BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Eilhart von Oberg

um 1170/80

 

 

Tristrant

 

Isaldens Mordanschlag gegen Brangäne

(2863 - 3080)

 

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Dar nâch abir nicht lang

gewan die vrauwe den gedang,

2865

daz sie mit des tôdes dône

Brangênen wolde lônen

daz sie ir sô wol gedînet habete.

sie vorchte daz sie sagete

swaz sie von ir wiste.

2870

sie wolde ir mit liste

den lîp abe gewinnen.

daz wârin bôse sinne!

zwên armen rittern sie gebôt,

daz sie ir têdin den tôd:

2875

sechzig mark sie in gêbe silberes.

die ritter wârin willig des

und sprâchin daz sie gerne têtin

swes sie die vrauwe bête.

daz silber sie in zu hant gab

2880

und wîsete sie an eine stad

dâr sie eins brunnen hûtin soldin,

und swer des scheppin wolde,

daz sie deme nêmen den lîp,

ez wêre man adir wîp,

2885

und ir die leber brâchtin.

di ritter dô gedâchtin

an daz silber vil harte

und hûbin sich an die warte.

die koningîn sich dô legete,

2890

zu Brangênen sie dô redete,

daz ir unsanfte wêre.

daz clagite vil sêre

Brangêne die getrûwe.

dô sprach die falsche frawe

2895

daz sie ir holete des brunnen

der dorch den bômgarten runne.

Brangêne des nicht en lîz

daz ir die koninginne hîz:

ein goltvaz sie in die hant gevîng,

2900

in den bômgarten sie gîng

zû dem brunnen dâ sie in vant.

die ritter quâmen al zuhant.

sie en wusten waz sie tâtin.

zu Brangênen sie sprâchin

2905

«frauwe, ir mogit nicht genesin.»

«ir hêren, waz sal diz wesin?»

sprach daz getrûwe wîp.

«ir sult vorlîsen ûwern lîp»

sprach der selbin ritter ein.

2910

«ich weiz wol leidir den mein» 

sô sprach die junge vrauwe:

«ich entgelde mîner grôzin trûwe:

mîn vrauwe heizet mich irslân.

nû solt ir ûwir togent begân

2915

und tûd ez dorch gotis lîbe,

wen ich ez nicht mag vordînen,

und lât mich eine wîle lebin

und ûwir ein gê achtir wegin

und jê daz ich irslagin sî

2920

und sage mîner vraun dar bî

daz ich wedir ûch sprêche,

ich en weiz waz sie an mir rêche,

daz sie mich âne schult vorrît;

got weiz wol, ich erdenkez nît,

2925

daz ich ie icht getête

des sie billîche zorn hête,

wen ich lîz alle mîne mâge

ûf ir einige genâde

und vûr mit ir in fremede rîche:

2930

sal ich dan sô jêmerlîche

mînen lîp verlîsen?

dô wir von lande begundin rîsen,

dô gab uns ir mûter»

sprach die juncfrauwe gûte

2935

«zwei hemede harde cleine:

sie weiz wol, waz ich meine.

eir wie dô quâmen in diz lant,

dô was daz ire sô zutrant

und sô garwe zebrochen

2940

daz sie ez mit êren nicht en mochte

bî dem koninge an gehaben.

dô was daz mîn ungetragin,

daz was ganz unde nûwe.

sie bat daz ich ez ir lege dor trûwe,

2945

daz ted ich vil ungerne.

dô bat sie mich alsô verne,

daz ich ez zu lestin leig ir.

ich weiz ir nicht inbêtin mêr,

wen daz ich obir mere

2950

mîn hemede mit mir here

ganz und nûwe hâte brâcht:

daz leig ich ir die êrsten nacht,

dô sie lach bî dem koninge.

dô wart ez mir obele

2955

in irem dienste zevôrt.

nû merket rechte mîne wort

und sagit ir daz ich nî

desin tôt vorschulte umme sî.»

 

Die ritter irbarmete daz,

2960

daz sie nicht en wusten waz

an der vrauwin rechin.

ir jêmirlîchez sprechin 

behîlt ir dô den lîb.

sie dâchtin, irslûgen sî daz wîb,

2965

sin verwunnen ez nimmermêre

zir wertlîchen êre.

dô quam dar ein hunt gegân;

der eine der irslûg in sân

und nam ze hant die lebere

2970

und want sie in sîn hemede

und trûg sie verholenlîche

hen zû der koninginne rîche.

sie sagete im des gûten dang

und vrâgete in al zuhant

2975

«sprach sie icht?» «jâ sie tete.»

«nû sage mir, waz.» her hûb ze stete

und sagete ir recht wie sie sprach

von dem hemde unde wie sie jach,

sie hête ez von ir lûwin.

2980

«nû, zu dînen trûwin,

sprach sie icht mêr?» «nein, sie niet,

wen daz wêre or von herzin lîp,

hête wir or den lîp gelâzin.»

«nû mûze mich got vorwâzin»

2985

sprach die vrauwe lustsam,

«daz ich daz lebin î gewan,

daz mûze ummir gote irbarmen!

waz sal ich nû vil arme,

daz ich mich sus gevelschit hân?

2990

nu en sal mir wîp noch man

getrûwin nimmir mêre.

got lâz it an mîn êre

und schîre an mîn lîp gân,

den mort den ich habe getân!

2995

der tûfil» sprach sie «neme mich!»

sie slûg unde roufte sich

sô frevelîchen harte,

daz jener von der warte

sie zu wundir an gesach.

3000

grôzir rûwe sie dô phlach.

Dô der ritter daz vornam

daz ir von grôzir leide quam

die rûwe die sie habete,

nicht lengir er gedagete

3005

[He sprach] «vrauwe trôstet ûwern mût:

Brangêne die en ist nicht tôt.

daz ist mir nû von herzin lîp.

ich torstez ûch vore sagin nît:

ich vorchte daz ez ûch leit wêre.»

3010

«dînes spotes ich wol entpêre»

sprach sie jêmerlîche

«mir en ist nicht gemelîche

daz ich sie sus vorlorn hân.»

«daz wizzet, vrauwe, sundir wân:

3015

ich spote nicht, iedoch

Brangêne lebet noch.

wolt ir daz ich sie ûch bringe?»

sie sprach «sô mag dir wol gelingen:

lebet sie» sprach die koningîn,

3020

«dû salt ummir rîche sîn:

daz lobe ich dir trûwelîchen.»

der ritter gîng [hen] vrôlîchen

und sagete sînem sellin

der koninginne willen. 

3025

dô wurden sie beide vrô.

Brangênen nâmen sie nû

und brâchtin sie [gar] drâte

zu der vrauwin kemenâtin.

dô sie die koningîn gesach,

3030

nû moget ir hôren, wie sie sprach:

«wes willekome, lîbez wîp.

daz dû behaldin hâst den lîp,

des lobe ich got von himele:

zwâre her was hie nidene

3035

und half dir ûz desir nôt.

têt er mir nû den selbin tôt

den ich dir hâte gedâcht,

adir versenkete mich sîn macht

alhie in des meres grunde,

3040

adir vorgâbe mir mîn sunde,

sô richte er keiserlîche.»

dô vîl die vrauwe rîche

Brangênen zû fûze.

sie bôt ir grôze bûze

3045

und dar zû minneglîche wort

daz sie vorgêze den mort

den sie an or wolde begân.

ouch sûchte Brangêne sân

der koninginne genâde,

3050

daz sie ir vorgâbe,

ab sie icht hête getân

daz sie vormedin solde hân.

dâ lâgin sie beide,

mit micheler leide

3055

wâren sie bevangin.

dâ lâgin sie sô lange,

daz sie nîman ûf hûp,

biz ez sie beide dûchte gût

daz sie dô ûf stunden

3060

und den nît versûnden.

dô kusten sich die vrauwen zwû.

die koninginne gedâchte dô,

wie sie es Brangênen irgetzte

und ir wedir liebe setzte

3065

kein dem leit sôgetân:

daz wolde sie an ir gerne begân.

do en was Tristrant nicht ze hûs.

he was mit dem koninge ûz

geretin birsen in den walt.

3070

dô im diz mêre wart gezalt

von Kurnevâle dem gûten,

dô wart im an sînem mûte

beide leide unde zorn.

«diz wêre bezzir vorborn»

3075

sprach he zû der koningîn.

«nû des nicht mag gesîn,

so ergetzit sie es mit êren.»

dô sprach die vrauwe hêre,

daz sie daz gerne tête.

3080

dô wart die sûne stête.