BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Pfaffe Lamprecht

um 1140

 

Tobias

 

um 1135/40

 

Textgrundlage:

Der Pfaffe Lamprecht, Werke (Alexander, Tobias)

Hrsg.: H. E. Müller, München 1923

 

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Die Bruchstücke des «Tobias» sind auf zwei Pergamentblättern der Preußischen Staatsbibliothek Berlin (Ms. germ. quart. 1416) erhalten. Durch Bescheidungen sind die Blätter - vor allem fol.3v - stellenweise stark beschädigt. Von dem Gedicht, das etwa 3000 Verse umfaßt haben dürfte, haben sich nur etwa 250 Verse des Anfangs erhalten.

 

Die Erzählung ist in den Apokryphen des Alten Testaments überliefert und spielt in Mesopotamien, als Salmanassar (727-722 v. Chr.) die Israeliten nach Assyrien verschleppt hatte. Tobias begräbt heimlich die von den Machthabern erschlagenen Mitgefangenen. Dabei fällt ihm Schwalbenkot auf die Augen und er erblindet. In seiner Not schickt er seinen Sohn, der ebenfalls Tobias heißt, zu seinem Verwandten Gabaël nach Rages in Medien, der ihm noch Geld schuldet. Als Reisebegleiter findet sich unerkannt der Erzengel Raphael. Unterwegs kehren sie bei dem Verwandten Raguël ein, und Tobias hält um die Hand der Tochter Sara an. Zur Hochzeit wird auch Gabaël eingeladen und erscheint mit reichen Geschenken. Tobias kehrt mit großem Gefolge zu seinem alten Vater Tobias zurück und macht ihn mit Hilfe des Engels Raphael wieder sehend.

 

Kopf eines alten Mannes

(Chichester, Kathedrale, um 1120)

 

[3v]

. . . er tobie

 

e vns geven.» daz wer hie so rechte geleven. Daz wer

n.» in der vorderen schare. Dar ist stedeliche selich

t. Des biddit der paffe lambrecht.» al ne ist er nith

die.» die sich zvo deme rechte willent gezien.

5

hen.» daz rvret manege gvode sachen. So we

z er sich wereliche begat. Vnn hauet her dan der se

ie so minnet er diz bvoch. Iz leret ine vile

ar na van. Daz er sconer hevede plegen.» vnde

en. Iz wiset ovch den bosen.» wie er sich mach

10

ie hevet des gewalt.» der manegen wnder hat ge

chte.» daz ich ittezvene dar mide berichte. Iz

z er vch albetalle vnzit. Van vnrechteme ge

bi.» in testamento (winne.» nv horet wie ich des beginne.

echte.» dat quit von deme aldeme gedichte.

15

iungen man. Dar vmbe ich doch des began. Der

zet ime thobyas. Vnn saget dat her den lif gewn

e. Vnn duotet ovch mere.» von welekeme lande daz er were.

son.» die stichdede neptalym unn zabulon. Ze

ere.» dar vor ein kuoning mit sime here. Salmanasar

20

egede do al daz lant. Vnn vieng die er wolde

i gan. Da was salmanasar gesezzen.» ein kuoning

e den si grozen arbeit.» alseman den gevange

eden ane ein kalf.» dat zeniewene ne half.

ge.» si musten dinsen vnn dragen. Beide stei

25

vestedeme die lant. Thobyas was der gevan

schein. So wie so er iz ane gevire.» er ne

Vnn also man sine genoze dvang.» ezzeliche

inen vleisch azen.» si ne dorsten iz niet la

n afgoden gaf.» dat zv orn e niet ne draf.

30

n.» vnn ne woldes niet gemeine sin. Dvrch ne

andiz die e verbocht. Vnn er was noch dan ein

si nv sint. Van den heiligen manne thobi.

nach men iammer horen. Van einen israhelische

ien kan. Her was gerecht vnn ein gut man.» vnn

35

iez en hezzen swinen vleisch.» her ne hattes al

van iz ginc zv siner zweer.» her vochtede dot . . . . er

<slan> also . . . . ne wive getan. Dar nach

t.» die alle in godes riche sint. Wan in liuet

h daz die e vorboth. Nv nehaue man des nehe

 

darunter auf dem Rand noch drei Zeilen:

 

l dichke also geschit. menigen steit sin dum

e dat her wol decleidet es. vnn wenet sin ach Da

. . e d . . . die cleider sint cleider. der man is man.

 

 

[4r]

. . . . . . . . . . . . . . . nen wan,

Thobias lichte hette so getan.

der in so verre hette getriven,

des liues hette her er vercriegen.

 

 

Incipit Thobias de tribu Neptalim.

<et> de ei<us> vita <mirac>ulo<sa>

 

5

Alle die hir nv sint

der heiliger cristenheithe kint,

die hir in gode sint ge|dovchf,

die her wider hat gekovchf

mit neheime anderen gvde

10

mer mit si|nes selues blude,

daz si dit niet ne merken,

so dichke so si sich verwerken,

so dichke so sie die dinc ane gan,

die wider vre rechten e stan.

15

vnn dvnt daz vmbetvngen,

beide, die alden vnn die iungen.

ich ne <rede> iz niet vmbe den toth,

mer vbe aller slachten nocht.

so dvnt sie alle <svnden>,

20

die sich wole vore hvde kunnen

vnn ne hauen sich des neheine maze.

die rechte hymel|straze

die lazen si in bevellen

vnn nemn den stich zv der hellen.

 

 

Van Thobien.

 

25

Hir mvgeter gvode dinc verstan:

Salmanasar liez Thobyen ledich gan

swar so er wolde over lant,

do man die andere vozzerete vnn bant.

in liez man von allen werke vri,

30

sus saget uns diz bvoch Thoby,

vnn gaf ime dichke schone geve,

lief was ime Thobias leven.

Thobyas der vntkante sich

vnn streich aller iare gelich

35

heime deme geware gode ze vlen

zu der burch ze Ier<usa&t;l<e>m

vnn ich sage vch wes er noch plach:

so wa er sinen genoze sach,

vile min|neliche er irne gruzthe,

40

sine nocht er ime bvzthe,

vnn alles des er verwilt

dat teinde deil er gode beheilt.

 

 

Van Thobien. vnd Gabelo.

 

Nv vernemet eine dvogen groz:

dar quam ein sin genoz,

45

Gabel was er ge|nant.

dvrch hunger so rumede er sin lant.

zein mark er ime gaf,

in einen redelichen dach,

so wanne so er is gegerede,

50

dat er si ime wider ge|werede.

Gabelo dat vile wole leich.

weider her ze Rages streich.

Rages stat durch Meden lant,

dar der engel sint wart gesant.

55

Raguel was ein gut man genant,

der quam gegangen in daz lant

vnn tholede groze node.

Thobias dede ime michel gvode.

sus vor dethe er daz er gewan.

60

diz svlon merken die ri|che man,

die sich so vaste tvengen,

dat se der silen niet ne gedingen.

Alse Thobias zv sinen dagen quam,

eine sine genothen daz er nam.

65

vile wo|le her sich betruch.

der kuoning gaf ime genuch.

nv wart der kuoning dan|nen vertriven,

daz ist in lib. regum gescriven,

her ne dorste da bliven nicht me

70

vnn vlo zv Ninive,

vnn nam den knapen Thobyen mide

durch sinen vile gvten si|de,

vnn hauete ine vnn sin wif

mit genaden allen sinen lief.

75

svs rvme|te Thobyas sin lant.

Anna was sin wif genant.

dar na over vnmanigen tach

eines kindes si gelach.

zv den achtendeme thage do man iz besneiht,

80

alse man ander alden e deith,

na den vater nantemen daz kint.

iz getroste inen vile wole sint.

 

 

Van Thobias.

 

Tobyas karte sinen sin

uppe daz hyme|lische gewin.

85

die sichen vnn ovch die armen

die liez er sich irbarmen.

den weisen offende er sine porte

dvrch die godes vorthe.

al vnrethes was ime leit.

90

deme nachedeme gaf er daz cleit,

deme hungere|ge gaf er daz er ge az,

zvo neiner gvde was er laz.

die gevange[4v]ne troste er alle <zit>.

er dede alse Salomon quit:

95

«so we die <godes> vorthe hv|de,

der ne vergezzet ne geiner gvde.»

der siner wole dede

dvrch therer silen ge|rede,

derre saget vns daz bvch michel me

100

dan ich der vch hie beie.

an si|nen gelovuen was er vast,

daz dar nicht <ane gebrast>.

ne <were man ne> wiste wiher sich gehete,

die men von deme lieve vnt fethe.

 

 

Thobias

 

105

Ninvs stifthe Niniue.

sin alder vater was der here Noe.

Assvr was er ge|nant,

do er wonede in Babilonien lant,

da er den torn half sthichten

110

mit listen ovch mit . . .

si plagen al einer zvngen,

beide die alden vnn die iungen.

si wande zv hymele climmen

vnn gedachten alse die dummen.

115

daz vntwrachte godes rache

vnn wandelode ire sprache.

iegelich die des werkes plach

her ne wiste wat der ander sprach.

do bleif der torn also

120

vnn was vier dunsint woze ho.

die mortere noch den stein

der ne lach dar ane nechein;

iz waren gebackene zielen,

so daz sie nit ne vie|len,

125

so was ith mit harze gespiset,

svs hauet man mich gewiset.

do begvnde in da ze leiden.

do ginc iz an ein scheiden.

sie vntgaden sich wide over lant,

130

iegelich da er sin gemach vant.

dannen quam Ninvs zv Niniue.

vns saget des p<ro>ph<et>en bvoch,

den der visch dare trvoch,

so groz so si Niniue,

135

daz si dri thage weide beve.

wer ne be durfthen der rechten niet me,

ne were von ime quam ein kint,

daz sthifthe Trire sint.

 

 

Thobias.

 

Nv rede wer zv stvnden

140

von deme ich des begunde.

nv starft der kuo|ning Salmanasar.

owi, wie sere er Thobien irbar!

sin svn quam dar na in daz lant,

sines reiches er sich vnder want.

145

Sennacherip er hiez.

niemanne er mit gvde ne liez.

Thobyen nam er alle sine draget,

des ne deder nie ne|heine claget.

dar na hiez er allez irslan,

150

die dar gote weren vnderdan.

Thobyas begrvf si alle samen

dvrch des gewaren gotes namen.

der kuo|ning samenoda, michel here nam er da

vnn vor in daz lant zv Iuda.

155

dvrch sinen vngelovfen

wolde her Ier<usa>l<e>m rovfen.

got gestillede daz vnge|mach:

eines nachtes, do er in sinen gezelde lach,

der slande engel vnder sie quam,

160

vil manegeme here den leven nam

danne muste er vlie|ende riden.

diz geschach in Ezechielis ziden.

der kuoning ze Ier<usa>l<e>m was,

des irbat Ysayas.

165

alse er wider quam ze Niniue,

des leithes dede er do michel me:

do hiezzer alle die tot slan, die e hetten

vnn ane got gedech|ten.

nv neweiz ich wie er iz ane hvf,

170

daz si Tobias begrvf.

sinen man|nen er gebot,

dat er isge . . . en den tot.

Thobyas rvmete vze der stat

vnn sich also besath,

175

dat hie si nachtes begrvf,

die der kuning des thages irsluch.

after den viif vnn virzic thagen

so wart Sennache|rip geslagen.

ine slvgen sines selves kint.

180

war denken die der cristen sit,

dat si gode vlien

vnn vechten vffe Ier<usa>l<e>m.