BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Hartmann von Aue

um 1160 - nach 1210

 

Lieder

 

Minnelieder

(vor 1188/96)

 

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XIII

 

1

MF 215,14

Ich muoz von réhte den tac iemer minnen

dô ich die werden von êrst erkande

in süezer zühte mit wîplîchen sinnen.

wol mich, daz ich den muot ie dar bewande!

5

Daz schat ir niht und ist mir iemer mêre guot,

wand ich ze gote und ze der welte den muot

deste baz dur ir willen kêre.

sus dinge ich, daz sich mîn vröide noch gemêre.

 

 

2

MF 215,30

Sich mac mîn lîp von der guoten wol scheiden,

mîn herze, mîn wille muoz bî ir belîben.

sî mac mir leben und vröide wol leiden

dâ bî alle mîne swære vertrîben:

5

An ir lît beide mîn liep und mîn leit.

swaz si mîn wil, daz ist ir iemer bereit.

wart ich ie vrô, daz schuof niht wan ir güete.

got sî der ir lîp und êre behüete.

 

 

3

MF 215,22

Ich schiet von ir, daz ich ir niht enkunde

bescheiden, wie ich si meinde in dem muote.

sît vuogte mir ein vil sælige stunde,

daz ich si vant mir ze heile âne huote.

5

Dô ich die werden mit vuoge gesach

und ich ir mîns willen gar verjach,

daz enpfie si mir, daz irs got iemer lône.

si was von kinde und muoz iemer sîn mîn krône.

 

 

II

 

1

MF 206,19

Swes vröide an guoten wîben stât

der sol in sprechen wol

und wesen undertân.

daz ist mîn site und ouch mîn rât,

5

als ez mit triuwen sol.

daz kan mich niht vervân

An einer stat,

dar ich noch ie genâden bat.

dâ habe ich mich vil gar ergeben

10

und wil dar iemer leben.

 

 

2

MF 206,29

Moht ich der schœnen mînen muot

nâch mînem willen sagen

sô liez ich mînen sanc.

nu ist mîn sælde niht sô guot

5

dâ von muoz ich ir klagen

mit sange, daz mich twanc.

Swie verre ich sî [ ],

sô sende ich ir den boten bî,

den sî wol hœret und eine siht:

10

der enméldet mîn dâ niht.

 

 

3

MF 207,1

Ez ist ein klage und niht ein sanc,

daz ich der guoten mite

erniuwe mîniu leit.

die swæren tage sint alze lanc,

5

die ich sî gnâden bite

und sî mir doch verseit.

Swer selhen strît,

der kumber âne vröide gît,

verlâzen kunde, des ich niene kan,

10

der wære ein sælic man.

 

 

XIV

 

1

MF 216,1

«Swes vröide hin ze den bluomen stât,

der muoz vil schiere trûren gegen der swæren zît.

iedoch wirt eines wîbes rât

diu die langen naht bî liebem manne lît.

5

Sus wil ouch ich den winter lanc

mir kürzen âne vogelsanc.

sol ich des enhern, dêst âne mînen danc.

 

 

2

MF 216,8

Die vriunde habent mir ein spil

geteilet vor, dêst beidenthálbèn verlorn:

– doch ich ir einez nemen wil

âne guot wál, sô wære ez baz verborn –

5

Si jehent, welle ich minne pflegen,

so mueze ich mich ir bewegen.

doch sô râtet mir der [ ] muot ze beiden wegen.

 

 

3

MF 216,15

Wær ez mîner vriunde rât,

jâ herre wes solt er mir danne wizzen danc?

sît erz wol gedienet hât

dâ von sô dunket mich sîn bîten alze lanc.

5

Wand ich wâgen wil durch in

den lîp, die êre und al den sin,

sô muoz mir gelingen, ob ich sælic bin.

 

 

4

MF 216,22

Er ist alles des wol wert,

– ob ich mîn tríuwe an im behalten wil –

des ein man ze wîbe gert.

dêswâr dekeiner êren ist im niht ze vil.

5

Er ist ein sô bescheiden man

– ob ichs an im behalten kan –

minne ich in, dâ missegêt mir niemer an.»

 

 

XV

 

1

MF 216,29

Maniger grüezet mich alsô

– der gruoz tuot mich ze mâze vrô –:

«Hartman, gên wir schouwen

ritterlîche vrouwen.»

5

mac er mich mit gemache lân

und île er zuo den vrowen gân!

bî vrowen triuwe ich niht vervân,

wan daz ich müede vor in stân.

 

 

2

MF 216,37

Ze vrowen habe ich einen sin:

als sî mir sint, als bin ich in;

wand ich mac baz vertrîben

MF 217,1

die zît mit armen wîben.

5

swar ich kum, dâ ist ir vil

dâ vinde ich die, diu mich dâ wil

diu ist ouch mînes herzen spil.

waz touc mir ein ze hôhez zil?

 

 

3

MF 217,6

In mîner tôrheit mir beschach,

daz ich zuo zeiner vrowen gesprach:

«vrowe, ich hân mîne sinne

gewant an iuwer minne.»

5

dô wart ich twerhes an gesehen.

des wil ich, des sî iu bejehen,

mir wîp in solher mâze spehen,

diu mir des niht enlânt beschehen.

 

 

IV

 

1

MF 209,5

Mîn dienst der ist alze lanc

bî ungewisseme wâne.

nâch der ie mîn herze ranc,

diu lât mich trôstes âne.

5

Ich mohte ir klagen

und undersagen

von maniger swæren zît,

sît ich erkande ir strît.

sît ist mir gewesen vür wâr

10

ein stunde ein tac, ein tac ein woche, eine woche ein ganzez jâr.

 

 

2

MF 209,15

Owê, waz tæte si einem man

dem sî doch vîent wære,

sît sî sô wol verderben kan

ir vriunt mit maniger swære?

5

Mir tæte baz

des rîches haz:

joch mohte ich eteswar

entwîchen sîner schar.

diz leit wont mir alles bî

10

und nimt von mînen vröiden zins, alse ich sîn eigen sî.

 

 

X

 

1

MF 213,29

Ez ist mir ein ringiu klage,

daz ich sî sô selten sihe,

der ich alle mîne tage

guotes jach und iemer gihe.

5

Mir ist niender anderswâ

wirs danne dâ.

mîme lîbe gêt ze nâ,

ich enmöhte erwerben daz,

daz si alsô sæhe

10

daz si mîn ze vriunde verjæhe.

mir tuot ir vrömeden anders baz.

 

 

2

MF 214,1

Guoter wîbe sælekeit

vröite noch daz herze mîn.

nieman ist in baz gereit,

daz sol lange stæte sîn.

5

Ich wil ir liep mit liebe tragen

ze mînen tagen

und ir leit mit leide klagen.

nieman sol ir lobes gedagen.

swaz wir rehtes werben,

10

und daz wir man noch nien verderben,

des suln wir in genâde sagen.

 

 

IX

 

1

MF 212,37

«Ob man mit lügen die sêle nert,

sô weiz ich den, der heilic ist,

MF 213,1

der mir dicke meine swert.

mich überwant sîn karger list,

5

Daz ich in zeime vriunde erkôs.

dâ wânde ich stæte vünde.

mîn selber sin mich dâ verlôs,

als ich der werlte künde:

sîn lîp ist alse valschelôs

10

sam daz mer der ünde.

 

 

2

MF 213,9

War umbe suocht ich vrömden rât,

sît mich mîn selber herze trouc,

daz mich an den verleitet hât,

der mir noch nieman guoter touc?

5

Ez ist ein swacher mannes prîs,

den er begêt an wîben.

süezer worte ist er sô wîs,

daz man si möhte schrîben.

den volget ich unz ûf daz îs:

10

der schade muoz mir belîben.

 

 

3

MF 213,19

Begunde ich vêhen alle man,

daz tæte ich durch sîn eines haz.

wie schuldic wæren sî dar an?

jâ lônet meniger sîner baz.

5

Diu hât sich durch ir schœnen sin

gesellet sæleclîche,

diu lachet, swanne ich trûric bin,

wir alten ungelîche.

nâch leide huop sich mîn begin,

10

daz senfte got der rîche.»