BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Mühlenlied

um 1470

 

Der Text

 

Bei dem niederdeutschen Mühlenlied, das um das Jahr 1470 entstanden ist, handelt es sich um ein allegorisches Lied von der Menschwerdung Christi. Der Verfasser ist unbekannt, mehrere niederdeutsche Fassungen sind überliefert. Das Lied, das auch in mehreren hochdeutschen sowie in einer niederländischen Fassung verbreitet wurde, beginnt mit der Absicht eines sprechenden Ichs aus den vier Hölzern des Kreuzes Christi: Zeder, Zypresse, Palme und Olivenbaum eine Mühle zu bauen. Moses und der Heilige Geist beschaffen die Mühlsteine. Hieronymus, Gregorius, Ambrosius und Augustinus sind die Mahlknechte und das Mühlrad wird von den Wassern der vier Paradiesströme angetrieben. Für das eigentliche Mahlen sind die vier Evangelisten zuständig, für die Wartung Papst, Kaiser und Priester. Am Schluß bittet der Sprecher um sein Seelenheil. Ikonographisch wird das Mühlenmotiv, das sich seit dem 12. Jahrhundert nachweisen läßt, auf die Geburt Christi, aber auch auf die Eucharistie (vgl. Johannes 6, 51) bezogen. Es knüpft wohl an eine Stelle bei Lukas 17, 35 an, wo von zwei mahlenden Frauen die Rede ist, die eine wird in den Himmel aufgenommen, die andere abgewiesen. Die erhaltenen Fassungen bestehen aus 22 bis 26 Strophen mit jeweils fünf Versen.

 

Mühlenlied

 

 

Sekundäres

 

Die Bibelstellen

Das Revaler Mühlenlied

Eva Kiepe-Willms, Zum geistlichen Mühlenlied

H. Jellinghaus, Das Mühlenlied (Jahrbuch des Vereins für Niederdeutsche Sprachforschung 1878)

Christian Kiening, Geistliches Mühlenlied (Killy, Literaturlexikon)

Der Bilderreichtum der Sakramentsmühlen

Susanne Kittelberger, Die Darstellung der Hostienmühle in der Deufringer St.Veit-Kirche

Quellen, Kolophon