BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Magdalena von Dobeneck

1808 - 1891

 

Briefe und Tagebuchblätter

aus Frankreich, Irland und Italien

 

1843

 

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mit großem Stabe, in verbrämtem Schleifrocke der Sakristan, um die Symmetrie wieder herzustellen Dieser schien mir wirklich den Himmel zu verdienen. Den Frauen schließt sich ein langer Zug Männer an, jeder in einem langen, weiten, rothen Rocke eingewickelt, aber die Schattirung des Rothes, bald purpur, bald bräunlich, bald lilaroth, machte, daß es mir von meiner Höhe herab vorkam, als seien diese sprühende Flammen, die, als Cortege, den Dämonchen nachhüpften.

 

 

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Turin.   

 

Ich habe heute das bessere erwählt, nämlich statt in den Straßen umher zu irren, lehne ich im Fenster und schließe und öffne nach Gefallen die Augen. Zwischen den Arkaden und über dem schönen Platze hin ist ein buntes Gewimmel. Abermals hat meine Prozession von gestern sich auf die Beine gemacht. Dort zieht mit Trommel und Pauken die Militärmusik vorbei, sechsspännige Hofwagen und Fiaker, ein Zug Priester und so fort und so weiter. Madame P. war so gütig mir vorzuschlagen, die Gemälde im Palaste zu sehen, und kaum war's ausgesprochen das liebe Wort, da war ich auch flink und fertig.

Ueber die Meisterwerke Albano's, die vier Elemente, ausgeführt von Genien, ließe sich wohl mehr als eine poetische Epistel schreiben, wie über den Tanz der Genien. Meint man doch, Albano müsse in einer Feenwelt gehaust haben,  als  er  diese idealischen und doch so herzigen Kin-

 

dergestalten gemalt! Jede Wendung ihrer zarten, geschmeidigen Glieder drückt etwas Besonderes aus, ist ächt poetisch und deshalb ächt natürlich. – Alban gehörte der Bologner Schule an und war ein Schüler Carraci's. Ein verdecktes Bild reizte mich so sehr, daß ich unsern Cicerone nicht abwartete, und indem ich den Vorhang zurückschlug, erblickte ich Raphael's Madonna della Tenta. Es ist dieß das geistvollste Marienantlitz, was ich je gesehen. Das Colorit ist ganz Leben; ihr rechter Arm ist um das Jesuskind, auf ihrem Schoos sitzend, geschlungen, das aber seine schwarzen, sinnigen Augen zum Himmel wendet, während ihr zur Seite Johannes steht mit seinem bräunichen lieben Gesichtchen gegen die heilige Mutter gekehrt, die einen forschenden Blick auf ihn heftet. – Der blinde Homer, von Murillo, dictirt seine Gesänge einem Schreiber, aber warum in aller Welt hat man dem Homer eine Violine in den Arm gegeben? – Ein großes Schlachtstück von Wouverman ist reich an Effekt, und die Natur des edlen Pferdes ist hier meisterlich aufgefaßt. – Die vielen Teniers, Holbeins, Poters und Van Dyks konnte ich nur flüchtig begrüßen. Im letzten Saale der Gallerie sind mehrere Copien Raphaelischer Gemälde, unter Anderem eine Copie der florentinischen Venus von Tizian, von dem berühmten Constantin aus Genf. Sein Talent ist, die höchsten Originale ganz nahe erreicht zu haben, während seine Compositionen nur mittelmäßige Produkte sind.

 

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Albani, vier Elemente: Erde

 

Albani, vier Elemente: Feuer

 

Albani, vier Elemente: Luft

 

Albani, vier Elemente: Wasser

 

 

Raphael, Madonna della Tenda