vil er anders heiles habe,

2535

er muoz an fröuden tôt geligen,

wirt im der sælikeit verzigen,

daz er niht hât der minne gunst.

waz hilfet den guot oder kunst,

der muotes niht ûf minne treit.

2540

minn aller dinge süezekeit

mit vröuden übergüetet.

minn alle tugende brüetet,

sam sîniu kindelîn daz huon.

wer künde tugentlichen tuon,

2545

ob man niht minne pflæge.

nieman sich hôhe wæge

ûf êre und ûf der triuwen hort,

ob minne, daz vil reine wort,

niht wre z' allen

2550

ze herzen im gebunden.

 

Mit disen worten und alsus

bestuont diu vrouwe Vênus

ir zwô gespilen krieges dô.

vrô Pallas und vrô Jûnô

2555

die wânden ir gestrîten

und wurden bî den zîten

ir widersachen beide.

swie michel underscheide

wær an ir zweiger sinne,

2560

doch was in leit, ob minne

den sic dâ solte füeren hin.

si zwô gehullen under in

enweder sô, noch sus in ein,

wan daz der muot was an in zwein,

2565

dazs' umb den apfel beide striten.

dâ von si deste kûmer liten,

daz ieman anders drumbe vaht.

si leiten beide ir strîtes maht

ûf der minne künigîn.

2570

si zwô begunden ir dô sîn

mit kriege widerspænic

und wolten si gar ænic

des werden apfels hân getân.

seht, dô begunde in widerstân

2575

Vênus in allen orten.

mit witzen und mit worten

stuont si der süezen minne bî.

si sâzen kriegend alle drî

und triben des vil unde gnuoc.

2580

swaz wirde ir ieglîchiu truoc,

diu wart besunder dâ geseit

und ûf ein ende vür geleit

Pârîse, dem vil clâren,

der rehtes kunde vâren

2585

und ungerihte stôrte.

er saz still unde hôrte

ir kriegen und ir vehten

und wolte nâch dem rehten

rihten willeclichen dô.

2590

dô sprach eht aber Jûnô:

Pârîs, dû hâst den kriec vernomen

und bist dar umbe her bekomen,

daz dû nâch rehte scheiden solt.

nû wil ich silber unde golt

2595

dir geben hie ze lône,

dar umbe daz dû schône

und ordenlîche rihtest.

sît daz dû wol verslihtest

mit hôhen witzen elliu dinc,

2600

sô nim, dû werder jungelinc,

rîcheit von mir ze stiure.

schaz ist dir worden tiure,

wan dû bist an guote cranc;

des gib ich dir ân allen wanc

2605

ein wunder hie ze miete,

dur daz der hovediete

von dir werde kunt getân,

daz ich von schulden müeze hân

den apfel missewende vrî.

2610

gestêst dû mînem rehten bî,

sô mach ich dich sô rîche,

daz niendert dîn gelîche

wirt funden ûf der erden.

nein, Pârîs, dû solt werden

2615

mîn geziuc! sprach Pallas.

sît wîsheit ie vor guote was

und iemer ist ân ende,

sô nim von mîner hende

ze lône witze und edel kunst,

2620

dar umbe daz ich dînen gunst

ze helfe an mînem kriege habe.

dû bist der jâre noch ein knabe,

dâ von bedarft dû witze wol,

der ich dir wunder geben sol,

2625

ob dû mir rehtes hie gestâst.

swie dû mich hiute erwerben lâst

der hôhen sigenüfte prîs,

ich mache dich sô rehte wîs,

daz nie kein man sô wîse wart.

2630

sît dû bescheiden bist von art,

sô lâ dû mich den apfel hân!

Pârîs, getriuwer friunt, lâ stân!

sprach Vênus dô wider in.

hilf mir, daz ich den apfel hin

2635

mit rehte ziehen müeze,

vil werder knappe süeze,

des lône ich dir mit willen.

dîn trûren wil ich stillen

mit fröuden ûf der erden,

2640

lâst dû den prîsant werden

ze teile mir noch hiute.

ich gibe dir unde biute

die minne z'einem solde,

diu silber unde golde

2645

und hôher wîsheit an gesigt.

ir kraft diu brichet unde wigt

vür alle witze und allez guot;

dâ von sô kêre dînen muot

ûf ir lôn, getriuwer kneht.

2650

sît daz dû weist, daz ich hân reht,

sô tuo mir dîne helfe schîn.

hilf, daz der apfel werde mîn

und ich diu beste sî genant.

Helêne von der Kriechen lant,

2655

diu schœner ist denn elliu wîp,

diu muoz ir leben und ir lîp

an dich mit vlîze kêren,

ist, daz ich hie mit êren

die sigenuft gewinne.

2660

diu selbe küniginne

ist aller vrouwen crône;

si lebt in êren schône

und in der tugende huote;

von vleische, noch von bluote

2665

wart nie crêatiure

sô clâr, noch sô gehiure

sô diu schœne Elêne.

nû sich, wie diu Syrêne

und ir süezes dônes grif

2670

ziehe an sich vil manic schif,

sus kan diz wunneclîche wîp

mit ir clârheit mangen lîp

an sich ziehen unde nemen.

lâst dû den apfel mir gezemen,

2675

sô gib ich ez ze lône dir.

gestant niuwan der wârheit mir,

dîn vröude diu wirt manicvalt!

diu minne, der ich hân gewalt,

lât dich in hôher wunne leben,

2680

wirt mir der apfel hie gegeben.

 

Alsus gelopten bî der zît

die drî götinne enwiderstrît

Pârîse ir hôhen prîsant.

ir iegelîchiu dô zehant

2685

im sunderlîche miete bôt,

dur daz er si niht schamerôt

des mâles werden lieze

und ir den apfel hieze

dâ geben sunder widersaz.

2690

vrô Jûne diu gehiez im schaz,

sô lopt im Pallas wîsheit,

Vênus diu wolt im lân bereit

minn unde trûtschaft werden:

sus wart im ûf der erden

2695

geheizen drîer hande dinc.

dâ von sô wart der jungelinc

bekümbert mit gedenken.

sîn muot begunde wenken

dar unde dan, her unde hin,

2700

daz er den apfel under in

bestaten möhte rehte;

des wart vil nôt dem knehte

liutsælic unde schœne.

der drîen vrouwen lœne

2705

begund er merken tougen

und spien dô für sîn ougen

minne, wîsheit unde hort.

ir ende, ir mittel und ir ort

wolt er vil gar betrahten.

2710

ir iegeliches ahten

begund er dâ besunder.

nû dûhte minne drunder

vil bezzer sînes herzen muot,

denn alliu witze und allez guot.

 

2715

In twanc dar zuo diu blüende jugent

und sîn angeborniu tugent,

daz sîn gemüete ûf minne stuont.

er tet alsam die jungen tuont,

die von natûre sint der art,

2720

daz in sô liebes nie niht wart,

sô vröude ist unde wunnespil.

der witze enahtent si niht vil

und sint nâch guote niht verdâht.

würd eht ir wille vollebrâht

2725

mit kurzewîle und gelust,

si liezen vür des herzen brust

schaz unde wîsheit wenken,

noch künden niht gedenken,

wie man die beide erwürbe.

2730

ê daz diu jugent verdürbe

an vröuderîchem muote,

ê wolten si von guote

sich ziehen und von witzen.

dâ von Pârîs besitzen

2735

enwolte weder schaz, noch kunst;

ze fröuden kêrte er sînen gunst

und ûf die minne hôchgemuot,

diu vür wîsheit und vür guot

durliuhtic in sîn herze gleiz.

2740

Vênus geschuof und ir geheiz

daz wunder an im tougen,

daz er muost âne lougen

nâch hôher minne siechen.

daz Helenâ von Kriechen

2745

geheizen im ze lône was,

des nam er an sich unde las

den willen und die sinne,

daz er gestuont der minne

alsam ir eigenlicher kneht.

2750

ouch twanc in daz gemeine reht

und sîn spilende kintheit,

daz ir sîn helfe wart bereit

und der dienest sîn bekant.

ir frouwen, sprach er alzehant,

2755

ich hân gehœret wol den strît,

der under iu bî dirre zît

umb den apfel ist getân.

sît nû der criec an mich verlân

ist und ich in scheiden sol,

2760

sô darf ich der genâden wol,

daz sunder zorn belibe daz

und âne vîentlichen haz,

ob ich den prîsant einer gebe,

diu nâch mînem dunke lebe

2765

an der hœhsten werdekeit.

ich wil daz hiute ûf mînen eit

und ûf al mîn êre nemen,

daz der apfel sol gezemen

der hôchgelopten minne.

2770

Vênus, ir meisterinne,

diu neme in, daz erteil ich hie;

wan ez enwart kein wirde nie

sô rîlich als ir êre.

diu minne mit ir lêre

2775

machet mangen hôchgemuot,

den weder wîsheit, noch daz guot

kan fröudenrîch gemachen.

minn ist vor allen sachen

gewirdet und getiuret.

2780

swen ir genâde stiuret,

der hât den wunsch ûf erden.

witz unde guot muoz werden

durch der minne lôn verzert.

daz manic vürste hôhe vert,

2785

daz wirt ze dienest ir getân.

Vênus diu sol den apfel hân,

daz erteil ich ir bî namen

und wil mich niemer des geschamen,

swâ man daz verwîzet mir,

2790

daz ich in hân gegeben ir.

 

Paris überreicht Frau Venus den Apfel

 

Hie mite stuont er ûf zehant.

er nam den rîchen prîsant

in sîne blanken hende sider

und kniete hovelîche nider

2795

vür der minne vrouwen.

er lie si dô beschouwen,

daz er wolte ir diener sîn,

er sprach: erweltiu künigîn,

enphâhent diz cleinœte rîch.

2800

kein frouwe mac iu sîn gelîch

an êren und an werdekeit,

der crône ist wol an iuch geleit

und der apfel schœne.

ich prîse iuch unde krœne

2805

mit lobe in allen mînen tagen.

künn ieman anders iht gesagen,

der spreche sunder mînen zorn.

sus nam diu götîn ûz erkorn

den apfel wunneclich gestalt

2810

mit hôhem muote in ir gewalt.