Tom Seidmann-Freud
1892 - 1930
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Die Autorin
Martha Gertrud (Tom) Seidmann-Freud wird am 17. November 1892 in Wien geboren. Die Mutter Maria (Mitzi) Freud, war die Schwester Sigmund Freuds und mit ihrem Cousin 2. Grades Maurice Freud verheiratet, einem in Bukarest tätigen Kaufmann. Dies war der Grund, warum auch Martha die rumänische Staatsbürgerschaft erhielt. Sie hatte noch zwei ältere Schwestern, Margarethe und Lilly; von den beiden jüngeren Zwillingsbrüdern starb der eine bei der Geburt, der andere, Theodor, ertrank 1923 beim Baden. Ihm ist Toms Kinderbuch «Die Fischreise» gewidmet. 1898 zieht die Familie von Wien nach Berlin, wo der Vater ein Export-Importgeschäft eröffnet. 1907, mit fünfzehn Jahren legt sich Martha den männlichen Vornamen Tom zu. Nach Abschluß der Schule geht sie 1910 für ein halbes Jahr nach London, wo sie eine Kunstschule besucht. Nach Berlin zurückgekehrt macht sie die Aufnahmeprüfung an der Unterrichtsanstalt des Königlichen Kunstgewerbemuseums, wo sie - im Zeichen des Jugendstils - eine breite künstlerische Ausbildung erhält. 1914 erscheint ihre erste Veröffentlichung, «Das Baby-Liederbuch», mit Bildern und Versen. Gleichzeitig veranstaltet sie mit ihrer Schwester, der Schauspielerin Lilly Freud, Märchen-Nachmittage für Kinder. Nachdem 1918 ihr «Neues Bilderbuch» von einem Münchener Verlag veröffentlicht wurde, zieht sie im Dezember 1918 nach München. Dort verkehrt sie in einem Kreis von jungen Künstlern und Intellektuellen, dem auch Gershom Scholem angehört. Auf Grund eines Erlasses der neuen, rechtsgerichteten bayerischen Regierung wird sie 1920 als rumänische Staatsangehörige aus Bayern ausgewiesen. Sie kehrt nach Berlin zurück, wo kurze Zeit später ihr Vater stirbt. Im Herbst 1920 lernt sie den Schriftsteller Jankew Seidmann kennen, das Paar heiratet ein Jahr später und 1922 wird ihre Tochter Angela geboren. In diesen Jahren wendet sich Tom vom Jugendstil ab und ihre Illustrationen zeigen nun einen sehr reduzierten, fast geometrischen Duktus, der der Neuen Sachlichkeit nahesteht. 1923 gründen Jankew und Tom den Verlag «Peregrin», in dem neben religiöser jüdischer Literatur Toms erfolgreiche Bücher «Die Fischreise» und «Das Buch der Hasengeschichten» erscheinen. Daneben beschäftigt sie sich auch mit der Psychoanalyse ihres Onkels und vor allem mit den Arbeiten des Kinderpsychologen Wilhelm Stern, der den Freudianern kritisch gegenübersteht. Dies findet seinen Niederschlag etwa in ihrem «Buch der erfüllten Wünsche». In diesen Jahren entwickelt sie in Zusammenarbeit mit dem Kinderbuchverleger Herbert Stuffer das erfolgreiche Konzept der Schreib- und Spielfibel, in der Lesebuch und Schreibheft vereint sind. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise kommt der Peregrin-Verlag mehr und mehr in Schwierigkeiten und muß 1929 Bankrott anmelden. Jankew nimmt sich das Leben und Tom fällt in eine schwere Depression, von der sie sich nicht mehr erholt. Sie stirbt am 7. Februar 1930 an einer Überdosis Schlaftabletten.
Der Gedanke, die Fibel spielhaft aufzulockern, ist alt und der neueste und radikalste Versuch, die nachgelassene Fibel der Seidmann-Freud, steht nicht außerhalb pädagogischer Überlieferung. Wenn dennoch etwas dies Elementarbuch aus der Reihe aller bisherigen hebt, so ist es die seltene Vereinigung gründlichsten Geistes mit der leichtesten Hand. Sie hat die geradezu dialektische Auswertung kindlicher Neigungen im Dienste der Schrift ermöglicht. Grundlage war der ausgezeichnete Einfall, Fibel und Schreibheft zusammenzulegen. Selbstvertrauen und Sicherheit werden in dem Kinde erwachen, das seine Schrift- und Zeichenproben zwischen diesen beiden Buchdeckeln anstellt. (Walter Benjamin, Frankfurter Zeitung, 13. Dezember 1930)
Tom um 1908
Das Werk
Das Wölkchen (unveröffentlicht, 1910) Die Gärten des Leides (1911) Das Baby-Liederbuch. Bilder und Verse von Tom Freud (1914) >>> Das neue Bilderbuch. Von Tom Freud. Text von Stora Max (1918) >>> David the Dreamer. His Book of Dreams. By Ralph Bergengren. Illustrated by Tom Freud (1922) >>> Das Buch der Dinge. Ein Bilderbuch für ganz kleine Kinder (1922) >>> Die Fischreise. Ein Bilderbuch (1923) >>> Buch der Hasengeschichten. Ein Bilderbuch (1924) Das Wunderhaus. Ein Bilderbuch zum Drehen, Bewegen und Verwandeln (1927) Das Zauberboot. Ein Bilderbuch zum Drehen, Bewegen und Verwandeln (1929) Buch der erfüllten Wünsche. Ein Bilderbuch (1929) >>> Der süße Tod (Typoskript 1929) Hurra, wir lesen! Hurra, wir schreiben! Eine Spielfibel [Spielfibel Nr. 1] (1930) >>> Spiel-Fibel Nr. 2 (1931) Hurra, wir rechnen! Spielfibel No. 3 (1931) >>> Hurra, wir rechnen weiter! Spielfibel No. 4 (1932) >>>
Sekundäres
Tom Seidmann-Freud (The Harari Family) Barbara Murken «... die Welt ist so uneben ...» Tom Seidmann-Freud (1892-1930) Tom Seidmann-Freud (dokumenta 14) Tom Seidmann-Freud (Wikipedia) |