Stefan Zweig
1881 - 1942
Silberne Saiten
1901
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[79-80] |
Erfüllung.
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Uns will der lange Sommertag nicht enden,Wir schreiten immer tiefer in den Park hinein,Und frohen Herzens, mit verschlungnen HändenBegrüßen wir den Tagestod und sendenDie haßerfüllten Blicke in den Abendschein.
Wir hassen seine grellen Sonnenstrahlen,Wir lieben nur die liebesdunkle Nacht,Da rauscht der Springbrunn in den PorphyrschalenUnd raunt ein Lied von unsern Sehnsuchtsqualen,Und wie die späte Liebe dann erwacht.
Und ringsum in den abendwinddurchwehtenTannwipfeln rauscht der duftgeschwellte Klang,Und zittert wieder aus den mondlichtübersätenIn warmen Duft gebetteten GeranienbeetenUnd weckt in uns den wundersamen Drang . . .
Auf allen Wegen träumt das große Schweigen,Das Mondlicht sickert silbern durch's Geäst,Die Sehnsucht spielt auf zaubersüßen Geigen . . .Da, unter schattenschweren, dunklen ZweigenErblüht nun unsrer Jugend heil'ges Fest.
Und sorgsam webt der Abend dichte Schleier . . .Im fernen Äther ist ein Sternenreich erblüht,Und glitzernd ruht sein Bild im friedesstillen Weiher.Der Park ist aufgeblüht . . . Zu unsrer LiebesfeierSingt er der Klänge und der Düfte schönstes Lied. |