Karl Simrock
1802 - 1876
Das Nibelungenlied
Vierundzwanzigstes Abenteuer
|
|
___________________________________________________
| |
Wie Werbel und Schwemmel die Botschaft brachten.
| |
1472 | Als Etzel seine Fiedler | hin zum Rheine sandte,Da flogen diese Mären | von Lande zu Lande:Mit schnellen Abgesandten | bat er und entbotZu seinem Hofgelage; | da holte Mancher sich den Tod. |
1473 | Die Boten ritten hinnen | aus der Heunen LandZu den Burgunden, | wohin man sie gesandtZu dreien edeln Königen | und ihrer Mannen Heer:Daß sie zu Etzeln kämen; | da beeilten sie sich sehr. |
1474 | Zu Bechlaren ritten | schon die Boten ein.Ihnen diente man da gerne | und ließ auch das nicht sein:Ihre Grüße sandten | Rüdger und GotelindDen Degen an dem Rheine | und auch des Markgrafen Kind. |
1475 | Sie ließen ohne Gaben | die Boten nicht hindann,Daß desto sanfter führen | Die Etzeln unterthan.Uten und ihren Söhnen | entbot da Rüdiger,Ihnen so gewogen hätten | sie keinen Markgrafen mehr. |
1476 | Sie entboten auch Brunhilden | Alles, was lieb und gut, |Ihre stäte Treue | und dienstbereiten Muth.Da wollten nach der Rede | die Boten weiter ziehn;Gott bat sie zu bewahren | Gotlind die edle Markgräfin. |
1477 | Eh noch die Boten völlig | durchzogen Baierland,Werbel der Schnelle | den guten Bischof fand.Was der da seinen Freunden | hin an den Rhein entbot,Davon hab ich nicht Kunde; | jedoch sein Gold also roth |
1478 | Gab er den Boten milde. | Als sie wollten ziehn,«Sollt ich sie bei mir schauen,» | sprach Bischof Pilgerin,«So wär mir wohl zu Muthe, | die Schwestersöhne mein:Ich mag leider selten | zu ihnen kommen an den Rhein.» |
1479 | Was sie für Wege fuhren | zum Rhein durch das Land,Kann ich euch nicht bescheiden. | Ihr Gold und ihr GewandBlieb ihnen unbenommen; | man scheute Etzels Zorn:So gewaltig herrschte | der edle König wohlgeborn. |
1480 | Binnen zwölf Tagen | kamen sie an den Rhein,Gen Worms in die Veste, | Werbel und Schwemmelein.Da sagte mans dem König | und seinen Mannen an,Es kämen fremde Boten; | Gunther zu fragen begann. |
1481 | Da sprach der Vogt vom Rheine: | «Wer macht uns bekannt,Von wannen diese Gäste | ritten in das Land?»Davon wuste Niemand, | bis die Boten sahHagen von Tronje: | der begann zu Gunthern da: |
1482 | «Wir hören Neues heute, | dafür will ich euch stehn:Etzels Fiedelspieler | die hab ich hier gesehn;Die hat eure Schwester | gesendet an den Rhein:Ihres Herren Willen | sollen sie uns willkommen sein.» |
1483 | Sie ritten ohne Weilen | zu dem Saal heran:So herrlich fuhr wohl nimmer | eines Fürsten Fiedelmann.Des Königs Ingesinde | empfieng sie gleich zur Hand;Herberge gab man ihnen | und bewahrte ihr Gewand. |
1484 | Ihre Reisekleider waren | reich und so wohlgethan,Sie mochten wohl mit Ehren | sich so dem König nahn;Doch wollten sie nicht länger | sie dort am Hofe tragen.«Ob Jemand sie begehre?» | ließen da die Boten fragen. |
1485 | Da waren auch bedürftige | Leute bei der Hand,Die sie gerne nahmen: | denen wurden sie gesandt.Da schmückten mit Gewanden | so reich die Gäste sich,Wie es Königsboten | herrlich stand und wonniglich. |
1486 | Da gieng mit Urlaube | hin, wo der König saßEtzels Ingesinde: | gerne sah man das.Herr Hagen gleich den Boten | vom Sitz entgegen sprang,Sie freundlich zu begrüßen: | des sagten ihm die Knappen Dank. |
1487 | Da hub er um die Kunde | sie zu befragen an,Wie Etzel sich gehabe | und Die ihm unterthan.Da sprach der Fiedelspieler: | «Nie beßer stands im Land,Das Volk war niemals froher, | das sei euch wahrlich bekannt.» |
1488 | Er führte sie dem Wirthe zu; | der Königssaal war voll: |Da empfieng man die Gäste, | wie man immer sollBoten freundlich grüßen | in andrer Könge Land.Werbel der Recken | viel bei König Gunthern fand. |
1489 | Der König wohlgezogen | zu grüßen sie begann:«Willkommen, beide Fiedler, | die Etzeln unterthan,Mit euern Heergesellen: | wozu hat euch gesandtEtzel der reiche | zu der Burgunden Land?» |
1490 | Sie neigten sich dem König. | Da sprach Werbelein:«Euch entbietet seine Dienste | der liebe Herre meinUnd Kriemhild eure Schwester | hieher in dieses Land:Sie haben uns euch Recken | auf gute Treue gesandt.» |
1491 | Da sprach der reiche König: | «Der Märe bin ich froh.Wie gehabt sich Etzel,» | der Degen fragte so,«Und Kriemhild meine Schwester | in der Heunen Land?»Da sprach der Fiedelspieler: | «Das mach ich gern euch bekannt. |
1492 | «Beßer wohl gehabten | sich Könge nirgend mehrUnd fröhlicher, das wißet, als die Fürsten hehrUnd ihre Degen alle, | Freund und Untertan.Sie freuten sich der Reise, | da wir schieden hindann,» |
1493 | «Nun Dank ihm für die Dienste, | die er mir entbeut,Ihm und meiner Schwester: | gern erfahr ich heut,Daß sie in Freuden leben, | der König und sein Lehn;Meine Frage war nach ihnen | in großen Sorgen geschehn.» |
1494 | Die beiden jungen Könige | waren auch gekommen,Die hatten diese Märe | eben erst vernommen.Geiselher der junge | die Boten gerne sahAus Liebe zu der Schwester; | gar minniglich sprach er da: |
1495 | «Ihr Boten sollt uns beide | hochwillkommen sein;Kämet ihr geritten nur öfter | an den Rhein,Ihr fändet hier der Freunde, | die ihr gerne möchtet sehn.Euch sollte hier zu Lande | wenig Leides geschehn.» |
1496 | «Wir versehn uns alles Guten | zu euch,» sprach Schwemmelein;«Ich könnt euch nicht bedeuten | mit den Worten mein,Wie minnigliche Grüße | euch Etzel hat gesandtUnd eure edle Schwester, | die da in hohen Ehren stand. |
1497 | «An eure Lieb und Treue | mahnt euch die KöniginUnd daß ihr stäts gewogen | war euer Herz und Sinn.Zuvörderst euch, Herr König, | sind wir hieher gesandt,Daß ihr geruht zu reiten | zu ihnen in der Heunen Land. |
1498 | «Es soll auch mit euch reiten | euer Bruder Gernot.Etzel der reiche | euch Allen das entbot,Wenn ihr nicht kommen wolltet, | eure Schwester sehn,So möcht er doch wohl wißen, | was euch von ihm war geschehn, |
1499 | «Daß ihr ihn also meidet | und auch sein Reich und Land.Wär euch auch die Königin | fremd und unbekannt,So möcht er selbst verdienen, | ihr kämet ihn zu sehn:Wenn ihr das leisten wolltet, | so wär ihm Liebes geschehn.» |
1500 | Da sprach der König Gunther: | «Nach der siebten NachtWill ich euch bescheiden, | wes ich mich bedachtHab im Rath der Freunde; | geht derweilen hinZu eurer Herberge | und findet gute Ruh darin.» |
1501 | Da sprach wieder Werbel: | «Könnt es nicht geschehn,Daß wir unsre Fraue, | die reiche Ute, sehn,Eh wir müden Degen | fragten nach der Ruh?»Da sprach wohlgezogen | der edle Geiselher dazu: |
1502 | «Das soll euch Niemand wehren; | wollt ihr vor sie gehn,So ist auch meiner Mutter | Will und Wunsch geschehn,Denn sie sieht euch gerne | um die Schwester mein,Frau Kriemhilde: | ihr sollt ihr willkommen sein.» |
1503 | Geiselher sie brachte | hin, wo er Uten fand.Die sah die Boten gerne | aus der Heunen LandUnd empfieng sie freundlich | mit wohlgezognem Muth.Da sagten ihr die Märe | die Boten höfisch und gut. |
1504 | «Meine Frau läßt euch entbieten,» | sprach da Schwemmelein,«Dienst und stäte Treue, | und wenn es möchte sein,Daß sie euch öfter sähe, | so glaubet sicherlich,Wohl keine andre Freude | auf Erden wünschte sie sich.» |
1505 | Da sprach die Königin Ute: | «Dass kann nun nicht sein. |So gern ich öfter sähe | die liebe Tochter mein,So wohnt zu fern uns leider | die edle Königin:Nun geh ihr immer selig | die Zeit mit Etzeln dahin. |
1506 | «Ihr sollt mich wißen laßen, | eh ihr von hinnen müßt,Wenn ihr reiten wollet; | ich sah in langer FristBoten nicht so gerne, | als ich euch gesehn.»Da gelobten ihr die Knappen, | ihr Wille solle geschehn. |
1507 | Zu den Herbergen giengen | Die von Heunenland.Der reiche König hatte | die Freunde nun besandt.Gunther der edle | fragte Mann für Mann,Was sie darüber dächten? | Wohl Manche huben da an, |
1508 | Er möge wohl reiten | in König Etzels Land.Das riethen ihm die Besten, | die er darunter fand.Hagen nur alleine, | dem war es grimmig leid.Zum König sprach er heimlich: | «Mit euch selbst seid ihr im Streit. |
1509 | Ihr habt doch nicht vergeßen, | was ihr von uns geschehn:Vor Kriemhilden müßen | wir stäts in Sorge stehn.Ich schlug ihr zu Tode | den Mann mit meiner Hand:Wie dürften wir wohl reiten | hin in König Etzels Land?» |
1510 | Da sprach der reiche König: | «Meiner Schwester Zürnen schwand. |Mit minniglichem Kusse, | eh sie verließ dieß Land,Hat sie uns verziehen, | was wir an ihr gethan,Es wäre denn, sie stände | bei euch, Herr Hagen, noch an.» |
1511 | «Nun laßt euch nicht betrügen,» | sprach Hagen, «was auch sagen |Diese Heunenboten: | wollt ihrs mit Kriemhild wagen,Da verliert ihr zu der Ehre | Leben leicht und Leib:Sie weiß wohl nachzutragen, | dem König Etzel sein Weib!» |
1512 | Da sprach vor dem Rathe | der König Gernot:«Ihr mögt aus guten Gründen | fürchten dort den TodIn heunischen Reichen; | ständen wir drum anUnd mieden unsre Schwester, | das wär übel gethan.» |
1513 | Da sprach zu dem Degen | der junge Geiselher:«Da ihr euch, Freund Hagen, | schuldig wißt so sehr,So bleibt hier im Lande, | euer Heil zu weisen;Nur laßt, die sichs getrauen, | mit uns zu den Heunen fahren.» |
1514 | Darob begann zu zürnen | von Tronje der Held:«Ich will nicht, daß euch Jemand | sei bei der Fahrt gesellt,Der an den Hof zu reiten | sich mehr getraut als ich:Wollt ihrs nicht bleiben laßen, | ich beweis' es euch sicherlich.» |
1515 | Da sprach der Küchenmeister | Rumold der Degen:«Der Heimischen und Fremden | mögt ihr zu Hause pflegenNach euerm Wohlgefallen: | da habt ihr vollen Rath;Ich glaube nicht, daß Hagen | euch noch je vergeiselt hat. |
1516 | «Wollt ihr nicht Hagen folgen, | so räth euch Rumold,Der ich euch dienstlich | gewogen bin und hold,Daß ihr im Lande bleibet | nach dem Willen meinUnd laßt den König Etzel | dort bei Kriemhilden sein. |
1517 | «Wo könntet ihr auf Erden | so gut als hier gedeihn?Ihr mögt vor euern Feinden | daheim geborgen sein,Ihr sollt mit guten Kleidern | zieren euern Leib,Des besten Weines trinken | und minnen manches schöne Weib. |
1518 | «Dazu giebt man euch Speise, | so gut sie in der WeltEin König mag gewinnen. | Euer Land ist wohl bestellt:Der Hochzeit Etzels mögt ihr euch | mit Ehren wohl begebenUnd hier mit euern Freunden | in guter Kurzweile leben. |
1519 | «Und hättet ihr nichts Anderes | davon zu zehren hier,Ich gab euch Eine Speise | die Fülle für und für,In Oel gesottne Schnitten. | Das ist, was Rumold räth,Da es gar so ängstlich, | ihr Herrn, dort bei den Heunen steht. |
1520 | «Hold wird euch Frau Kriemhild | doch nimmer, glaubet mir;Auch habt ihr und Hagen | es nicht verdient an ihr.Und wollt ihr nicht verbleiben, | wer weiß, wie ihrs beklagt:Ihr werdets noch erkennen, | ich hab euch Wahrheit gesagt. |
1521 | «Drum rath ich euch zu bleiben. | Reich ist euer Land:Ihr könnt hier beßer lösen, | was ihr gabt zu Pfand,Als dort bei den Heunen: | wer weiß, wie es da steht?Verbleibt hier, ihr Herren: | das ist, was Rumold euch rath.» |
1522 | «Wir wollen nun nicht bleiben,» | sprach da Gernot.«Da es meine Schwester | so freundlich uns entbotUnd Etzel der reiche, | was führen wir nicht hin?Die nicht mit uns wollen, | mögen bleiben immerhin.» |
1523 | «In Treuen,» sprach da Rumold, | «ich will der Eine sein,Der um Etzels Hofgelag | kommt nimmer überrhein.Wie setzt' ich wohl das Beßre | aufs Spiel, das ich gewann?Ich will mich selbst so lange | am Leben laßen, als ich kann.» |
1524 | «So denk ichs auch zu reiten,» | sprach Ortwein der Degen:«Ich will der Geschäfte | zu Hause mit euch pflegen.»Da sprachen ihrer Viele, | sie wollten auch nicht fahren:«Gott woll euch, liebe Herren, | bei den Heunen wohl bewahren.» |
1525 | Der König Gunther zürnte, | als er ward gewahr,Sie wollten dort verbleiben, | der Ruhe willen zwar:«Wir wollens drum nicht laßen, | wir müßen an die Fahrt;Der waltet guter Sinne, | der sich allezeit bewahrt.» |
1526 | Zur Antwort gab da Hagen: | «Laßt euch zum VerdrußMeine Rede nicht gereichen: | was auch geschehen muß,Das rath ich euch in Treuen, | wenn ihr euch gern bewahrt,Daß ihr nur wohlgerüstet | zu dem Heunenlande fahrt. |
1527 | «Wenn ihrs euch unterwindet, | so entbietet euer Heer,Die Besten, die ihr findet | und irgend wißt umher,Aus ihnen Allen wähl ich dann | tausend Ritter gut:So mag euch nicht gefährden | der argen Kriemhilde Muth.» |
1528 | «Dem Rathe will ich folgen,» | sprach der König gleich. |Da sandt er seine Boten | umher in seinem Reich.Bald brachte man der Helden | dreitausend oder mehr.Sie dachten nicht zu finden | so großes Leid und Beschwer. |
1529 | Sie ritten hohes Muthes | durch König Gunthers Land.Sie verhießen Allen | Ross' und Gewand,Die ihnen geben wollten | zum Heunenland Geleit.Da fand viel gute Ritter | der König zu der Fahrt bereit. |
1530 | Da ließ von Tronje Hagen | Dankwart den Bruder seinAchtzig ihrer Recken | führen an den Rhein.Sie kamen stolz gezogen; | Harnisch und GewandBrachten viel die schnellen | König Gunthern in das Land. |
1531 | Da kam der kühne Volker, | ein edler Spielmann,Mit dreißig seiner Degen | zu der Fahrt heran.Ihr Gewand war herrlich, | ein König mocht es tragen.Er wollte zu den Heunen, | ließ er dem Könige sagen. |
1532 | Wer Volker sei gewesen, | das sei euch kund gethan.Es war ein edler Herre; | ihm waren unterthanViel der guten Recken | in Burgundenland;Weil er fiedeln konnte, | war er der Spielmann genannt. |
1533 | Hagen wählte tausend, | die waren ihm bekannt;Was sie in starken Stürmen | gefrommt mit ihrer HandUnd sonst begangen hatten, | das hatt er oft gesehn:Auch alle Andern musten | ihnen Ehre zugestehn. |
1534 | Die Boten Kriemhildens | der Aufenthalt verdroß;Die Furcht vor ihrem Herren | war gewaltig groß:Sie hielten alle Tage | um den Urlaub an.Den gönnt' ihnen Hagen nicht: | das ward aus Vorsicht gethan. |
1535 | Er sprach zu seinem Herren: | «Wir wollen uns bewahren, |Daß wir sie reiten laßen, | bevor wir selber fahrenSieben Tage später | in König Etzels Land:Trägt man uns argen Willen, | das wird so beßer gewandt. |
1536 | «So mag sich auch Frau Kriemhild | bereiten nicht dazu, |Daß uns nach ihrem Rathe | Jemand Schaden thu.Will sie es doch versuchen, | so fährt sie übel an:Wir führen zu den Herren | manchen auserwählten Mann.» |
1537 | Die Sättel und die Schilde | und all ihr Gewand,Das sie führen wollten | in König Etzels Land,War nun bereit und fertig | für manchen kühnen Mann.Etzels Spielleute | rief man zu Gunthern heran. |
1538 | Da die Boten kamen, | begann Herr Gernot:«Der König will leisten, | was Etzel uns entbot.Wir wollen gerne kommen | zu seiner LustbarkeitUnd unsre Schwester sehen; | daß ihr des außer Zweifel seid.» |
1539 | Da sprach der König Gunther: | «Wißt ihr uns zu sagen,Wann das Fest beginnt, | oder zu welchen TagenWir erwartet werden?» | Da sprach Schwemmelein:«Zur nächsten Sonnenwende | da soll es in Wahrheit sein.» |
1540 | Der König erlaubte das, | war noch nicht geschehn,Wenn sie Frau Brunhilden | wünschten noch zu sehn,Daß sie mit seinem Willen | sprächen bei ihr an.Dem widerstrebte Volker: | da war ihr Liebes gethan. |
1541 | «Es ist ja Frau Brunhild | nun nicht so wohlgemuth,Daß ihr sie schauen möchtet,» | sprach der Ritter gut.«Wartet bis morgen, | so läßt man sie euch sehn.»Sie wähnten sie zu schauen, | da konnt es doch nicht geschehn. |
1542 | Da ließ der reiche König, | er war den Boten hold,Aus eigner hoher Milde | daher von seinem GoldAuf breiten Schilden bringen; | wohl war er reich daran.Ihnen ward auch reiche Schenkung | von seinen Freunden gethan. |
1543 | Geiselher und Gernot, | Gere und Ortewein,Wie sie auch milde waren, | das leuchtete wohl ein:So reiche Gaben boten | sie den Boten an,Daß sie's vor ihrem Herren | nicht getrauten zu empfahn. |
1544 | Da sprach zu dem König | der Bote Werbelein:«Herr König, laßt die Gaben | nur hier im Lande sein.Wir könnens nicht verführen, | weil uns der Herr verbot,Daß wir Geschenke nähmen: | auch thut es uns wenig Noth.» |
1545 | Da ward der Vogt vom Rheine | darüber ungemuth,Daß sie verschmähen wollten | so reichen Königs Gut.Da musten sie empfahen | sein Gold und sein Gewand,Daß sie es mit sich führten | heim in König Etzels Land. |
1546 | Sie wollten Ute schauen | vor ihrer Wiederkehr.Die Spielleute brachte | der junge GeiselherZu Hof vor seine Mutter; | sie entbot der Königin,Wenn man ihr Ehre biete, | so bedünk es sie Gewinn. |
1547 | Da ließ die Königswitwe | ihre Borten und ihr GoldVertheilen um Kriemhildens, | denn der war sie hold,Und König Etzels Willen | an das Botenpaar.Sie mochtens wohl empfahen: | getreulich bot sie es dar. |
1548 | Urlaub genommen hatten | nun von Weib und MannDie Boten Kriemhildens; | sie fuhren froh hindannBis zum Schwabenlande: | dahin ließ GernotSeine Helden sie begleiten, | daß sie nirgend litten Noth. |
1549 | Als die von ihnen schieden, | die sie sollten pflegen,Gab ihnen Etzels Herschaft | Frieden auf den Wegen,Daß ihnen Niemand raubte | ihr Ross noch ihr Gewand.Sie ritten sehr in Eile | wieder in der Heunen Land. |
1550 | Wo sie Freunde wusten, | da machten sie es kund,In wenig Tagen kämen | die Helden von BurgundVom Rhein hergezogen | in der Heunen Land.Pilgerin, dem Bischof, | ward auch die Märe bekannt. |
1551 | Als sie vor Bechlaren | die Straße niederzogen,Da ward um die Märe | Rüdger nicht betrogen,Noch Frau Gotelinde, | die Markgräfin hehr.Daß sie sie schauen sollten, | des freuten beide sich sehr. |
1552 | Die Spielleute spornten | die Rosse mächtig an.Sie sanden König Etzeln | in seiner Stadt zu Gran,Gruß über Grüße, | die man ihm her entbot,Brachten sie dem Könige: | vor Liebe ward er freudenroth. |
1553 | Als Kriemhild der Königin | die Märe ward bekannt,Ihre Brüder wollten | kommen in ihr Land,Da ward ihr wohl zu Muthe: | sie gab den Boten LohnMit reichlichen Geschenken; | sie hatte Ehre davon. |
1554 | Sie sprach: «Nun sagt mir beide, | Werbel und Schwemmelein,Wer will von meinen Freunden | beim Hofgelage sein,Von den höchsten, die wir luden | hieher in dieses Land?Sagt an, was sprach wohl Hagen, | als ihm die Mähre ward bekannt?» |
1555 | «Er kam zu ihrem Rathe | an einem Morgen fruh;Wenig gute Sprüche | redet' er dazu,Als sie die Fahrt gelobten | nach dem Heunenland:Die hat der grimme Hagen | die Todesreise genannt. |
1556 | «Es kommen eure Brüder, | die Könge alle drei,In herrlichem Muthe. | Wer mehr mit ihnen sei,Darüber ich des Weitern | euch nicht bescheiden kann.Es will mit ihnen reiten | Volker der kühne Fiedelmann.» |
1557 | «Des mag ich leicht entbehren,» | sprach die Königin,«Daß ich auch Volkern sähe | her zu Hofe ziehn;Hagen bin ich gewogen, | der ist ein Degen gut:Daß wir ihn schauen sollen, | des hab ich fröhlichen Muth.» |
1558 | Hin gieng die Königstochter, | wo sie den König sah.Wie ininnigliche Worte | sprach Frau Kriemhild da:«Wie gefallen euch die Mären, | viel lieber Herre mein?Wes mich je verlangte, | das soll nun bald vollendet sein.» |
1559 | «Dein Will ist meine Freude,» | der König sprach da so: |«Ich wär der eignen Freunde | nicht so von Herzen froh,Wenn sie kommen sollten | hieher in unser Land.Durch deiner Freunde Liebe | viel meiner Sorge verschwand.» |
1560 | Des Königs Amtleute | befahlen überallMit Gestühl zu schmücken | Pallas und SaalFür die lieben Gäste, | die da sollten kommen.Durch die ward bald dem König | viel hoher Freude benommen. |