BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Antonius Praetorius

1560 - 1613

 

Nemo

 

1613

 

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Editio princeps:

Nemo, gedruckt 1613 bei Johann Lancellot, Heidelberg. Das weltweit einzige Exemplar findet sich in der UFB Erfurt/Gotha (Poes 4° 2160-2163 (111) R).

 

Neuausgabe:

Text wurde veröffentlicht mit deutscher Übersetzung in:

Hartmut Hegeler und Stefan Wiltschko:

Anton Praetorius und das 1. Große Fass von Heidelberg.

2. erw. Auflage 2007, S. 97-104 (Nemo),

Nordhausen: Verlag Traugott Bautz, ISBN 978-3-88309-405-2

 

Die letzte literarische Lebensäußerung von Praetorius ist eine Hochzeitspredigt. Im Juni 1613 hielt Anton Praetorius im nahen Weinheim die Trauansprache für Nicolaus Emmelius und seine Frau Margaret 1). Emmelius war 1612 Pfarrer in Ilvesheim. Margaret war die Tochter von Johannes Müller (Mylaeus), der von 1611-1617 Pfarrer der Stadtgemeinde [die heutige Johannis-Gemeinde] und Inspektor in Weinheim war 2).

 

Bemerkungen und Hinweise von Burghard Schmanck

zum Hochzeitsgedicht von Weinheim:

Der Text ist, seinem odysseischen Vorbild entsprechend, nicht immer eindeutig zu verstehen. Ist das erste Wort «NEMO» nur Titel, oder soll man es als Subjekt zu «venit» verstehen? Aber selbst dann bleibt der Sinn unsicher. Die Ambivalenz der Aussagen ist also gewollt. «Ex dictis nemo doctior esse queat.» – «Niemand kann diese Worte verstehen!», sagt niemand zu niemandem.

Die Abkürzungen für die verschiedenen Titel der im Kopf des Glückwunschblattes genannten Personen habe ich in der Übersetzung weggelassen. Ihre Deutung ist nicht immer sicher. Hier mache ich dennoch einen Deutungsversuch ohne Anspruch auf Richtigkeit.

R. steht üblicherweise für Reverendus oder Reverendissimus. In Kombination mit D. (Dominus) könnte man an den Titel «Hochwürdiger» oder «Hochwürdigster Herr» denken (vgl. im englischen Sprachraum die Titel «Reverend» und «Most Reverend» für Geistliche).

I.V.D. wird allgemein als Iuris Utriusque Doctor gedeutet. Der Titel besagt also den Besitz des Doktortitels beider Rechte, des kirchlichen und weltlichen.

E.F.P. könnte für Ecclesiastes oder Ecclesiae Fidelis Parochus oder Pastor stehen: «Treuer Kirchenmann und Pfarrer». Praetorius bezeichnet sich gelegentlich als «Ecclesiastes» und «fidelis servulus ecclesiae». Die Treue zum jeweiligen kirchlichen Bekenntnis spielte damals eine wichtige Rolle.

Die Abkürzungen zum Namen des Johannes Mylaeus lassen sich etwa folgendermaßen deuten: «Reverendissimi et Clarissimi Viri Domini Johannis Mylaei, Weinheimensis Pastoris et Inspectoris Urbis». Auf deutsch könnte das heißen: «Des hochwürdigsten und hochberühmten Mannes, des Herrn Hans Müller aus Weinheim, Pfarrer und Stadtsuperintendent daselbst».

Das L. hinter ANTONII PRAETORII ist von dem Namen durch einen Punkt getrennt. Man kann es als «Lautenbaci» deuten, weist also auf Laudenbach als Wohn- und Dienstort hin.

Im Fass-Gedicht bezeichnet sich Praetorius aber auch als «Lippianum Westphalum». Dann meint L: seine Herkunft aus Lippstadt. Die dritte Deutung versteht L. als «Legati», also «des Gesandten», der da kam oder auch nicht kam, jedenfalls zu Fuß als Ritter, nicht aber als Reiter, da «Eques» mit einem Großbuchstaben beginnt.

 

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1) Karl Zinkgräf, Ein Stück Weinheimer Kirchengeschichte und Heimatgeschichte, Weinheim: Diesbach und Sohn, 1932, S. 88 f. 

2) Nach Zinkgraf (S.89) war Myläus Pfarrer in der Stadtgemeinde vom 3. Februar 1613-1616. Seit der Einführung der Reformation diente die am oberen Ende des Marktes stehende Klosterkirche den Reformierten der Stadt als Gotteshaus. (S.5) Zu seinem Pfarrdienst wünschte sich der reformierte Myläus, dass all diejenigen, so in seiner Pfarre zu Weinheim sich noch nicht zu derselben bekannt haben, von oben herab erleuchtet und zu der Wahrheit geführt werden mögen, wiewohl er an seinem möglichen Fleiß zu deren Bekehrung nichts habe sitzen lassen. Als Schwager nennt Myläus den Schaffner [Verwalter] Stöckle zu Heidelberg. Dieser Stöckle könnte ein Verwandter von der dritten Frau von Jan Gruter sein, für deren Hochzeit Praetorius das Hochzeitsgedicht schrieb.